Tchibo: Neues Filialkonzept:Ein bisschen Starbucks, ein bisschen Kaufhof

Amerika lässt grüßen: Tchibo hat sich gesund gespart und investiert in das "look und feel" seiner Filialen. Der neue Auftritt soll mehr Umsatz bringen. Einzige Sorge: Die hohen Preise für Rohkaffee.

Kristina Läsker, Hamburg

In weißer Schreibschrift auf schwarzen Tafeln locken Angebote zum kurzen Kaffee-Stopp: Latte Macchiato, Cappuccino, Espresso. Auf braunen Holztresen duften Muffins und Käsekuchen in gläsernen Vitrinen. Freundlich versucht die Verkäuferin, einem zum Kaffee eine Blaubeer-Tarte aufzuschwatzen. Willkommen in Amerika? Mitnichten. Was anmutet wie ein Starbucks-Shop, gepaart mit dem Charme einer alten Apotheke und dem Kaufhof nebenan, befindet sich mitten in Hamburg.

Tchibo: Neues Filialkonzept: Die Anmutung der neuen Tchibo-Filialen: Starbucks-Shop, gepaart mit dem Charme einer alten Apotheke.

Die Anmutung der neuen Tchibo-Filialen: Starbucks-Shop, gepaart mit dem Charme einer alten Apotheke.

(Foto: Tchibo)

Im Einkaufscenter Hamburger Meile hat kürzlich eine Tchibo-Filiale eröffnet, die die Kette intern "Unsere neue Welt" nennt. Das Konzept soll nach der langen Krise die Umsätze von Deutschlands größtem Kaffeeröster wieder steigern.

Braune Holzböden, Barhocker, indirektes Licht, Umkleiden, Grabbeltische mit Osterdeko von letzter Woche, eine Wand mit Kaffeekapseln: "Das ist ein ganz anderer Look and Feel", schwärmt Thomas Holzgreve, Vorstand von Tchibos Muttergesellschaft Maxinginvest.

Das sehen anscheinend auch die Kunden so: Erste Tests hätten gezeigt, dass das neue Konzept gut ankomme, heißt es bei Tchibo: Besucher lassen in der neuen Tchibo-Starbucks-Apotheken-Welt mehr Geld als in den alten Läden.

Täglich gehen eine Million Menschen zu Tchibo. Etwa 1200 Personen quetschen sich jeden Tag durch die teils engen alten Läden der Innenstädte; jeder Meter ist bares Geld - da kommt ein Kick für den Absatz nur recht.

Bereits 20 der neuen Welten hat der Konzern daher aufgebaut. Alle 820 deutschen Filialen würden in den kommenden drei Jahren ein neues Gesicht erhalten. Allein in diesem Jahr sollen mehr als 100 Millionen Euro in den Auftritt fließen. Dabei solle der Ausschank von Kaffee ein größeres Gewicht erhalten, sagt Vorstand Holzgreve. Wie in der Hamburger Meile soll es überall Sitzecken und Snacks geben. "Wir besinnen uns auf unsere Wurzeln."

Kaufhaus mit angehängtem Kaffeeverkauf

Dabei ist Tchibo längst kein reiner Kaffeeröster mehr - auch wenn dieses Image gut gepflegt wird. Tchibo ist ein Kaufhaus mit wöchentlich wechselnder Warenwelt und angehängtem Kaffeeverkauf. Auf 3,4 Milliarden Euro hat der Konzern nach Angaben vom Donnerstag seinen Umsatz im vergangenen Jahr erhöht. Ein stolzes Plus von acht Prozent gegenüber 2009.

Tchibo: Neues Filialkonzept: Auslagen bei Tchibo: Der Kaffeeröster ist längst ein Kaufhof mit wöchentlich wechselnder Warenwelt und angehängtem Kaffeeverkauf.

Auslagen bei Tchibo: Der Kaffeeröster ist längst ein Kaufhof mit wöchentlich wechselnder Warenwelt und angehängtem Kaffeeverkauf.

(Foto: Tchibo)

Etwa zwei Drittel davon, so wird es in der Branche geschätzt, stammen aus dem sogenannten Non-Food-Geschäft. Also aus dem Verkauf von pinken Gartenzwergen, Flugreisen zur Hochzeit von William & Kate, Fahrradhelmen und dem - boomenden - Vertrieb von Ökostrom.

Inzwischen kann sich Tchibo die Versuche mit neuen Welten wieder leisten: Der Gewinn vor Steuern und Zinsen verdoppelte sich 2010 auf 288 Millionen Euro. Auch die Umsatzrendite legte zu von 4,7 auf 8,5 Prozent - dank eines harten Sparprogramms, dem etwa 1000 Jobs zum Opfer fielen. Heute arbeiten 11.000 Menschen für den Hamburger Konzern, drei Prozent weniger als im Vorjahr.

Auch die Kunden, etwa auf dem Land, fühlen den Sparkurs: In Deutschland wurden etwa 300 Filialen geschlossen. In den Supermärkten gibt es statt 12.000 nur noch 8400 Tchibo-Stände. Gleichzeitig konnte der Konzern die Zahl der unverkauften Rückläufer verringern. "Wir haben den Baum so zurückgeschnitten, dass er wieder kräftig wächst", sagt Holzgreve.

Es könnte also alles so gut laufen - wäre da nicht der Kaffeepreis, der zuletzt viele Käufer vergrätzt hat. Im Dezember und im Februar hatte Tchibo gleich zweimal den Preis für ein Päckchen Kaffee um 50 Cent angehoben. Schuld daran sind dem Vorstand zufolge die höheren Preise für Rohkaffee sowie die gestiegenen Frachtpreise für Schiffstransporte.

Und so verfolgen sie in der Hamburger Zentrale mit bangem Blick die Preise an der Kaffeebörse in New York. Wenn dort der Preis steigt, kostet das den Konzern gutes Geld - weil die Kunden einfach keine Lust mehr auf höhere Preise haben. Holzgreve formuliert das etwas gestelzt: "Preiserhöhungen von Rohkaffee kann man derzeit nur bedingt auf den Kunden abladen."

In der Hamburger Meile gibt es neben teurem Café Latte auch eine schlichte Tasse mit gebrühtem schwarzen Kaffee. Immerhin sie kostet nicht mehr, sondern - wie seit vielen Jahren - genau 95 Cent.

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