Studie prangert Missstände in China an:Aldi-Angebote und die Arbeitsrechte

Billig-Computer und Billig-Mixer: Aldi lässt einer neuen Studie zufolge einen Großteil seiner Aktionsware unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen in China fertigen.

Auf eines ist Verlass: In schöner Regelmäßigkeit gibt es die Angebote bei Aldi. Beide, sowohl die Nord- wie auch die Südausgabe des Discounters, rufen jeweils montags und donnerstags zur Schnäppchenjagd auf - dann gibt es Aktionsware zum besonders günstigen Preis frisch im Sortiment.

Studie prangert Missstände in China an: Hauptsache billig: Die Aktionsware bei Aldi wird häufig unter katastrophalen Arbeitsbedingungen hergestellt.

Hauptsache billig: Die Aktionsware bei Aldi wird häufig unter katastrophalen Arbeitsbedingungen hergestellt.

(Foto: Foto: dpa)

Doch eine neue Studie prangert nun eklatante Missstände bei der Herstellung der Produkte für den Aldi-Konzern in chinesischen Zulieferbetrieben an. Untersuchungen der Wissenschaftlerin Ingeborg Wick von der globalisierungskritischen Organisation Südwind zufolge wird in Asien massiv gegen Arbeitsrechte verstoßen.

Für die aktuelle Studie befragte Wick rund 80 Beschäftigte aus sechs chinesischen Fabriken im Perlflussdelta, die Elektronikprodukte, Haushaltswaren, Kosmetika und Textilien an die Aldi-Gruppe liefern. Das Perlflussdelta gilt als exportintensivste Region Chinas.

"Nicht überraschend ist die Tatsache, dass es in keiner der untersuchten Fabriken irgendein funktionierendes System organisierter Arbeitsbeziehungen oder Organe zur Interessenvertretung der Beschäftigten gibt", heißt es in der Studie.

Geprüft wurden chinesische Betriebe verschiedener Branchen, in denen Aktionswaren für den größten deutschen Discounter hergestellt werden, berichtete das Südwind-Institut am Dienstag in Siegburg bei Bonn.

Mehr als 90 Wochenstunden gearbeitet

Pro Jahr bietet der Discounter rund 2500 Aktionsprodukte zu niedrigen Preisen an, beispielsweise Fahrräder, Gitarren, Computer, aber auch Küchengeräte und Textilien. Mit 40 Prozent wird ein Großteil der Angebote in China hergestellt.

Die "Schnäppchenhits" seien aber mit systematischen Verletzungen von Arbeits- und Frauenrechten bei globalen Zulieferern erkauft, bilanziert die Autorin der Studie nach Recherchen in dem Land.

Der Vorwurf: In China würden Arbeits- und Frauenrechte, wie sie in der arbeitsintensiven Industrie durch den Preisdruck von deutschen Importunternehmen typisch seien, verletzt.

"Die meist weiblichen Beschäftigten arbeiten bis zu 91 Stunden pro Woche und können dennoch von ihren kargen Löhnen kaum leben", berichtet Wick. Der Arbeitsdruck sei enorm, Fehler würden mit Geldbußen bestraft. Zudem würden grundlegende Rechte verletzt. Und: "Die Frauen erhalten weder Mutterschutz noch können sie unabhängige Gewerkschaften gründen", so Wick weiter.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Aktionsware für Discounter so wichtig ist.

Aldi-Angebote und die Arbeitsrechte

"Aktionswaren sind ein Schlüsselelement im Konkurrenzkampf von Unternehmen nicht nur im Lebensmitteleinzelhandel", heißt es in der 60-Seiten-Studie. Rund 20 Prozent seines Gesamtumsatzes erziele Aldi über den Verkauf von Aktionsware.

Das Unternehmen werde die Südwind-Studie prüfen, teilte Aldi-Süd auf Anfrage von sueddeutsche.de mit.

Broschüren an Kunden verteilt

2008 hatte Aldi allerdings in Reaktion auf ähnliche Vorwürfe in seinen Filialen Broschüren verteilt. Darin verwies Aldi darauf, Mitglied der Business Social Compliance Initiative (BSCI) zu sein, in der sich zahlreiche europäische Handelsunternehmen für die Einhaltung von arbeitsrechtlichen Standards bei ihren Zulieferern verpflichten.

Südwind allerdings kritisiert, dass es sich bei BSCI um eine Initiative handle, die lediglich auf Selbstverpflichtungen der Industrie basiere. Die Organisation verlangt von den Handelsunternehmen, sich stattdessen bindenden Regeln zu unterwerfen, wie sie vom EU-Parlament gefordert werden.

Die Organisation Südwind will mit ihrer Arbeit den Blick auf den Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Verbraucher in Industrieländern und den Lebensbedingungen der Produzenten in der dritten Welt lenken. Vor zwei Jahren hatte die Organisation bereits eine Studie über Aldi-Textilzulieferer mit ähnlichen Ergebnissen veröffentlicht. Die aktuelle Studie wurde wiederum von einer Weiterbildungsgesellschaft namens Inwent finanziell unterstützt.

Aldi beschäftigt insgesamt 190.000 Personen, davon 50.000 in Deutschland.

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