Telefonieren im Ausland:Teures Fremdgehen

Handykunden zahlen hohe Gebühren im Ausland. Das will die EU jetzt mit einer Verordnung ändern. Die Anbieter sind entsetzt.

Björn Finke

Malteser, die in Litauen Urlaub machen, sollten für Anrufe in die Heimat lieber eine Telefonzelle suchen statt zum Handy zu greifen.

Satte 13,05 Euro zahlen Kunden eines maltesischen Mobilfunkbetreibers für ein Vier-Minuten-Gespräch von Litauen nach Malta. Das ist trauriger Europarekord.

Doch auch deutsche Handykunden lassen ihr Mobiltelefon im Ausland besser ausgeschaltet. Gesalzene 4,02 Euro sind etwa für ein Vier-Minuten-Telefonat von Spanien in die Heimat fällig. Die EU-Kommission hat diese Beispiele im Internet veröffentlicht - als Munition im Kampf um eine Verordnung, welche die Gebühren für so genanntes Roaming drastisch senken soll.

Glückliche Skandinavier

Roaming, zu deutsch: Wandern, bedeutet, dass Kunden Handygespräche im Netz eines anderen Anbieters führen können. Das ist vor allem im Ausland wichtig, denn die Firmen betreiben nicht in jedem Staat ein eigenes Netz.

Viviane Reding, für die Telekommunikation zuständige Kommissarin, hält die Zusatzentgelte beim Fremdgehen für zu hoch: "Es ist höchste Zeit, dass die Bürger in den Genuss der Vorteile des Binnenmarktes kommen, und zwar in Form niedrigerer Gebühren", sagte die Luxemburgerin am Dienstag in Brüssel. Dort stellte sie die Eckpunkte einer entsprechenden Verordnung vor.

Der Rechtsakt legt fest, dass Kunden bei Reisen ihren Heimattarif mitnehmen. Ein deutscher Handykunde in Spanien zahlt dann für Anrufe innerhalb Spaniens, etwa bei der Madrider Taxizentrale, denselben Betrag wie für ein Gespräch in Deutschland.

Und für Telefonate von Spanien in die Heimat werden nur die normalen Gebühren für Auslandsgespräche fällig, ohne teure Roaming-Zuschläge. Anrufe in der Fremde entgegenzunehmen, soll anders als heute nichts mehr kosten. Die Chancen stehen gut, dass Reding Mehrheiten im Europaparlament und unter den Mitgliedsstaaten im Ministerrat findet - zum Entsetzen der Mobilfunkfirmen.

Beim Roaming verlangt der ausländische Netzbetreiber für die ankommenden und abgehenden Gespräche eine Gebühr von der Firma, bei der der Kunde seinen Vertrag abgeschlossen hat.

Der Anbieter stellt die Ausgaben dem Nutzer in Rechnung - teilweise mit deftigen Aufschlägen. Der Kommission zufolge gehören die Gebühren für deutsche Kunden zu den höheren in Europa, recht günstig kommen Skandinavier davon.

Brüssel beklagt seit Jahren, die Zuschläge seien nicht angemessen. Im Herbst hatte die Kommissarin die Branche erneut aufgefordert, die Preise zu senken. Doch nur wenige Firmen hätten sich gebeugt, teilte die Behörde mit. Die Strafe - in Form der Verordnung - folgt nun auf dem Fuß.

Das Ergebnis des Rechtsakts wäre, dass die heimische Mobilfunkfirma für Telefonate im Ausland nicht mehr verlangen darf als im Inland. Das funktioniert nur, wenn das Unternehmen keine überhöhten Gebühren an die Netzbetreiber in der Fremde überweisen muss.

Daher will die EU vorgeben, dass sich diese Beträge an den tatsächlichen Kosten orientieren. Das ist bisher selten der Fall. Branchenexperten der Bank Credit Suisse schätzen, die Preise seien im Schnitt doppelt so hoch wie die Kosten. Vor allem für Mobilfunker in Südeuropas Ferienregionen sind Netzentgelte eine Gewinnquelle.

Der internationale Branchenverband GSM Association lehnt die Verordnung ab. "Eine stärkere Regulierung ist unnötig", sagte Vorstandsmitglied Rob Conway. Die Roaming-Gebühren seien allein 2005 in Europa um acht Prozent gefallen.

Neue Vorschriften verunsicherten die Anbieter und gefährdeten Investitionen. Unterstützung findet Reding bei den nationalen Aufsichtsbehörden wie der Bundesnetzagentur. Der Rechtsakt könnte im Sommer nächsten Jahres in Kraft treten. Gute Aussichten - nicht nur für Malteser in Litauen.

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