Süßwarenhersteller im Clinch:Goldig, goldig

Es klang schon irgendwie unernst, als der Bundesgerichtshof die Rechtssache Haribo gegen Lindt zum Aufruf brachte. Die beiden Unternehmen streiten um den einzig wahren Bären.

Von Wolfgang Janisch

Natürlich klang es schon irgendwie unernst, als der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechtssache Haribo gegen Lindt zum Aufruf brachte. Und dann die Schokobären in Goldpapier auf dem Richtertisch, aufgestellt neben einem beachtlichen Aktenstapel - ein Grundsatzprozess aus der Süßwarenabteilung, den Deutschlands höchstes Zivilgericht zu verhandeln hatte. Aber wie ernst es dem - O-Ton Haribo - "Weltmarktführer im Fruchtgummi- und Lakritz-Segment" mit der Verteidigung des Goldbären ist, mag eine einzige Zahl illustrieren. Die Firma produziert 100 Millionen Goldbären - täglich.

Der Kern des Streits ist, kurz gesagt, ein Goldbär, der nicht so heißen darf. Die Firma Lindt & Sprüngli brachte 2011 jenen Schokobären mit Goldfolie und roter Schleife auf den Markt, sozusagen ein Geschwister des Lindt-Goldhasen und seiner weniger prominenten Familienmitglieder, dem Rentier und der Goldglocke. Weil aber der Goldbär für Haribo längst als Wortmarke geschützt war, durfte der goldene Bär aus dem Hause Lindt nicht so heißen; man nannte ihn also Teddy.

Haribo klagte, und vor Gericht hat sich daraus eine kuriose Konstellation ergeben. Auf der einen Seite der Goldbär, der so heißt, aber oft gar nicht so aussieht - er ist manchmal aus gelbem, manchmal aber auch aus rotem oder grünem Fruchtgummi. Auf der anderen Seite ein golden schimmernder Bär, der aber, siehe oben, anders heißt.

Für Axel Rinkler, den Anwalt von Haribo, ist das ein Fall, der mit einem Blick in die Kunstgeschichte zu lösen ist. "Ceci n'est pas une pipe", "Das ist keine Pfeife", schrieb der Maler René Magritte einst unter das Bild, auf dem eine Pfeife zu sehen war. Soll heißen: Lindt präsentiert einen Goldbären und sagt, es sei keiner. Obwohl jeder das goldfarbene Schokoteil als Goldbären erkenne. Haribo habe dieses Fantasieprodukt mit Inhalt gefüllt. Für den Anwalt ist offensichtlich, dass Lindt sich damit nur den guten Ruf von Haribos "überragend bekannter Marke" Goldbär für die Vermarktung des eigenen Schokobären nutzen wollte. Der Goldbär habe einen Bekanntheitsgrad von mehr als 95 Prozent, habe eine Umfrage vom September 2012 ergeben, und fast 90 Prozent hätten ihn dem richtigen Hersteller zugeordnet, also Haribo. Mit dem Auftritt des schokoladenen Konkurrenten seien die Antworten der Verbraucher diffuser und die falschen Zuordnungen häufiger geworden - eine "Beeinträchtigung der Kennzeichnungskraft" des ruhmreichen Goldbären, dessen Ursprünge bis in die 20er-Jahre zurückreichen.

Nun mag das, wie Lindt-Anwalt Reiner Hall anmerkte, auch mit dem sinkenden Stern des einstigen Haribo-Werbegesichts Thomas Gottschalk zu tun gehabt haben. Spielentscheidend könnte aber eine ganz andere Frage sein: Kann Haribo, indem es sich auf den Schutz seiner Wortmarke "Goldbär" beruft, der Konkurrenz den Vertrieb aller auch nur irgendwie golden schimmernden Bären untersagen, egal, ob diese klein, groß, dick, dünn sind? Oder wie es der Senatsvorsitzende Wolfgang Büscher ausdrückte: "Wie viele goldfarbene Bären kann der Goldbär erschlagen?" Der BGH wird sein Urteil am 23. September verkünden.

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