Subventionsbericht der Regierung:Wenn der Staat Milliarden verteilt

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Was finanziert der Staat mit Steuergeld? Die Antwort darauf gibt der neue Subventionsbericht der Bundesregierung. Immerhin kürzt der Bund die Subventionen um 20 Prozent, doch ist das wirklich ein Erfolg? Und wie viel staatliches Geld fließt eigentlich inoffiziell?

Claus Hulverscheidt

Im kleinen Einmaleins des Berufspolitikers finden sich in der Rubrik "Wie ich positive Schlagzeilen produziere" einige Standardforderungen, die in der Vergangenheit schon häufig zum Erfolg geführt haben. "Deutschland muss kinderfreundlicher werden" ist so eine Forderung, oder: "Wegschließen - für immer", wenn es um Sexualstraftäter geht. Oder: "Runter mit den Subventionen!"

Allerdings ist der Weg vom öffentlichen Beifall zum fürchterlichem Verriss mitunter überraschend kurz. Beispiel Subventionen: Wer nur ganz allgemein deren Abschaffung fordert, erhält viel Zustimmung. Wer aber zum Verzicht auf die Pendlerpauschale rät, hat sofort die gesamte deutsche Auto-Lobby am Hals.

Entsprechend erratisch gestaltet sich seit Jahrzehnten die Subventionspolitik aller Bundesregierungen - und Schwarz-Gelb hat daran nahtlos angeknüpft. Vor allem die FDP war zu Oppositionszeiten stets gegen die milliardenschweren Finanzhilfen und Steuervergünstigungen des Bundes zu Felde gezogen. Kaum regierten die Liberalen mit, wurden ein neues Mehrwertsteuerprivileg für Hoteliers und die Subventionierung von Elektroautos beschlossen. Nachzulesen ist all das im neuen, alle zwei Jahre erscheinenden Subventionsbericht, den die Regierung am Mittwoch vorgelegt hat.

Positiv gewendet lautet dessen Botschaft: Die Subventionen des Bundes werden im Berichtszeitraum - das sind die Jahre 2009 bis 2012 - um 5,8 Milliarden Euro oder satte 20 Prozent auf 22,6 Milliarden Euro sinken. Das klingt nach einem Erfolg, der sich bei näherem Hinsehen allerdings als weniger eindrucksvoll erweist: Das Basisjahr 2009 war nämlich jenes Jahr, in dem die damalige große Koalition die Subventionen wegen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise massiv nach oben schraubte.

Vergleicht man die jetzigen Planwerte für 2012 dagegen mit denen des Vorkrisenjahres 2008, ergibt sich nur ein geringfügiger Rückgang. Mal abgesehen davon, dass das Institut für Weltwirtschaft (IfW) ohnehin zu ganz anderen Zahlen kommt: Laut IfW sind die Subventionen fünf mal so hoch wie offiziell angegeben, weil die Politik viele Hilfen einfach nicht mitzähle - etwa für den Personennahverkehr, für Arbeitsmarktprogramme oder für die Autofahrer - Stichwort: Pendlerpauschale.

Subventionsbericht der Regierung
:Stütze für Schnapsbrenner

Wohin fließt das Geld des Staates? Die Bundesregierung hat ihren neuen Subventionsbericht vorgestellt. Weshalb der Bund den Absatz von Branntwein fördert und welcher Tabak steuerfrei ist - ein Überblick in Bildern.

Laut Bundesregierung sind staatliche Hilfen an die Wirtschaft oder die Bürger nicht generell schlecht. Sie könnten vielmehr "unter bestimmten Bedingungen ein legitimes Instrument der Finanzpolitik sein", heißt es im Subventionsbericht - nämlich dann, wenn sie den notwendigen Strukturwandel erleichterten, den Markteintritt neuer Anbieter und wichtiger Produkte beförderten oder zum Abbau regionaler Ungleichgewichte beitrügen.

Allerdings müssten die Zahlungen zeitlich befristet, fortwährend überwacht und jährlich rückläufig gestaltet werden. Das Problem ist nur: Genau das geschieht nicht - von Ausnahmen wie der Abwrackprämie für Alt-Autos einmal abgesehen. Im Gegenteil: Vor allem das Steuerrecht wimmelt nur so von Vergünstigungen, deren Sinn sich kaum jemandem mehr erschließt.

Wohin das führt, weiß auch die Koalition, wie sie im schönsten Beamtendeutsch einräumt: "Die Begünstigung Einzelner zu Lasten der Allgemeinheit auf Dauer hat in der Regel schädliche Folgen", heißt es im Bericht. "Die Subventionierung kann durch die dauerhafte Veränderung der relativen Preise gesamtwirtschaftliche Verzerrungen nach sich ziehen und Fehlallokationen der Ressourcen verursachen."

Dennoch traut sich die Politik nur selten, eine etablierte Subvention gegen den Widerstand der betroffenen Lobby-Gruppe wieder zu beseitigen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist die Subventionsquote jedenfalls seit vielen Jahren praktisch konstant.

Das heißt nicht, dass es keine Verschiebungen gäbe. So werden sich die Wohnungsbauhilfen zwischen 2009 und 2012 auf knapp 1,9 Milliarden Euro halbieren, weil die Eigenheimzulage schrittweise ausläuft - ein Beispiel für gelungenen Subventionsabbau. Die Verkehrssubventionen dagegen steigen um fast ein Viertel auf 2,7 Milliarden Euro. Größter Subventionsempfänger ist und bleibt die gewerbliche Wirtschaft, die etwa die Hälfte aller Zuwendungen kassiert.

Problematisch ist, dass sich das Verhältnis zwischen klassischen Finanzhilfen, also direkt gezahlten Subventionen, und Steuervergünstigungen immer weiter zugunsten letzterer verschiebt. Steuersubventionen sind jedoch in ihrer Höhe nicht limitiert, der Einnahmeausfall für den Staat kann nur geschätzt werden.

Auch gibt es bei den Empfängern große Mitnahme- und Gewöhnungseffekte. Im Ergebnis lassen sie sich deutlich schlechter wieder abschaffen, auch weil meist die Länder zustimmen müssen. Für die Zukunft des Subventionsabbaus verheißt das nichts Gutes.

© SZ vom 04.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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