Studie:Es ist noch Kartoffelsalat da

Lesezeit: 2 min

Auch an den jüngsten Hauptversammlungen nahmen weniger Aktionäre teil als in den Vorjahren.

Von Meike Schreiber, München

Bei der Aktionärsdemokratie verhält es sich so ähnlich wie in der richtigen Demokratie: Es gibt offenbar nicht genug Anreize, sich einzubringen. Dass es auf Hauptversammlungen großer Konzerne traditionell Würstchen, Kartoffelsalat oder Linsensuppe für lau gibt - die so genannte Naturaldividende - scheint jedenfalls nicht auszureichen. Kein Wunder, handelt es sich bei diesem Ritual doch in der Regel um eine zähe Aneinanderreihung von Reden, Antworten, Zwischenrufen.

So nahmen auch an den diesjährigen Hauptversammlungen der Dax-Konzerne erneut weniger Aktionäre teil als in den Vorjahren, um über die Vorschläge des Managements oder die Entlastung von Vorständen und Aufsichtsräten abzustimmen. Die aktuelle Saison der Hauptversammlungen endete erst vor wenigen Tagen mit der Deutschen Post und Bayer.

Wie die Unternehmensberatung Barkow Consulting nun ermittelt hat, nahm die Aktien-Präsenz im Durchschnitt gegenüber dem Vorjahr weiter leicht um 0,5 Prozentpunkte auf 56,4 Prozent ab. "Das ist zwar kein Drama, aber noch 2012 lag dieser Wert bei 60,6 Prozent, von weiter zurückliegenden Jahren ganz zu schweigen", sagt Wolfgang Schnorr, Experte für Hauptversammlungen bei Barkow Consulting. Die niedrige Präsenz sei zudem verwunderlich, da sich inzwischen viel mehr Profi-Investoren darum kümmerten, wie sie ihren Einfluss geltend machen können.

Vorstand der Deutschen Bank schrammt bei Abstimmung nur knapp an einer Blamage vorbei

Dies drückt sich bisher offensichtlich nicht in höheren Präsenzen aus. Vermutlich nicht zur Sorge des Managements. Denn in der Regel kommen schlecht besuchte Treffen vor allem Vorstand und Aufsichtsrat entgegen, können sie ihre Vorschläge bei dünner Anwesenheit doch leichter durchsetzen - zumindest sofern sie wichtige Ankeraktionäre auf ihrer Seite haben. Vorvergangene Woche entging die Führung der Deutschen Bank ihrer Nicht-Entlastung, weil nur rund 30 Prozent der stimmrechtsfähigen Aktien bei diesem Tagesordnungspunkt mitstimmten.

Doch niedrige Präsenzen können auch zur Gefahr werden, zum Beispiel wenn es kritische Aktionäre auf das Unternehmen abgesehen haben. "Das ist eine Achillesferse für Unternehmen, denn ein Aktionär, der Wirbel macht, kann dann viel leichter durchgreifen", sagt Schnorr.

Durch eine niedrige Präsenz fielen 2015 nicht nur die Treffen der Deutschen Bank, sondern auch des Düngemittelherstellers K+S oder des Energiekonzerns Eon auf, wo jeweils nur etwa ein Drittel der stimmberechtigten Aktien anwesend war. Eine hohe Quote schafften wie die Jahre zuvor Volkswagen (91 Prozent), der Konsumgüterkonzern Henkel (89 Prozent) oder der Autozulieferer Continental (81 Prozent).

Ins Auge fiel auch die Lufthansa, die zwar mit Pilotenstreik und Dividendenstreichung Themen vorzuweisen hatte, die Aktionäre interessieren dürften, damit aber nur rund zehn Prozent weniger Anteilseigner auf ihr Aktionärstreffen locken konnten als im Vorjahr. Auch beim Industriekonzern Siemens (40 Prozent) ging die Präsenz mit fünf Prozentpunkten merklich zurück.

© SZ vom 02.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: