Telefonieren via Internet:Eine Nummer, weltweit Anschluss

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Mit der Festnetznummer auf dem Handy erreichbar sein - Telefonieren über die Cloud macht das möglich. (Foto: Chris Ratcliffe/Bloomberg)

Die Telekom tut sich mit Nfon für Telefondienste aus der Cloud zusammen.

Von Helmut Martin-Jung, München

Von den mit Tierhaut bespannten Fernsprechapparaten des Pioniers Philipp Reis bis zu den Telefonanlagen von heute war es ein weiter Weg. Doch auch diese werden bald Geschichte sein: Überall auf der Welt sind die Telekommunikationsanbieter dabei, ihre Netze umzustellen. Gespräche, so klar und deutlich sie sich für den Nutzer meistens auch anhören, sind dann auch nichts anderes als Daten, die durch die Netze rauschen, und zwar auf denselben Internetleitungen, über die man auch Youtube-Videos auf den Bildschirm holt oder seine E-Mails abruft. Weil das so ist, werden eigentlich auch die alten Telefonanlagen überflüssig. Was diese leisten, kann ein Service aus einem Rechenzentrum, der sogenannten Cloud, genauso gut, und dazu noch eine Menge mehr.

Das ist auch Deutschlands führendem Netzanbieter, der Telekom, klar. Alleine hätte man in angemessener Zeit kaum ein solches Projekt stemmen können, deshalb tat sich der Konzern mit Europas Marktführer für Telefondienste aus der Cloud zusammen, der stark wachsenden Münchner Firma Nfon. "Bei der Digitalisierung ist es so: Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen", sagt Dirk Backofen, der bei der Telekom für Produktentwicklung verantwortlich ist.

Doch die Telekom wollte sich den Markt der Massenkunden nicht wegschnappen lassen. Immerhin 2,2 bis 2,3 Millionen kleine und mittlere Betriebe kämen als Kunden für Cloud-Telefonie-Dienste in Frage. Das ist auch der Reiz an der Sache für Nfon. "Wie sonst könnten wir so viele Kunden auf einmal ansprechen und bedienen?", fragt Jürgen Städing von Nfon. Die Partnerschaft, sagt auch Vorstandschef Gerald Kromer, eröffne einen breiten Zugang zum Massenmarkt. Für die Telekom ist die Kooperation auch aus anderen Gründen vorteilhaft, denn somit kann sie die Umstellung ihrer Kundschaft auf rein datenbasierte Netze, Stichwort All-IP, beschleunigen. So früh wie möglich will der Konzern die alten, nur fürs Telefonieren genutzten Netze abschalten.

Bisher gab es bei der Umstellung aber öfter Probleme, Kunden beschwerten sich darüber, dass bestimmte Dinge wie etwa Faxgeräte nicht mehr funktionierten. "Wir wussten ja nicht, was die Kunden hinten noch alles dranhängen hatten", sagt Backofen von der Telekom. Wenn aber die kaum zu überblickende Vielfalt von Endgeräten wegfällt und durch Cloud-Dienste und einige zertifizierte Gerätschaften ersetzt wird, ist die Telekom diese Sorge los.

Was aber hat der Kunde davon? Er gewinnt vor allem an Flexibilität, denn weil das Telefonieren übers Internet läuft, ist jeder Mitarbeiter - falls gewünscht - über eine einzige Nummer erreichbar. Egal, ob er gerade im Büro sitzt, von zu Hause aus arbeitet oder mit seinem Handy unterwegs ist. Bis zu drei Endgeräte können so zum monatlichen Preis ab 5,95 Euro netto mit einer Nummer genutzt werden. Die Kosten für Anschaffung und Wartung einer Telefonanlage fallen weg, zum Telefonieren reicht ein Headset und der PC.

Der Dienst ist monatlich kündbar, so lassen sich etwa kurzfristig zusammengestellte Projektgruppen oder Start-ups schnell mit Telefonen versorgen. Für den Nutzer soll die Bestellung sehr einfach sein, verspricht Dirk Backofen. Alles läuft über das Kundenportal der Telekom. Dort wählt man aus, welche Optionen man braucht, die Endgeräte kommen dann bereits fertig programmiert ins Haus.

Die Rechenzentren werden von der Nürnberger Noris Network für Nfon nach den strengen Auflagen der Telekom betrieben. Die Gespräche sind Ende-zu-Ende verschlüsselt. Adressbücher werden nicht bei Nfon gespeichert, die Verbindungsdaten allerdings schon.

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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