Tesla:Die große gefährliche Tesla-Show

Tesla überschätzt gnadenlos, was seine Autos wirklich können - und bringt damit Kunden in Gefahr. Die Vorsicht der deutschen Hersteller könnte sich da auszahlen.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Wenn man liest, was Elon Musk, der Gründer von Tesla, alles so von sich gibt, kann man gelegentlich den Eindruck gewinnen, als sei das Automobil nicht Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland erfunden worden, von einem gewissen Gottlieb Daimler - sondern in Kalifornien. Der Selbstvermarkter Musk versteht sich, ähnlich wie Apple, perfekt in jener Kunst, die entscheidend dazu beigetragen hat, das Silicon Valley groß zu machen (und es mächtiger erscheinen zu lassen, als es in Wahrheit ist): Er verkündet mit großem Bohei und markigen Sprüchen, was sein Unternehmen alles Tolles vollbracht habe oder noch viel Tolleres vollbringen werde.

Musk hat damit eine weltweit bekannte Marke geschaffen und das Elektro-Auto populärer gemacht - aber er hat auch eine große Illusion kreiert. Denn in Wahrheit ist Tesla, verglichen mit all den anderen Autoherstellern aus Deutschland, Japan, Südkorea und auch den USA, immer noch ein Anfänger; seine Produkte sind chic und trendy, aber technisch noch längst nicht ausgereift, wie der Unfall in Florida zeigt: Erstmals starb dort ein Mensch in einem Auto, das autonom fahren soll, es in Wahrheit aber noch nicht kann. Tesla merkte dazu später an, der Fahrer habe eine Beta-Version genutzt, die nicht ausgereift sei. Eine zynische Bemerkung - sie entspricht aber dem Geist des Silicon Valley, wo die Firmen ihre Software halbfertig entwickeln, ehe die Kunden sie testen sollen. Für ein Produkt, bei dem es auf Leben und Tod ankommt, ist das keine akzeptable Strategie.

Als Verkäufer war Firmengründer Elon Musk lange Zeit blendend

Auch wenn Musk einen anderen Eindruck erweckt: Tesla ist und bleibt bis auf Weiteres ein Spezialhersteller, ein Nischenanbieter, der nicht mal halb so groß ist wie Porsche. Das Unternehmen aus dem Silicon Valley produziert derzeit gerade mal 100 000 Autos pro Jahr; die drei größten deutschen Hersteller VW, Daimler und BMW fertigten dagegen im vorigen Jahr insgesamt 15 Millionen Fahrzeuge; was bei Tesla in zwölf Monaten vom Band rollt, das schaffen sie innerhalb von zweieinhalb Tagen.

Erst vor ein paar Tagen musste Tesla einräumen, dass man leider Probleme damit habe, die Produktion hochzufahren - die Aktie des Unternehmens brach daraufhin ein, und Analysten bezweifelten, dass Musk seine hochgesteckten Ziele in den nächsten Jahren erreichen werde.

Das Problem von Tesla ist: Das Unternehmen überschätzt sich und seine Fähigkeiten; und die Kunden überschätzen deshalb, was die Autos tatsächlich leisten können. Der Fahrer, der in Florida starb, glaubte offenbar, er sitze in einem vollkommen autonom fahrenden Auto. Das aber gibt es noch nicht, jedenfalls nicht in Serienreife. Die deutschen Hersteller mögen ein wenig langsamer sein als Tesla, wenn es darum geht, das assistierte oder teilautomatisierte Fahren einzuführen, also all die Hilfsmittel, die dem Fahrer einzelne Tätigkeiten abnehmen. Aber diese Vorsicht könnte sich auszahlen. Denn die meisten Kunden werden am Ende auch auf ein Kriterium achten, das bei Autos ein ganz entscheidendes Verkaufsargument ist: die Sicherheit.

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