Teilprivatisierung der Bahn beschlossen:Das schönste Geschenk für Hartmut Mehdorn

Eine Woche vor seinem 65. Geburtstag hat das Bundeskabinett Bahnchef Mehdorn das schönste Geschenk gemacht: Es räumt den Weg für den Börsengang des Transportkonzerns frei.

Hartmut Mehdorn hat die Unterstellung immer zurückgewiesen, er wolle sich mit der Teilprivatisierung der Deutschen Bahn ein Denkmal setzen. Das jahrelange Hickhack um das heikle Thema ergab nun, dass das Bundeskabinett am Dienstag die entsprechenden Gesetze billigte - genau eine Woche vor seinem 65. Geburtstag. Es ist mit Sicherheit das schönste Geburtstagsgeschenk für den Vorstandsvorsitzenden der Bahn AG.

In Rente gehen kann und will der Manager dennoch nicht. Denn den ersten Reaktionen zufolge erscheint die Zustimmung des Bundesrats zu seinen Plänen sehr unsicher, und auch der Bundespräsident muss das Gesetz noch unterzeichnen. Zudem haben einige Verbände bereits vorsorglich mit dem Gang nach Karlsruhe gedroht.

Und selbst wenn all das klar geht, gibt es noch viel zu tun, um das Unternehmen tatsächlich in den "freien" Wettbewerb zu entlassen. Der Aufsichtsrat hat deshalb Mehdorns Mitte 2008 auslaufenden Vertrag vor einigen Wochen um drei Jahre verlängert, auch wenn das formal den Unternehmensrichtlinien widerspricht. Die fordern, dass mit 65 Schluss sein sollte.

Stets ungeduldig

Mehdorn selbst zeigt keine Rentenerwartungs-Erscheinungen. Er wirkt stets ungeduldig, als wolle er schneller fertig werden, als es die Umstände zulassen. Sein Hauptmerkmal, das ihn auch viele Sympathien besonders in der Politik gekostet hat, ist aber die Direktheit, mit der er seine Ziele benennt und durchzusetzen versucht.

Es gibt auch viele Mehdorn-Fans Andererseits gibt es auch sehr viele Mehdorn-Fans, besonders in seinem Unternehmen. Ein gutes Händchen bei der Auswahl seiner Vorstandskolleginnen und Kollegen bewirkte, dass er im Gegensatz zu anderen wiedervereinigten Ex-Staatskonzernen Zigtausende Mitarbeiter wegrationalisierte, ohne sie auf die Straße setzen zu müssen. Ein konzerninterner Arbeitsmarkt und Insourcing trugen dazu bei.

In "Bahnchef" umgetauft

Die Öffentlichkeit, die mehrheitlich jede Unpünktlichkeit dem Vorstandsvorsitzenden persönlich zuschreibt, hat ihn bereits von "Hartmut" in "Bahnchef" umgetauft, wie er selbst gerne sarkastisch bemerkt.

Lesen Sie auf Seite zwei, warum sich Hartmut Mehdorn im Bundestag viele Sympathien verspielte

Das schönste Geschenk für Hartmut Mehdorn

Er teilt aber auch selbst gerne aus. Einmal ging er so weit, die Fahrgäste dafür verantwortlich zu machen, dass die Züge der Bahn nicht immer so sauber sind, wie man es erwartet.

Beim Bundestag, den er für die Bahnreform unbedingt braucht, verspielte er sich mit dieser hemdsärmeligen Art parteiübergreifend einige Sympathien. Ein Aufsichtsrat aus mehr als 600 Menschen, die alle mitreden wollen, ist für ihn wohl ein bisschen viel.

Stringente Fortsetzung der Karriere

Die Sanierung der Bahn bis zur Börsenfähigkeit ist eine stringente Fortsetzung seiner Karriere. Der Maschinenbauingenieur Mehdorn ist das Bohren dicker Bretter gewohnt. Seine Stationen als Manager bei VFW Fokker (1966-1978), MBB (1984-1989), Airbus (ab 1989) und bei der Deutschen Aerospace (DASA, 1989-1995) waren stets von einschneidenden Maßnahmen der Anpassung an die Globalisierung geprägt. Erst recht traf das auf den Chefposten bei der Heidelberger Druckmaschinen AG (1995-1999) zu.

Dann holte Bundeskanzler Gerhard Schröder ihn als Nachfolger des glücklosen Johannes Ludewig zur Bahn - mit dem erklärten Ziel, sie kapitalmarktfähig zu machen, und zwar so integriert wie möglich.

Härtesten Widerstand überwunden

Beim Kampf an fast allen Fronten für dieses Ziel überwand Mehdorn härtesten Widerstand aus Industrie und Parlament, musste aber bei den Besitzverhältnissen am Ende doch zurückstecken. Das Netz gehört nach der Privatisierung juristisch weiter dem Bund.

Mehdorn hat zahlreiche Auszeichnungen bekommen, darunter zwei Ehrendoktortitel. Frankreichs Präsident Jacques Chirac beförderte den Bundeswehr-Hauptmann der Reserve für seine Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft zum Kommandeur der Ehrenlegion. Sogar "Ex-Raucher des Jahres 2002" wurde Mehdorn. Er ist seit 1973 mit einer Französin verheiratet und hat drei Kinder.

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