Tierhotel:Goldener Käfig

Tierhotel: Wenn das Pferd verladen wird, soll es sich wohlfühlen. Dafür können die Besitzer allerlei Annehmlichkeiten hinzubuchen.

Wenn das Pferd verladen wird, soll es sich wohlfühlen. Dafür können die Besitzer allerlei Annehmlichkeiten hinzubuchen.

(Foto: AP)

Auf Flügen werden Tiere oft wie Güter behandelt. In New York eröffnet deshalb ein Luxus-Flughafenhotel für Tiere. Mit Haarpflege, gutem Essen und Opernmusik fürs Pferd.

Von Johanna Bruckner

Durch die Halle mit den 23 Pferdeboxen weht eine sanfte Brise. Der rote Boden ist poliert, die schwarzen Stahlgatter glänzen. Es riecht nach nichts Besonderem, was bei jedem anderen Stall ein Kompliment wäre, doch diese Anlage hat den Anspruch, das Extravagante zu bieten. Insofern verbietet sich jede Durchschnittlichkeitsvokabel. "ARK at JFK" ist ein Luxus-Flughafenhotel für Pferde und andere Tiere, und wenn man seinem Besitzer John Cuticelli glaubt, das erste seiner Art.

Cuticelli ist ein kleiner, drahtiger Mann mit kurz getrimmten grauen Haaren und einer runden Brille. Für ihn ist Entspannung ein Geschäft. Wenn er über die fünf Ventilatoren spricht, die sich in hypnotischer Langsamkeit an der Decke drehen, tut er das mit der Leidenschaft eines Shoppingkanalverkäufers. Cuticelli ist auch dafür verantwortlich, dass die Halle mit italienischer Oper beschallt wird. Besonders gerne lässt er Pavarotti auflegen. Reagieren die Pferde denn darauf? Cuticelli sagt: "Ich denke, die Pferde mögen es, weil ich es mag."

Der Mann ist Immobilieninvestor und Hundebesitzer, von Pferden hat er keine Ahnung. "Dafür habe ich meine Leute", sagt Cuticelli. 65 Millionen Dollar kostet sein rund um die Uhr geöffnetes "Tier-Terminal mit Quarantäne-Station" direkt am John F. Kennedy Flughafen in New York. Wenn alles fertig ist - voraussichtlich im Sommer 2017 - soll es hier sogar eine eigene Tierklinik geben.

Bislang werden Tiere im internationalen Luftverkehr wie Güter behandelt. Sie müssen im Frachtraum des Flugzeugs reisen und bekommen meist nichts zu fressen. Die Umstände vor dem Abflug und nach der Landung sind kaum besser, wenn man Cuticelli glaubt. Die Tiere landeten häufig in Lagerhallen, oft sei es zu kalt oder viel zu heiß. Hier setzt Cuticellis Businessidee an: Wenn er über die tierischen Reisetorturen spricht, kann man sich vorstellen, dass Tierbesitzer gerne bereit sind, Geld dafür auszugeben, dass die eigenen Lieblinge komfortabler reisen.

Die "Pet Oasis", quasi der Haustierflügel des ARK, wird über ein eigenes Spa verfügen. Weil der Wellness-Bereich noch nicht fertig ist, führt Cuticellis Team eine andere Behandlung vor: Collie Aiden sitzt auf einem höhenverstellbaren Tisch und wird von Tierärztin Dr. Neuendorf mit einem Stethoskop abgehört. Eine solche Betreuung ist selbstverständlich nicht billig. Eine Nacht in der Haustier-Oase kostet 125 US-Dollar. Für den Transport vom Flugzeug ins Hotel (oder umgekehrt) berechnet das ARK 75 Dollar. Für die Fellpflege werden zwischen 50 und 75 Dollar fällig. Wer möchte, kann auch das Premium-Paket dazu buchen. Der Tierbesitzer bekommt dann regelmäßig Fotos und Textnachrichten, die das Wohlbefinden von Hund, Katze oder Kaninchen dokumentieren. In fernerer Zukunft sollen die tierischen Gäste sogar via Plasmabildschirm mit ihren Besitzern videochatten. Am Ende geht es dabei natürlich immer um das gute Gefühl der Menschen.

Vor einigen Tagen sei "Valegro" am JFK gelandet, erzählt Kristen McGowan, die so etwas wie die Direktorin des Pferde-Luxushotels ist. "Gott sei Dank hatten wir damit nichts zu tun, ich wollte nicht für ihn verantwortlich sein." Der Hengst ist eines der erfolgreichsten Dressurpferde der Welt, gewann zuletzt bei den Olympischen Spielen in Rio eine Goldmedaille. Valegro sei praktisch unbezahlbar, erzählt McGowan.

Ihr Chef Cuticelli teilt seine Kunden in drei Kategorien ein: Besitzer von Wettkampfpferden, Besitzer von Zuchtpferden und Neu-Pferdebesitzer, die irgendwo auf der Welt ein Pferd gekauft haben und es nun in den eigenen Stall bringen wollen. Die meisten Kunden kämen aus Saudi-Arabien, Israel, den Niederlanden und Korea.

In Cuticellis "Equine & Livestock Export Center" sollen die Tiere vor einem Flug oder zwischen zwei Flügen entspannen. können Dazu gehört für ihn neben beruhigender Musik auch gutes Essen. In den 13 Quadratmeter großen Boxen liegt "Timothy Hay" aus - der Hummer unter den Heu-Sorten, wenn man Cuticelli glauben mag. Drei Bündel Heu und zwei Eimer Wasser sind im Tagespreis von 350 Dollar pro Pferd inbegriffen. Besitzer können aber auch spezielles Heu, zusätzlich Hafer oder Futterergänzungsmittel bestellen.

In der Quarantänestation, die noch nicht eröffnet ist, wird es weitere Serviceangebote geben. Hier verbringen Pferde, die in die USA eingeführt werden, drei Tage, so verlangt es der Gesetzgeber. Das ARK will eine Live-Schalte in den Quarantänestall anbieten. Besorgte Pferdebesitzer können sich dann über das Internet von überall auf der Welt einloggen und ihre Geldanlage beobachten.

Cuticelli hofft, jährlich zwischen 5000 und 8000 Pferde im ARK zu beherbergen. Am Tag der Besichtigung erwartet er sieben Pferde aus Maryland, die hier vor ihrem Flug nach Amsterdam relaxen sollen. Vorerst steht aber nur ein einziges Pferd im Stall. Messina gehört einem Angestellten und dient als Trainingspferd für alle neuen Mitarbeiter. Und sie soll möglichen Kunden beweisen, dass Cuticellis Entspannungskonzept mit Pavarotti wirklich aufgeht.

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