SZ-Versicherungstag:Cyberversicherer profitieren

Die Zahl der Hackerangriffe auf Unternehmen steigt. Die Versicherungskonzerne bieten immer mehr maßgeschneiderte Produkte an, um die Schäden möglichst klein zu halten.

Von P. Hagen, Köln

Der picklige Teenager hat lange das Bild vom Hacker geprägt. Vor ihm hatten Unternehmen keine Angst. Die professionellen Hackerbanden, die heute agieren und deren Dienste man mieten kann, sollte die Wirtschaft dagegen sehr ernst nehmen, warnt der Sicherheitsexperte Timo Kob von der Firma Hisolutions, die Unternehmen und Ministerien in IT-Sicherheitsfragen berät. "Wir müssen wissen, dass wir angreifbar sind, gezielte Angriffe können wir nicht vollständig eliminieren", sagte er am Mittwoch auf der SZ-Fachkonferenz "Versicherung und Internet" in Köln.

Schäden aus Hackerangriffen können enorm sein. Wenn Kunden- oder Kreditkartendaten gestohlen werden und die Unternehmen alle Betroffenen informieren müssen, kommen schnell hohe Kosten zusammen. Noch schlimmer wird es, wenn durch einen Angriff Produktionsanlagen eines Unternehmens für längere Zeit lahmgelegt werden. Kob ist pessimistisch: "Das schlimmste steht uns noch bevor". Da deutsche Unternehmen im Zuge der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft schnell auf neue technische Möglichkeiten reagieren müssten, um wettbewerbsfähig zu bleiben, werde es auch mehr Angriffspunkte geben. "Wir werden die nächsten Jahre eine eher gesteigerte Risikoexposition haben", sagte er.

Es geht mittlerweile darum, die Kosten einer Attacke zu minimieren

Diese Entwicklung könnte den Verkauf von Cyber-Versicherungen beschleunigen, vermutet Kob, dessen Unternehmen auch eng mit dem britischen Versicherer Hiscox zusammenarbeitet. Die Versicherer haben seit einigen Jahren entsprechende Policen im Angebot. Bislang haben etwa 600 Unternehmen in Deutschland Versicherungsschutz gekauft. Das könnte nun mehr werden. Nach Kobs Ansicht kann dabei die Erkenntnis helfen, dass sich Unternehmen kaum komplett vor Cyber-Attacken schützen können. "Dann geht es eher darum, die Kosten eines Vorfalls so gering wie möglich zu halten", sagte er.

Der Versicherer Hiscox beobachtet bereits eine steigende Nachfrage - vor allem bei mittelständischen Unternehmen. "Wir rechnen dieses Jahr mit einer Verdoppelung der Verträge gegenüber dem Vorjahr", sagte Hiscox-Manager Alexander Rudolph. Im vergangenen Jahr hatte der Versicherer zwischen 100 und 200 Verträge verkauft, genaue Zahlen will er nicht nennen. Versicherungsmakler Sven Erichsen, der sich auf solche Risiken spezialisiert hat, schätzt das Prämienvolumen in der Sparte auf etwa 13 Millionen Euro. Das ist wenig im Vergleich zu den mehr als sechs Milliarden Euro, die Industrie und Gewerbe für Sach- und Feuerpolicen ausgeben. Hiscox-Manager Rudolph zog einen Vergleich zur Managerhaftpflichtversicherung, die in den Achtzigerjahren aus den USA nach Deutschland schwappte. "Die war am Anfang auch kaum verbreitet, und irgendwann war sie der Normalfall."

Umstritten ist die Frage, ob das Cyberrisiko am besten in einer neuen selbständigen Police abgedeckt wird, oder ob es reicht, das Risiko in kombinierten Verträgen zu versichern. Munich Re-Cyber-Experte Niels Diekmann sprach sich klar für selbständige Verträge aus. "Früher war die IT nur dazu da, um die eigentliche Geschäftstätigkeit zu unterstützen, heute können die meisten Unternehmen ohne IT nicht mehr arbeiten", sagte er.

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