Super-Lotterie:Glücksrad war gestern

Der Deutsche Lottoblock plant die Beteiligung an einer Jackpot-Lotterie mit Gewinnsummen von mehr als 100 Millionen Euro. Doch solch hohe Einzelgewinne sind rechtlich zweifelhaft und erhöhen die Spielsuchtgefahr.

Konrad Fischer

Von November an plant der Lottoblock eine neue Super-Lotterie, bei der Spitzengewinne von mehr als 100 Millionen Euro ausgezahlt werden sollen. Neben Deutschland wollen sich Lottogesellschaften aus sieben baltischen und skandinavischen Ländern sowie Italien an dem Gewinnspiel beteiligen. Durch die Kooperation kann die Zahl der Teilnehmer und die Gewinnsumme gesteigert werden.

Super-Lotterie: Bald nur noch Peanuts? Der bislang höchste Jackpot in Deutschland wurde im Dezember vergangenen Jahres geknackt.

Bald nur noch Peanuts? Der bislang höchste Jackpot in Deutschland wurde im Dezember vergangenen Jahres geknackt.

(Foto: Foto: ap)

Klaus Sattler von der Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg bestätigt die Pläne. "Wir warten nur noch auf die Freigabe des wissenschaftlichen Fachbeirats", fügt er hinzu. Der muss prüfen, inwieweit das Vorhaben mit den Bestimmungen des zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrages vereinbar ist. Nur nach der Freigabe durch den Fachbeirat könnte das neue Glücksspiel starten.

Hoher Preis

Vorbild für das neue Konzept ist die Lotterie Euro Millions, die in neun europäischen Ländern, darunter Großbritannien und Spanien, seit einigen Jahren für Furore sorgt. Gewinnsummen von mehreren hundert Millionen Euro locken dort die Kunden in die Annahmestellen. "Gerade in kleinen Ländern hat die Lotterie richtig eingeschlagen", so ein Sprecher der schweizerischen Lottogesellschaft Swisslos. Die konnte ihren Umsatz durch das neue Tippspiel um fast vierzig Prozent steigern. Betrug der Umsatz 2004 noch rund 800 Millionen Franken (509 Millionen Euro), stieg er durch Euro Millions bis 2006 auf 1,1 Milliarden Franken (700 Millionen Euro). Swisslos bezeichnet die Einführung der Lotterie daher als Quantensprung. "Euro Millions ist inzwischen unser wichtigstes Produkt."

Zwei Euro müsste der Kunde bei der Super-Lotterie pro getippter Zahl hinlegen, beim klassischen Lotto sind es 75 Cent. Wer am Ende fünf aus fünfzig Zahlen richtig tippt, wird am Gewinn beteiligt.

Ilona Füchtenschnieder vom Fachverband Glücksspielsucht sieht in dem Trend zu großen Jackpots einen generellen Wandel, der sich in der Branche vollzieht. Immer seltener sind es Sachpreise oder kleinere Geldgewinne, mit denen Unternehmen auf Kundenfang gehen. Ob beim Telefonquiz im Fernsehen oder am Schalter der Lotto-Filiale - über die Attraktivität eines Gewinnspiels entscheidet vor allem die Höhe der Gewinnsumme.

Trügerische Alltagsweisheiten

"Mit dem höheren Jackpot steigt aber keineswegs die Gewinnchance", stellt Füchtenschnieder, selbst Mitglied des entscheidungsberechtigten Lotto-Fachbeirats klar. Viele Spieler sitzen diesem Trugschluss jedoch auf.

"Wir warnen daher vor dem erhöhten Suchtpotential großer Jackpot-Lotterien." So werden im klassischen Glücksspiel an Automaten und in Spielbanken insbesondere solche Spiele nachgefragt, die große Einzelgewinne versprechen. Diese Tendenz bestätigt der Swisslos-Sprecher: "Je größer die Jackpots sind, desto größer ist die Zahl der Spieler." Eine einfache Rechnung - die auch der Deutsche Lottoblock verstanden hat.

Glücksrad war gestern

"Wenn ein Jackpot mehrere Male nicht geknackt wird, leiten viele Menschen daraus ab, dass die Gewinnchance steigt", erläutert Ilona Füchtenschnieder ein weiteres Problem. Frei nach dem Motto: Irgendwann muss es ja klappen.

Super-Lotterie: Erfolgsprodukt: Die Lotterie "Euro Millions" ist nicht nur in der Schweiz ein Publikumserfolg.

Erfolgsprodukt: Die Lotterie "Euro Millions" ist nicht nur in der Schweiz ein Publikumserfolg.

(Foto: Foto: dpa)

Diese Alltagsweisheit ist in dem Fall allerdings trügerisch. "Denn die statistische Wahrscheinlichkeit bleibt vollkommen gleich", so Füchtenschnieder. Eine weitere beliebte Falle ist der statistische Irrglaube, durch eine Erhöhung des Einsatzes könne die Gewinnchance deutlich erhöht werden. "Auch das ist fehlerhaft, denn jeder weitere Tipp bedeutet nur einen weiteren Einsatz bei gleicher Gewinnwahrscheinlichkeit."

Staatsvertrag fordert Begrenzung

Nicht nur diese offensichtlichen Gefahren großer Gewinnspiele, sondern auch die Vereinbarungen im Glücksspielstaatsvertrag stehen den Plänen des Lottoblocks entgegen. Schließlich verpflichtet der Vertrag die öffentlichen Betreiber von Glücksspielen auf den Leitsatz des Bundesverfassungsgerichts von 2006. Der besagt, dass das "Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten ist". Nur unter dieser Voraussetzung sieht das Gericht einen weiteren Fortbestand des Monopols als gerechtfertigt an.

Konsequent wäre vielmehr eine Beschränkung als eine Ausweitung des Jackpots solcher Riesenlotterien, sind sich Rechtsexperten einig. Entsprechend fordert der Fachverband Glücksspielsucht seit Jahren eine Begrenzung des maximalen Jackpots auf den Wert von fünf Millionen Euro.

Ganz anders argumentieren die Lottobetreiber. "Um den Markt weiter effektiv kontrollieren zu können, müssen wir attraktive Gewinnchancen bieten", meint Klaus Sattler. Er glaubt, dass viele Kunden ins Ausland oder auf kriminelle Anbieter ausweichen könnten, wenn das Glücksspiel aufgrund geringer Gewinnchancen in Deutschland an Attraktivität verlieren sollte.

Problematisch ist die geplante Super-Lotterie schließlich angesichts ihres potentiellen Klientels. "Es sind vor allem Menschen mit geringem Einkommen, die bei großen Jackpots in die Annahmestellen laufen", sagt Füchtenschnieder. Sie hoffen auf den großen Gewinn und das Ende aller finanziellen Sorgen - bei einer Gewinnchance von eins zu 140 Millionen.

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