Textilbranche:Wie Modefirmen auf den Brand von Bangladesch reagieren

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Der Fabrikbrand in Bangladesch mit 120 Toten hat die Modebranche verändert. Westliche Firmen führen Ethik-Richtlinien ein und erhöhen den Druck auf asiatische Lieferanten.

Von Stefan Weber

Die Bilder gingen Ende vergangenen Jahres um die Welt: Vom Familienvater Rezaul und seinen beiden Kindern, die beim Brand einer Textilfabrik in Bangladesch ihre Mutter verloren. Von der Näherin Nazrin, die erzählte, die Vorarbeiter hätten trotz Alarmmeldung und Rauchbildung gemeint, es gebe keinen Grund, die Arbeit zu unterbrechen. Mehr als 120 Menschen verloren bei diesem Unglück ihr Leben. Und schnell war klar, dass die Katastrophe zu verhindern gewesen wäre - etwa durch bessere Brandschutz-Vorkehrungen.

Spätestens seit diesem erneuten Unglück in einer Textilfabrik in Bangladesch interessieren sich viele Modeanbieter genauer für die Zustände, unter denen ihre Teile in China, Bangladesch, Vietnam oder Indonesien oft unter strengem Preisdiktat gefertigt werden. An Zertifizierungssystemen herrscht schon heute kein Mangel. Kaum ein Händler oder Hersteller, der sich nicht auf einen "Code of Conduct" oder auf Compliance-Richtlinien festgelegt hat. Aber angesichts der undurchsichtigen Strukturen in der asiatischen Textilproduktion, in der Aufträge häufig an Subunternehmer mit deutlich niedrigeren Standards weitergereicht werden, warnen Fachleute wie TÜV Rheinland-Chef Manfred Bayerlein: "Kriminalität lässt sich nicht durch Zertifizierung beseitigen."

Obendrein sorgt die Fülle von Richtlinien mehr für Verwirrung als Transparenz. "Es gibt keinen weltweit gültigen Standard, bei dem die Auftraggeber sicher sein können, dass alles in Ordnung ist", betont Gerd Oliver Seidensticker, Präsident des Modeverbandes German Fashion. Um deutschen Bekleidungsunternehmen ein wenig mehr Sicherheit bei der Auswahl ihrer Lieferpartner vor allem in Asien zu geben, hat der Verband jetzt eine Partnerschaft mit der Datenbank von Tradegood abgeschlossen, einer Tochtergesellschaft des britischen Qualitäts- und Sicherheitsdienstleisters Intertek. Tradegood hat Daten von mehr als 20 000 Lieferanten weltweit gesammelt. Deren Angaben, insbesondere zu Arbeits- und Sozialbedingungen, würden regelmäßig von der Firma überprüft. "Wir besuchen jeden Tag etwa 800 Fabriken", erläutert Tradegood-Manager Dimitry van Toorn.

Erst vergangene Woche starben sieben Menschen bei einem Brand in einer Textilfabrik in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka. Die Unternehmen produzieren für westliche Modekonzerne. Sie sparen oft an der Sicherheit. (Foto: dpa)

In der vergangenen Woche hatten zwei internationale Großkunden Druck auf ihre Lieferanten in Bangladesch gemacht. Der spanische Modekonzern Inditex, zu dem unter anderem die Marke Zara gehört, hatte die Zusammenarbeit mit zwei Textilherstellern gekündigt. Sie standen in Verdacht, Teile eines Auftrags an nicht autorisierte Betriebe weitergegeben zu haben. Und auch der weltgrößte Handelskonzern, die US-Gruppe Wal-Mart, drohte, Lieferbeziehungen zu kündigen, sollten Aufträge an Subunternehmer abgegeben werden.

Viele deutsche Modefirmen sind auf der Suche nach neuen Lieferanten, denn in ihrem bevorzugten Produktionsland China werden die Kapazitäten knapp. "Die Textilhersteller dort produzieren lieber für den stark wachsenden Inlandsmarkt als für Ausländer, die möglicherweise auch noch besondere Auflagen machen", erläutert Seidensticker. China hat im vergangenen Jahr als Textillieferant für Deutschland stark an Bedeutung verloren. Exportiert wurden Waren im Wert von 7,5 Milliarden Euro, ein Minus von knapp zehn Prozent gegenüber 2011. Damit bleibt China zwar wichtigster Lieferant von Mode nach Deutschland. Aber andere Länder, vor allem Bangladesch, Vietnam und Kambodscha holen auf.

© SZ vom 04.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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