Teure Naturkatastrophen:US-Versicherungen leiden unter Brandsaison

Dürre ist "ein krass unterschätztes Risiko". 85 Prozent der weltweit versicherten Schäden entstanden dieses Jahr in den USA. Tornados und Buschfeuer werden immer alltäglicher - und bringen Versicherungen in Not.

Michael Kuntz

Arnold Schwarzenegger verlor schlagartig sein Interesse an den Elektro-Minis. Er verließ den BMW-Stand auf der Automesse in Los Angeles und eilte nach Hause. Der Grund für den plötzlichen Aufbruch des kalifornischen Gouverneurs: Ein Anruf seiner Frau. Eine Feuerwalze hatte bereits die Nachbarschaft ihrer Villa in den Hügeln am Stadtrand erreicht.

Naturkatastrophen

Die Episode ereignete sich vor ein paar Jahren. Schwarzenegger ist nicht mehr Gouverneur, doch die latente Bedrohung vieler Amerikaner durch Naturgewalten bleibt bestehen.

Die Größe der wegen Dürre abgebrannten Flächen hat sich in Nordamerika während der vergangenen zehn Jahre verdoppelt. Jetzt geht es wieder los, die Brandsaison hat begonnen. "Dürre ist in meinen Augen ein krass unterschätztes Risiko", sagt Munich-Re-Manager Nikolaus von Bomhard. Der Vorstandsvorsitzende des führenden Rückversicherers weiß: "An der Dürre sterben oft viel mehr Menschen als an den anderen Naturkatastrophen."

Von einer Dürre sprechen die Fachleute, wenn Niederschläge über einen längeren Zeitraum ausbleiben - mindestens mehrere Monate, mitunter jahrelang. Gerade in Gegenden ohne große Flüsse wird Wasserknappheit ein Dauerthema mit gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen.

Katastrophen-Versicherungen nur in reichen Ländern

Unterstützung gibt es dort oft, wenn überhaupt, nur vom Staat und Hilfsorganisationen. In Dürregebieten wie der Sahelzone oder Äthiopien herrscht solche Not, dass an eine Versicherung von Ernteausfällen auf privatwirtschaftlicher Basis nicht zu denken ist. Die existiert nur in wenigen Ländern, vergleichsweise wohlhabenden. Vor allem gibt es sie in den USA.

In Nordamerika zählt Dürre allerdings dann auch gleich zu den Großrisiken, bei denen die Assekuranz mit ihrem Kapital an ihre Grenzen stößt. Der Landwirt kann seinen Standort nicht ohne weiteres verlagern und für den Staat ist eine funktionierende Agrarproduktion wichtig.

Nicht ohne Grund ist in den USA die Versicherung gegen diese Naturrisiken daher als Private Public Partnership organisiert. Versicherungen und der Staat wirken zusammen: Die öffentliche Hand trägt die Schäden zum Teil. Bereits die Versicherungsbeiträge werden subventioniert, damit die Prämien für den einzelnen Landwirt oder Hauseigentümer erschwinglich bleiben.

Jedes Jahr Schäden in Milliardenhöhe

Wie ernst die Lage in den USA ist, zeigt die neueste Statistik der Münchener Rückversicherung über die Naturkatastrophen weltweit in der ersten Hälfte dieses Jahres. Dort entstanden durch Serien von Tornados und Buschfeuer 85 Prozent der gesamten weltweit versicherten Schäden. Sie betrugen zwölf Milliarden Dollar und lagen damit deutlich unter dem Durchschnittswert der vergangenen zehn Jahre von 19,2 Milliarden Dollar.

Weiter Hunderte Waldbrände in Kalifornien

Lang anhaltende Dürre verursacht oft Waldbrände. In den USA richten Feuer regelmäßig große Zerstörung an, so wie hier 2008 in Kalifornien.

(Foto: dpa)

Sämtliche fünf für die Versicherungswirtschaft teuersten Ereignisse spielten sich 2012 in den USA ab. So könnte es weitergehen: "Die gegenwärtige Dürre in der Kornkammer der USA ist eine Situation, deren weiterer Verlauf noch nicht absehbar ist", sagt Geophysiker Ernst Rauch vom Klimazentrum der Munich Re.

Wenn also nicht gerade ein Tsunami oder große Erdbeben anderswo für spektakuläre Schäden sorgen, dann besteht der Normalfall für die Versicherungswirtschaft mittlerweile in der Abdeckung der regelmäßig in den USA auftretenden Schäden durch die immer zahlreicher auftretenden Tornados. Diese Wirbelwinde mit oftmals gerade hundert Meter Durchmesser tauchen nach Gewittern auf, ziehen über Land und lassen wenig unzerstört.

Möglicher Zusammenhang mit dem Klimawandel

So eine Unwetterfront überquerte Anfang März mehrere Bundesstaaten. Dabei wurden allein in und um Ohio und den Tennessee River 170 Tornados gezählt. Einige kleinere Ortschaften wurden zerstört, mehr als 40 Menschen kamen ums Leben, 180 000 Häuser wurden beschädigt. Allein dieser Schaden machte vier Milliarden Dollar aus, davon waren 2,3 Milliarden Dollar versichert.

Bis April tobten die Tornados fast so wie im Rekordjahr 2008. Nun hat die Saison der Buschfeuer begonnen. Bereits der Mai war auf der Nordhalbkugel der Erde der wärmste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor rund 150 Jahren.

Die Ursache der während einer Dürre zunehmenden Zahl von Waldbränden habe natürlich stark mit dem Wetter zu tun. "Es ist nicht unwahrscheinlich, dass häufige Wetterlagen mit hohen Temperaturen und geringen Niederschlägen etwas mit dem Klimawandel zu tun haben." Die Statistik sei ein Indiz, mehr aber nicht, sagt Ernst Rauch: "Einen Beleg im Sinne eines wissenschaftlichen Beweises gibt es dafür nicht. Nach dem wird noch geforscht."

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