Tarifkonflikt:Wortgefechte zwischen Lokführern und Bahn

Die Tarifparteien befehden sich und Deutschlands Nahverkehr ist weitgehend lahm gelegt. Der 30-stündige Megastreik der Lokomotivführer läuft auf Hochtouren.

Der bislang längste Streik der Lokführergewerkschaft GDL hat am Donnerstag weite Teile des Nahverkehrs in Deutschland lahmgelegt.

Mehr als die Hälfte der Züge fiel aus. Besonders betroffen war der regionale Zugverkehr in Ostdeutschland. "Aber auch in Westdeutschland fährt nur die Hälfte der Züge", sagte Bahn-Vorstandsmitglied Karl-Friedrich Rausch in Berlin. Viele Pendler stiegen auf das Auto um, vor allem in den deutschen Großstädten kam es deshalb am Morgen zu vielen Staus und Behinderungen.

Besonders betroffen waren nach Angaben des ADAC der Großraum München, das Rhein-Main-Gebiet, das Ruhrgebiet sowie Leipzig und Dresden. "Es war sehr dichter Verkehr auf den Zufahrtsstraßen, aber das Chaos ist ausgeblieben", sagte ein ADAC-Sprecher. Der Berufsverkehr habe eine Stunde früher als sonst eingesetzt. Am Mittag hatte sich die Situation bereits entspannt.

Keine Gespräche

Eine Lösung im festgefahrenen Tarifstreit ist weiter nicht in Sicht: Die Bahn rief in Zeitungsanzeigen die streikenden Lokführer auf, das Angebot anzunehmen und verlangte von der GDL die Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Die Gewerkschaft dagegen beharrt auf einem eigenständigen Tarifvertrag und droht auch in der kommenden Woche mit Streiks. "Wir erwarten ein vernünftiges Angebot", sagte GDL-Vizechef Günther Kinscher dem Fernsehsender n-tv. Solange werde es auch im Hintergrund keine Gespräche geben. Über das weitere Vorgehen will die GDL an diesem Freitag entschieden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck sprach sich gegen die GDL-Forderung nach einem eigenständigen Tarifvertrag aus. Es gelte das Prinzip: ein Betrieb, ein Tarifvertrag, sagte Struck dem Fernsehsender N24. "Wenn man anfinge zu differenzieren, dann kämen nachher die Stellwerker und viele andere, die genau die gleiche Verantwortung tragen. Dann würde ein Durcheinander entstehen, dass man überhaupt nicht akzeptieren kann."

Die GDL hatte um 2.00 Uhr mit dem Streik begonnen und will ihn bis Freitagmorgen um 8.00 Uhr fortsetzen. Die Bahn setzte einen Ersatzfahrplan in Kraft. Nachdem die Anordnung von Notdiensten gerichtlich untersagt wurde, konnten nach Bahnangaben deutlich weniger Lokführer eingesetzt werden.

In einer halbseitigen Anzeige in großen überregionalen Tageszeitungen forderte die Bahn die Lokführer auf, das Angebot auch im Interesse der Kunden anzunehmen. Das Angebot sei das "beste, was wir machen können". Es orientiert sich nach wie vor an dem Abschluss, der im Sommer mit den Gewerkschaften Transnet und GDBA erzielt wurde. Es sieht 4,5 Prozent mehr Einkommen und eine Einmalzahlung von 600 Euro vor.

Die stärksten Einschränkungen durch den Ausstand gab es nach Bahnangaben in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Der Takt der Berliner S-Bahn war stark ausgedünnt auf 10- bis 20-Minuten. Auch die Hamburger S-Bahn fuhr alle 20 Minuten.

Ebenfalls stark betroffen war die S-Bahn München. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen fuhren rund 50 Prozent der Regionalzüge. Die S-Bahn Frankfurt fuhr im Stundentakt, der Regionalverkehr in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern verkehrten mit etwa der Hälfte der Züge.

Reisende können sich über den Bahnverkehr informieren auf der Internetseite www.bahn.de/aktuell und unter der kostenfreien Service-Telefonnummer 08000 99 66 33.

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