Supermarktfusion:"Vor Toresschluss"

Supermarktfusion: Blick in Tiefe: "Klasse" ist Kaiser's Tengelmann schon lang nicht mehr. Die Supermarktkette schreibt seit 15 Jahren Verluste.

Blick in Tiefe: "Klasse" ist Kaiser's Tengelmann schon lang nicht mehr. Die Supermarktkette schreibt seit 15 Jahren Verluste.

(Foto: Wolfgang von Brauchitsch/Bloomberg News)

Kurz vor der drohenden Zerschlagung von Kaiser's Tengelmann zeigt sich Rewe gesprächsbereit, und Wolfgang Clement schaltet sich ein.

Von Michael Kläsgen

Mer kenne uns - mer helfe uns, ist ein Spruch, den man den Kölnern nachsagt. Klingt nach Klüngel. Und wer, wenn nicht der FC, der Fußballclub, in dem das Herzblut der Stadt so heftig pulsiert wie nirgends anders, müsste die Klüngelhochburg sein? Aber weit gefehlt! Hier sitzen der Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub und der Rewe-Chef in spe, Lionel Souque, Seit' an Seit' in den Führungsgremien, der eine als Beirat, der andere als Aufsichtsratschef, und bedauern die oft bedauernswerten fußballerischen Ergebnisse des FC. Aber über's Geschäftliche? Do laachste Dich kapott! Kein Wort.

Es bedurfte nun eines offiziellen Schreibens des 2018 scheidenden Rewe-Chefs Alain Caparros an den "Sehr geehrten Herrn Haub", um dem Chef der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann seine Gesprächsbereitschaft kundzutun. Rewe steht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung zu einem Spitzengespräch zur Verfügung, um noch eine Zerschlagung der kriselnden Kette und den Abbau Tausender Arbeitsplätze abzuwenden. Die Entscheidung darüber steht am kommenden Freitag bei der Aufsichtsratssitzung von Kaiser's Tengelmann an. Caparros' Anreiz: Er würde ein Stück vom Kuchen abbekommen, der eigentlich in toto an den Konkurrenten Edeka gehen sollte. Edeka kann sich ebenfalls mit dem Gedanken anfreunden, vom 2014 geschlossenen Kaufvertrag für alle 451 Filialen zurückzutreten. Denn inzwischen ist einigermaßen klar: Die Gerichte werden den Gesamtverkauf aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht zulassen. Voraussetzung für Edeka wäre es aber, sich die Rosinen aus dem Kuchen picken zu dürfen.

Das macht den Erfolg eines solchen Treffens nicht wahrscheinlicher. Verdi arbeitet dennoch daran. Stefanie Nutzenberger, im Bundesvorstand für Einzelhandel zuständig, rief im Auftrag von Gewerkschaftschef Frank Bsirske am Freitag bei allen drei Bossen an. Die Frage: Stehen Sie in der kommenden Woche für einen Tengelmann-Gipfel zu Verfügung? Rewe ja. Von den anderen war vorerst keine Antwort zu erhalten. Caparros hat stets betont, auch "Teillösungen" zu akzeptieren.

Fehlt noch der Vermittler: Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement wäre bereit. "Ich bin bisher nicht um eine Vermittlung gebeten worden", sagte er der SZ. "Unabhängig von meiner Person hielte ich es für sehr sinnvoll, kurz vor Toresschluss doch noch den Versuch einer außergerichtlichen Lösung zu unternehmen. Ansonsten werden in Kürze allein in NRW rund 5000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen."

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