SZ-Serie: Rohstoffe (IV):Aluminium vom Persischen Golf

Aluminium glänzt nicht nur wie Silber, auch sein Preis strebt derzeit in die Region der Edelmetalle. Bis zu 1800 Dollar kostet die Tonne Leichtmetall an der Londoner Metallbörse.

Von Wieland Kramer

Weltweit steigt der Bedarf, aber in Deutschland grassiert das Hüttensterben. Binnen vier Jahren hat sich der Aluminiumbedarf in China vervierfacht.

Aluminiumband dpa

Eine große Rolle mit Aluminiumband.

(Foto: Foto: dpa)

2004 erreichte der Pro-Kopf-Verbrauch des Milliardenvolkes vier Kilogramm.

Sollte sich die Aufholjagd zu den Industriestaaten ungebremst fortsetzen, droht dem internationalen Aluminiummarkt ein Kollaps, befürchten Experten.

Hierzulande werden pro Kopf der Bevölkerung bereits mehr als 20 Kilogramm verbraucht. Die internationalen Aluminiumhütten arbeiten seit Jahren an den Kapazitätsgrenzen.

Dennoch gelingt es, den Ausstoß Jahr für Jahr um etwa fünf Prozent zu erhöhen. 2005 wird mit einer Weltproduktion um 30 Millionen Tonnen gerechnet.

Vorkommen im Äquatorialgürtel

Aluminium ist ein junges Metall. Seine industrielle Herstellung wurde erst mit Erfindung der Elektrolyse zur Mitte des 19. Jahrhunderts möglich. Der Rohstoff ist Bauxit, dessen Vorkommen sich im Äquatorialgürtel konzentrieren.

Europa verfügt nur über etwas mehr als ein Prozent der auf 23 Milliarden Tonnen geschätzten Reserven, vornehmlich in Griechenland und Frankreich. Ein Drittel der Weltreserven liegt in Guinea, gefolgt von Jamaika, Australien und Brasilien.

Vorprodukt für die Metallproduktion ist staubförmiges Aluminiumoxid, auch Tonerde genannt. Um daraus glänzendes Metall zu machen, werden große Mengen Strom und Anoden aus Kohlenstoff benötigt.

Hoher Energiebedarf

Bis zu 50 Prozent kann der Energiekostenanteil an der Aluminiumherstellung betragen. Daher besteht eine enge Korrelation zwischen den Aluminiumnotierungen und der Entwicklung der Energiepreise.

Die hohen Energiepreise in Europa sind eine Ursache dafür, dass die führenden Hüttenkonzerne Alcan, Alcoa und Norsk Hydro ihre Standorte dort abbauen. Investitionen in neue Produktionsanlagen fließen etwa in die Golf-Staaten. Allein in Deutschland stehen derzeit drei von fünf Aluminiumhütten zur Disposition.

Aluminium vom Persischen Golf

Etwa 670.000 Tonnen Aluminium wurden 2004 in Deutschland produziert. Noch einmal die gleiche Menge wird aus Recyclingmaterial geschmolzen. Doch die Mengen reichen nicht aus, um den Bedarf von über zwei Millionen Tonnen zu decken.

Vor allem die Automobilindustrie aber auch Schiffbau und Luftfahrt verbrauchen kontinuierlich mehr. Seit 1988 hat sich der Alu-Anteil in Kraftfahrzeugen um 50 Prozent auf derzeit 100 Kilogramm erhöht, 2010 sollen es sogar 160 Kilogramm sein.

Deutsche Standorte unter Druck

Bisher konnten die deutschen Aluminiumhütten Platz zehn auf dem Weltmarkt halten, in der EU sind sie sogar führend. Doch damit wird bald Schluss sein, befürchtet Heinz-Peter Schlüter, Chef von Trimet Aluminium in Essen, der einzigen konzernunabhängigen Aluminiumhütte in Deutschland.

Schlüter sorgt sich nicht nur um die wachsende Lücke zwischen inländischer Erzeugung und Verbrauch: "Aus Übersee kommt Roh-Aluminium. Wir liefern dagegen mehr als 450 Formate und Legierungen. Für Autos und Flugzeuge wird Spitzenqualität benötigt. Außerdem gleichen wir Versorgungsengpässe für die Verarbeiter in Deutschland aus."

Die Aluminiumproduktion ist für Schlüter aber nicht nur eine Frage der Energiekosten. Die Ankündigung der norwegischen Norsk Hydro, neue Hütten auf Island zu errichten, bringt den Unternehmer aus Essen fast aus der Fassung. "Dort gibt es große Vorbehalte gegen den Bau neuer Wasserkraftwerke und Fachleute sucht man auf der Insel vergebens."

Attraktive Minenaktien

Nach Ansicht des Alu-Managers bleiben die Aktien der großen Minenkonzerne wie Rio Tinto oder Cia Vale Rio Doce (CVRD) attraktiv, nachdem sie über Jahre ein Schattendasein führten. In Fonds zusammengefasst werden die Papiere unter anderem von den Investmentgesellschaften DWS und Merrill Lynch angeboten.

Einen Sonderweg verfolgt dagegen Goldmann Sachs. Schon seit vielen Jahren beschafft die Investmentbank Rohstoffe wie Aluminium physisch und lagert sie auch. Experten schätzen, dass die von Goldman Sachs gehorteten Mengen zeitweilig sogar höher sind als die Bestände der Londoner Metallbörse.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: