SZ-Serie "Unsere Zukunft, unsere Rente":Vom richtigen Zeitpunkt

Senioren sollten rechtzeitig ans Wohnen im Alter denken, denn Umzug oder Umbau brauchen viel Zeit. Je nach individueller Gesundheit, gibt es dafür viele Optionen.

Von Berrit Gräber

Viele Treppen, Schwellen, schmale Türen, hohe Duschwanne, viertes Stockwerk: Was für junge Menschen beim Mieten oder Immobilienkauf meist kein Hindernis bedeutet, kann im Alter zur Riesenlast werden. Lässt die Beweglichkeit nach, entscheidet die Wohnsituation schnell über die Lebensqualität. Ein rechtzeitiger Umzug oder Umbau kann vielen Senioren den Alltag deutlich erleichtern. "Wir empfehlen, spätestens auf der Zielgeraden zur Rente auch ans Wohnen im Alter zu denken, damit nicht andere die Entscheidung treffen", sagt Verena Querling, Juristin und Pflegeexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Dies sollte möglichst noch vor einer absehbaren Hilfs- oder Pflegebedürftigkeit geschehen - das rät auch Christine Sowinski vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) in Köln. Interessenten finden in diesem Zusammenhang viele Finanzierungs- und Beratungsangebote.

Dass die meisten Menschen möglichst bis ins hohe Alter zu Hause bleiben möchten, steht außer Frage. Wer sich mit seinem beruflichen Ruhestand beschäftigt, sollte sich aber zugleich fragen: Kann ich in meinem großen Haus mit Garten oder in der verwinkelten Altbauwohnung ohne Aufzug in ein paar Jahren überhaupt noch selbständig leben? Oder wäre es nicht doch besser, in eine barrierefreie Wohnung umzuziehen, vielleicht ganz in die Nähe der Kinder? Und zwar noch bevor sich die ersten Gebrechen bemerkbar machen und die Mobilität immer stärker eingeschränkt ist.

"Wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, hängt nicht zuletzt von der Fitness jedes Einzelnen, von seiner Lebenssituation und den Vorerkrankungen ab", meint Monika Schneider, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung (BAG) in Köln. Je früher ein Ortswechsel in Betracht gezogen wird, desto besser. Grund: Oft dauert es Monate und Jahre, bis die Entscheidung überhaupt umgesetzt werden kann. "Das Angebot an barrierefreien Mietwohnungen ohne Betreuungsverträge in Deutschland ist total klein", warnt Schneider. Kompliziert sei auch ein Wohnungswechsel nach dem Motto "Tausche großzügige Vier-Zimmer-Wohnung im vierten Stock gegen kleines Apartment mit Aufzug oder im Erdgeschoss". Wohnungsunternehmen böten zwar ihre Unterstützung an. "Dennoch ist der direkte Tausch eher komplex und geht höchstens Zug um Zug", so Schneider.

Wandbild an der Hausfassade des Bremer AWO-Hauses an der Straße Auf den Häfen / Ecke Rembertikreisel

Wandbild des Künstlers Peter Krüger an der Hausfassade des Bremer Arbeiterwohlfahrt-Hauses aus dem Jahre 1976. Für die Wohnform im Ruhestand gibt es viele Optionen, die auch von der Gesundheit abhängen.

(Foto: Eckhard Stengel/Imago)

Eine Alters-WG mit Gleichgesinnten gründen zu wollen, macht es nicht einfacher, eine passende, altersgerechte Wohnung zu finden - obwohl ältere Menschen wegen ihrer sicheren Rente als attraktive Mieter gelten. Denn längst nicht jede Vier- bis Fünf-Zimmer-Wohnung ist für eine Gemeinschaft von Senioren geeignet. Noch dazu, wenn später einmal eine Pflegekraft dazu stoßen soll. "Interessenten müssen mit etwa fünf Jahren Vorlauf rechnen", so die Erfahrungen Schneiders. Selbst der gemeinsame Kauf einer großen Eigentumswohnung, die zur Senioren-WG werden soll, erfordere viel Planungszeit. Abgesehen davon: Wer dafür einen großen Kredit benötigt, braucht mit 65 oder 70 Jahren nicht mehr bei der Bank anzuklopfen.

Und auch der Umzug in betreute Wohnanlagen oder beliebte Seniorenresidenzen mit guter Infrastruktur und optimalem kulturellen Leben geht nicht von heute auf morgen. "Das muss frühzeitig geplant sein, da gibt es oft Wartelisten von fünf bis sechs Jahren", sagt Verena Querling.

Grundsätzlich ist ein Wohnungswechsel im Alter aber nicht jedermanns Sache. Viele können sich nicht vorstellen, in der letzten Lebensphase noch einmal umzuziehen - wenn es nicht unbedingt sein muss. Bleibt also die Alternative, die eigenen vier Wände umzubauen. Nach einer Untersuchung des Kuratoriums Deutsche Altershilfe ist etwa 14 Prozent der Generation ab 65 Jahren, das entspricht etwa 1,6 Millionen Seniorenhaushalten, dazu bereit, in ihren Wohnungen Barrieren abzubauen. Das kann damit beginnen, Stolperfallen wie Teppiche zu beseitigen, Haltegriffe im Bad anzubringen oder Duschhocker zu kaufen und mit dem Einbau von Treppenlift oder Rampe weitergehen. Richtig teuer wird das Rausreißen von Türschwellen oder die umfassende Badsanierung mit ebenerdiger Duschwanne. Kosten um die 20 000 Euro sind da keine Seltenheit.

Wer bereits eine Pflegestufe hat, kann für den Umbau mit einem Zuschuss der Pflegekasse von bis zu 4000 Euro rechnen. Ändert sich die Pflegesituation, sind noch einmal 4000 Euro möglich. Hauptsache, der Kranke kann danach wieder selbständiger leben, respektive seine Pflege wird durch den Umbau erleichtert. Andere Fördertöpfe bieten sich für Eigentümer und Mieter an, die noch keinen akuten Bedarf haben, ihr Haus oder die Wohnung aber vorsorglich barrierefrei gestalten wollen.

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SZ-Serien-Finale: Folge 26

So bietet die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) spezielle Darlehen von bis zu 50 000 Euro je Wohnung zu Konditionen von 0,75 Prozent Zins (Programm Nr. 159). Möglich ist auch ein Investitionszuschuss der KfW zum altersgerechten Umbau von bis zu 6250 Euro, aber voraussichtlich erst wieder 2017. Die 49 Millionen Euro, die für diese Zwecke (Programm Nr. 455) in diesem Jahr zur Verfügung standen, sind seit Ende Juli aufgebraucht. Informationen, welche Bundesländer und Kommunen finanzielle Unterstützung anbieten und was der Bund offeriert, hält das Online-Portal "www.nullbarriere.de" bereit. Wer einen Wohn-Riester-Vertrag hat, kann einen weiteren Topf anzapfen.

Aber: "Nicht jede Wohnung lässt sich barrierefrei ausbauen, das wird im denkmalgeschützten Altbau in der fünften Etage fast unmöglich", so Fachfrau Schneider. Auch der Einbau eines altersgerechten Bades im Plattenbau sei kompliziert. Wer Rat beim Wohnungswechsel im Alter, beim Umbau bestehender Immobilien sowie zu Finanzierungstöpfen sucht, findet Hilfe bei einer Bundesarbeitsgemeinschaft unter "www.wohnungsanpassung-bag.de" sowie unter "www.pflegestuetzpunkte-online.de".

Reicht die Rente in Zukunft zum Leben? Wie kann ich zusätzlich vorsorgen? Wie ändert sich das Leben alter Menschen? Die SZ-Serie "Unsere Zukunft, unsere Rente" beschäftigt sich mit den wichtigsten Aspekten des Ruhestands.

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