Telefonieren in Deutschland:Billiges Festnetz, teurer Mobilfunk

Nirgendwo auf der Welt kann man gegenwärtig billiger im Festnetz telefonieren als in Deutschland - dafür sind die Mobilfunkgebühren mit Abstand am teuersten.

Von Gerhard Hennemann

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums, die Staatssekretär Bernd Pfaffenbach in Bonn vorstellte.

Die vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erstellte Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass das im Vergleich mit anderen Ländern besonders einfach zu praktizierende Call-by-Call-Verfahren den Wettbewerb auf dem deutschen Telefonmarkt entscheidend intensiviert hat.

So wird inzwischen fast die Hälfte aller Telefonminuten im Festnetz von Konkurrenten der Telekom verkauft.

Die Studie macht aber auch deutlich, dass die ehemaligen Monopolisten in allen untersuchten Ländern nach wie vor dazu in der Lage sind, deutlich höhere Preise als ihre Wettbewerber durchzusetzen.

Dies gelte besonders für die Deutsche Telekom. So liege der durchschnittliche Preis der drei günstigsten Call-by-Call-Anbieter von nationalen Ferngesprächen knapp 90 Prozent unter dem Preis der Telekom, betonen die Mannheimer Wirtschaftswissenschaftler.

Unzufrieden zeigte sich Staatssekretär Pfaffenbach mit dem Vordringen der schnellen Breitbandanschlüsse in der Bundesrepublik, bei dem die Autoren der Studie insbesondere auf die zu geringe Nutzung der Fernsehkabelnetze hinweisen.

Obwohl Deutschland über eine wesentlich höhere Dichte bei TV-Kabelanschlüssen als andere Länder verfüge, dominiere die Telekom diesen Markt mit ihren DSL-Anschlüssen. Insbesondere die Zersplitterung des Kabelmarktes auf den Netzebenen 3 und 4 habe dazu geführt, dass in Deutschland ungleich weniger Bereitschaft als in anderen Ländern bestehe, in die TV-Kabelnetze zu investieren und sie für multimediale Anwendungen aufzurüsten.

80 Prozent benutzen ein Handy

Zusätzliche Dynamik im Breitbandgeschäft erhofft sich der Berliner Staatssekretär und ¸¸Sherpa" des Kanzlers allerdings von neuen Funk-Technologien, die von Wettbewerbern der Telekom in jüngster Zeit eingesetzt werden, um bisher nicht erschlossene Orte und Regionen möglichst rasch mit DSL zu versorgen.

Noch für keineswegs gesättigt halten ZEW und BMWA den deutschen Mobilfunkmarkt. Nur in den USA und in Frankreich liegt die Marktdurchdringung mit Handys niedriger als in Deutschland, wo derzeit gut 80 Prozent ein Handy benutzen.

Die Studie führt dieses internationale Nachhinken im Wesentlichen darauf zurück, dass die Mobilfunknutzung in Deutschland mit Abstand am teuersten ist. Dies gelte sowohl für die Gruppe der Vertragskunden als auch für die der Prepaid-Kunden.

Ein weitere Ursache für die im internationalen Vergleich noch relativ geringe Mobilfunk-Penetration sieht das ZEW darin, dass die besonders günstigen Festnetztarife in Deutschland weniger zur Substitution von Festnetz- durch Mobilfunkgespräche einladen als etwa in Italien, Großbritannien oder Frankreich.

Einen Hoffnungsschimmer für die künftige Nutzung des Mobilfunks zur Übertragung multimedialer Dienste wie Video-Telefonate sehen die Autoren der Studie allerdings darin, dass in Deutschland bereits jedes dritte Handy mit einer Kamera ausgestattet ist.

Auch das Versenden von Bildnachrichten (MMS) sei hier schon wesentlich stärker verbreitet ist als in anderen Mobilfunknetzen. Dies könne als ein positives Stimmungsbarometer für die Akzeptanz künftiger Mobilfunkdienste betrachtet werden.

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