Tchibo-Erbe Günter Herz:Auf der Wolfsjagd

Auf dem Sprung zum nächsten Coup: Der Milliardär und Tchibo-Erbe Günter Herz sucht diskret nach lukrativen Beteiligungen. Angeblich ist er an Jack Wolfskin interessiert.

Kristina Läsker, Hamburg

Der Gang ist mit Marmor verfliest, gegenüber dem Fahrstuhl prangt eine rote Burg an der Wand, es ist das Landeswappen von Hamburg. Der Blick aus dem Haus verliert sich im Nebel über der Binnenalster, der Blick nach innen verliert sich in Scheiben mit Milchglas. Alles hier ist wohlhabend, hanseatisch und diskret.

Jack Wolfskin zeigt die Tatzen - Streit um ein Logo

Jack Wolfskin zeigt die Tatzen: das Firmenlogo vor der Filiale des Outdoor-Ausrüsters  in der Innenstadt von Hamburg. Das hessische Unternehmen könnte möglicherweise einen neuen Eigentümer aus der Hansestadt bekommen.

(Foto: Marcus Brandt/dpa)

Genau wie der Mann, dessen Firma im ersten Stock logiert.

Ein kleines Schild verrät, dass hier die Mayfair und die Maryland GmbH agieren. Und damit das große Geld. Beide Firmen gehören dem Hamburger Milliardär und Tchibo-Erben Günter Herz und seiner Schwester Daniela. Also dem 70-Jährigen, der zu den reichsten und reserviertesten Kaufleuten des Landes zählt - und der gerade auf dem Sprung ist zu seinem nächsten Coup. Ein Mann, der stets im Schatten bleibt, und der selbst während seiner Zeit als Tchibo-Chef den meisten öffentlichen Terminen fernblieb.

Hier, an einer der feinsten Adressen der Stadt, dem Jungfernstieg Nummer 30, verwalten die Firmen das Vermögen der Geschwister und betreuen deren Beteiligungen. An diesem Mittwoch brennt viel Licht hinter den Fenstern, die Manager steckten in Sitzungen, so heißt es. Es lässt sich mutmaßen, über was da getagt wird. Es hat nämlich ein Leck gegeben. Etwas, das der verschwiegene Herz von Herzen hasst. Irgendwie, irgendwo ist nach außen gesickert, dass sich der Milliardär für den Bekleidungshersteller Jack Wolfskin interessiert.

Dabei bräuchte es Diskretion. Die Firma aus dem hessischen Idstein steckt im Verkaufsprozess und schweigt zu möglichen Käufern wie Herz oder anderen Finanzinvestoren. Nichts soll den Deal stören, zu gerne würden Firmenchef Manfred Hell und die Investoren Barclays Private Equity und Quadriga ihre Anteile losschlagen. Doch zuletzt haben selbst Konzerne wie Adidas und Puma abgewunken. Die Marke mit der Wolfstatze war den Sportartikel-Herstellern zu teuer. Bis zu 600 Millionen Euro haben die Eigner angeblich für Jack Wolfskin gefordert.

"Geniales Gespür für Beteiligungen"

Günter Herz hätte soviel Geld. Zudem habe der reiche Kaufmann ein "nahezu geniales Gespür für Beteiligungen", sagt ein Wegbegleiter. Das hat Herz bereits bewiesen, als er drei Jahrzehnte an der Spitze des Kaffeekonzerns Tchibo stand und dort erfolgreich zukaufte. Mit 24 Jahren war er an die Spitze der familieneigenen Firma getreten, die Vater Max einst gegründet hatte. Später fädelte sein Sohn den Einstieg beim Nivea-Konzern Beiersdorf ein, übernahm den Zigarettenhersteller Reemtsma und kaufte den Erzrivalen Eduscho auf.

Doch Glück sieht anders aus. Der unternehmerische Erfolg wurde überschattet von dramatischen Fehden zwischen Günter Herz, seinen vier Geschwistern und Mutter Ingeburg. Das Unheil begann, als Vater Max, ein autoritärer Patriarch, im Alter von 59 Jahren überraschend starb. Das war 1965. Sein ältester Sohn Günter war damals 24 Jahre alt, die Brüder Joachim 24, Michael 22, Wolfgang 15 und die Schwester Daniela 11.

Günter und Michael übernahmen die Leitung von Tchibo - doch ihr Führungsanspruch blieb umstritten. Der Vater hatte im Testament recht unscharf formuliert, die Firma solle in die Hände von "zwei meiner befähigsten Jungs" gelegt werden. Missgunst, Ehrgeiz und Erbstreitigkeiten per Anwalt folgten und blockierten die Familie jahrelang.

Der Zwist eskalierte 2000. Die Brüder entmachteten Günter Herz nach mehr als 30 Jahren an der Spitze, auch einen Sitz im Aufsichtsrat verwehrten sie ihm. Doch Herz, er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder, habe zu seinem Sturz selbst beigetragen, heißt es in Hamburg. Bis heute gilt der talentierte und hart rechnende Kaufmann als autoritär, misstrauisch und stur. "Er hat einfach kein Händchen für Zwischenmenschliches", sagt einer. Herz verberge doch bloß seine Verletzlichkeit durch eine sehr brüske Art, meint ein anderer.

Großes Herz für Hamburg

Im August 2003 schließlich gaben Günter und Daniela Herz ihre Anteile am Familienkonzern ab. Die Abfindung über etwa 4,3 Milliarden Euro wurde aus dem Verkaufserlös für Reemtsma bezahlt. Mit Maryland und Mayfair gehen sie seither erfolgreich eigene Wege.

Das haben sie zuletzt bei Puma bewiesen. Vor sechs Jahren waren sie mit 800 Millionen Euro bei der Firma aus Herzogenaurach eingestiegen und hielten mit mehr als 25 Prozent der Aktien eine Sperrminorität. Beim Ausstieg war das Paket gut 1,3 Milliarden Euro Wert, Günter und Daniela Herz verdienten eine halbe Milliarde Euro. In Erinnerung ist Günter Herz bei Puma für anderes geblieben: Als begeisterter Segler kämpfte er dafür, dass Puma beim Volvo Ocean Race mit einem eigenen Boot startete. Mit seinen Kontakten besorgte Herz damals den Skipper.

Nach Puma sorgte Herz dann für Aufruhr, als er 2006 für 575 Millionen Euro den Germanischen Lloyd aus Hamburg aufkaufte und ihn vor einer Übernahme durch den französischen Rivalen Bureau Veritas bewahrte. Das zeige vor allem eines, heißt es in der Hansestadt: Herz würde zwar Pferde und Segelboote mehr als Menschen lieben, aber für seine Heimatstadt Hamburg habe er auch viel übrig.

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