Uber & Co.:Wenn die Taxi-App zum Mitfahr-Casino wird

File illustration picture shows the logo of car-sharing service app Uber on a smartphone next to the picture of an official German taxi sign

In Metropolen wie San Francisco gibt es mittlerweile mehr Uber- als Taxifahrer.

(Foto: REUTERS)
  • Metropolen wie San Francisco oder Sydney sind seit dem Aufstieg von Mitfahr-Apps wie Uber weitgehend taxifrei.
  • Für die Fahrer rentiert sich die Taxi-Alternative, aber für Fahrgäste kann es bei Regen oder während Messen extrem teuer werden.

Von Michael Kuntz

Ein Taxi bekommt man kaum noch in San Francisco - die Stadt ist die weltweit erste weitgehend taxifreie Metropole. Von hier aus startete der Mitfahrservice "Uber" seine Expansion in viele Länder. Finanzinvestoren haben das Unternehmen mit einem Milliarden-Kapital ausgestattet, das Geschäftsmodell klingt simpel: Über Apps für Mobiltelefone vermittelt es Fahrgäste an private Autobesitzer und kassiert dafür Provision. Jeder darf mal Taxifahrer sein. Die Uber-Offensive richtete sich zuerst gegen die Taxis in der Umgebung des Hauptquartiers an der Market Street, dann gegen lokale Konkurrenten wie Lyft.

Ihnen warb man nicht nur die Fahrgäste, sondern auch gleich die Fahrer ab. Seit sechs Jahren geht es nun rau zu auf den Straßen von San Francisco. "Ubering" führte dazu, dass sich die Zahl der Touren bei traditionellen Taxifirmen mehr als halbierte, etwa bei der Desoto Cab Company. Durch die Stadt am Pazifik mit ihren 840 000 Einwohnern kurven schätzungsweise nur noch 1900 klassische Taxis , aber wohl 13 000 Fahrer von privaten Autos in den Diensten der Internet-Vermittler Uber und Lyft. Genau weiß das keiner, denn ihre Zahl wird nicht akribisch erfasst. Die App- Anbieter geben sich gern als Start-ups, doch das sind sie längst nicht mehr. Nicht jedem ihrer Fahrer dürfte bewusst sein, dass sie bei Uber für Großinvestoren wie die Investmentbank Goldman Sachs oder den Netz-Giganten Google tätig sind. Also als Komparsen in einem globalen Spiel von Finanzinvestoren mitwirken dürfen.

Uber-Fahrer dürfen 80 Prozent des Fahrpreises behalten

Die Eroberung der Straßen durch Uber entwickelte sich nicht überall so erfolgreich wie in San Francisco. In Paris kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen, als Uber-Anbieter von Taxifahrern als solche erkannt worden sind. In Peking riefen Taxifahrer sich erst eine dort verbotene Uber-Limousine und anschließend die Polizei. Spanien und die Niederlande untersagten Uber den Mitfahrdienst gleich ganz, weil die Mitarbeiter keine Lizenzen zur Personenbeförderung besaßen. Dies gilt auch für Deutschland, wo Uber mehrere Gerichtsverfahren verloren hat und deshalb nun andere Apps um die Kunden ringen.

Doch wer profitiert im Ausland, dort wo Uber die verkrusteten Strukturen des Taxigewerbes aufgebrochen hat? Die Fahrer? Die Fahrgäste? Die Investoren? Was die Geldgeber angeht, muss es sich erst erweisen, ob die enormen Summen sich jemals rentieren werden. Für die Fahrer ist Uber zunächst einmal nicht schlecht, wenn man die Verteilung der laufenden Einnahmen ansieht. Sie dürfen 80 Prozent des Fahrpreises behalten. Zumindest in San Francisco sind ihre Einkommen deutlich gestiegen. Sie müssen allerdings in ein Auto investieren, das den Ansprüchen von Uber genügt, bevor es ans Geldverdienen geht. Ein Vorteil: Die hohen Kosten für Taxi-Konzessionen fallen weg. Und es gibt keinen klassischen Taxi-Unternehmer mehr, der als Vermittler seinen Anteil abhaben will. Er wird durch die App ersetzt.

Bei Regen kann es teuer werden

Für Fahrgäste birgt eine taxifreie Welt aber neue Risiken: Die Mitfahrdienste operieren mit flexiblen Fahrpreisen, die sich an der jeweiligen Nachfrage orientieren. Das heißt konkret: Wenn es regnet und vielleicht noch eine Messe in der Stadt ist, kann die Fahrt um ein Vielfaches teurer werden. Noch weniger schön: Als in Sydney eine Geiselnahme stattfand und Menschen schnell die Innenstadt verlassen wollten, drehten die Uber-Fahrer erst mal an der Preisschraube. Das kommt nicht oft vor, aber im alltäglichen Leben bedeuten flexible Preise auch, dass der Weg zur Physiotherapie zu einem Ausflug ins Mitfahr-Casino wird, also schwer kalkulierbar.

Das klassische Fahrgeschäft mit zahlenden Passagieren eröffnet den schlauen Software-Entwicklern auch deshalb so große Möglichkeiten, weil die Taxifahrer selbst die Chancen des Internets zu wenig genutzt und ihre Fahrgäste auch nicht immer zuvorkommend behandelt haben. Aus diesem Grund gönnen es viele Kunden den oft ruppigen Taxifahrern, dass sie neue Konkurrenz bekommen, die manches macht, was das Taxigewerbe versäumt hat, etwa eine Bewertung des Services.

Dabei ginge es durchaus auch anders. Um als Kunden den Fahrer benoten zu können, braucht man kein Uber. In Abu Dhabi zum Beispiel haben die Taxi-Limousinen an den Nackenstützen der Vordersitze kleine Bildschirme installiert, auf denen erst das Foto des Fahrers leuchtet und während der Tour dann kleine Filme über die Sehenswürdigkeiten des Scheichtums laufen. Es handelt sich um Touchscreens mit einem ganz besonderen Service. Per Fingerdruck kann der Fahrgast die Leistung des Chauffeurs bewerten - er muss nur das Smiley seiner Wahl berühren.

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