Studentische Unternehmensberatungen:Wenn Manager auf 19-Jährige hören

Die Zahl studentischer Unternehmensberatungen wächst: Die Firmen freuen sich über günstige Ratgeber - und der Nachwuchs macht wichtige Erfahrungen.

Björn Finke

Der Gründer war schon ein gestandener Unternehmer. Mit einem Teil seines Vermögens wollte er eine weitere Firma aufbauen, und zwar einen Lufttaxi-Betrieb, der Fahrgäste, sofern sie denn das nötige Kleingeld haben, schnell von Ort zu Ort fliegt. Um sich über Stärken und Schwächen seines Geschäftsplans klar zu werden, suchte er einen Sparringspartner, einen Berater. Er fand Jacqueline Schwenk, die sich gern an den Auftrag erinnert: "Mit so jemandem über seine Kalkulation zu diskutieren, war schon beeindruckend." Besonders, wenn man wie Schwenk damals erst 19 Jahre alt war und gerade das Studium begonnen hat.

Unternehmensberatung, Heddergott

In der studentischen Unternehmensberatung Academy Consult haben sich etwa 80 Studenten an Münchner Hochschulen organisiert, die sich neben den Vorlesungen als Berater für Firmen erproben.

(Foto: Foto: Andreas Heddergott)

Die junge Frau gehörte zu einem Team der studentischen Unternehmensberatung Academy Consult, das der Gründer gebucht hatte. In der Initiative haben sich etwa 80 Studenten an Münchner Hochschulen organisiert, die sich neben den Vorlesungen als Berater für Firmen erproben. Bundesweit gibt es zwischen 80 und 100 derartige Vereine an Universitäten. Das Interesse wächst. Es ist für beide Seiten ein lohnendes Geschäft: Der Nachwuchs - in der Mehrheit angehende Wirtschaftswissenschaftler - wendet sein theoretisches Wissen in der Praxis an und lernt den Berateralltag kennen. Die Betriebe erhalten Unterstützung zu einem günstigen Preis.

Prüfungen an der Uni und Zeitdruck im Job

Das Lufttaxi-Konzept war Schwenks erster Einsatz, inzwischen ist die Studentin der Volkswirtschaftslehre ein Jahr älter und um zwei Projekte erfahrener. Beim dritten Auftrag war sie Leiterin eines vierköpfigen Teams. In den Räumen von Academy Consult, nahe der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, stellt sie bei einem der abendlichen Treffen der Initiative die Ergebnisse vor. Eine lange Tischreihe, an der Wand ein Regal mit edel gebundenen Lexika, 30 Zuhörer, vor allem Männer. Am Kopfende des Tisches steht Jacqueline Schwenk und berichtet. Von dem Ziel, eine Markteintritts-Strategie für eine neue Internet-Jobplattform zu entwickeln. Davon, dass der Kunde möglicherweise einen Folgeauftrag vergeben will. Und von den Problemen, den Zeitplan trotz vieler Prüfungen an der Hochschule einzuhalten.

Die 20-Jährige wirkt ruhig, wippt nicht mit dem Fuß, verhaspelt sich nicht. Parallel zum Vortrag wirft der Beamer Folien an die Wand. Sie sehen ebenfalls sehr professionell aus. Man kann sich jetzt gut vorstellen, wie die junge Studentin im Besprechungsraum einer Firma steht, wie sie Managern die Resultate des Teams vorträgt. Das sichere Auftreten ist auch Ergebnis von Schulungen: Bei studentischen Beratungen wie Academy Consult durchlaufen die Mitglieder Seminare, in denen es etwa um Präsentationstechnik oder Projektleitung geht. "Das sind wichtige Grundlagen", sagt Schwenk, "aber so richtig lernt man die Beratungspraxis dann doch erst beim Kunden. Man muss sich ausprobieren." Lesen Sie auf der nächsten Seite, was die Jung-Berater verdienen.

Wenn Manager auf 19-Jährige hören

Allerdings ist das längst nicht sämtlichen Interessenten vergönnt. Zum Anfang jedes Semesters wählt die Initiative neue Mitglieder aus. Beim letzten Durchgang hat Academy Consult nach eigenen Angaben von 55 Bewerbern nur 16 genommen. Diese müssen sich zunächst in einer viermonatigen Probezeit bewähren und ein vereinsinternes Projekt auf die Beine stellen, zum Beispiel eine Umfrage unter Ehemaligen. Melden Unternehmen - meist aus dem Umland - Bedarf an, schreibt Academy Consult den Auftrag unter den Studenten aus. Aus den Interessenten stellt das Führungsgremium des Vereins, das Management Board, ein Team zusammen, dem immer auch ein unerfahrener Kollege angehört. Im vorigen Jahr seien zwei Dutzend Einsätze vermittelt worden, die im Schnitt auf je 20 Beratertage gekommen seien, berichtet die Initiative. Ein Beratertag bedeutet, dass ein Student acht Stunden gearbeitet hat.

300 Euro pro Beratertag für die Studenten

Das Honorar handelt die Gruppe selbst aus - Erfahrungssache, sagt Schwenk: "Ich merke, dass ich hierbei von Mal zu Mal sicherer auftrete." Die Studentin und ihre Mitstreiter erhielten von dem Internetportal 4000 Euro. 15 Prozent davon gehen an den Verein, den Rest teilt sich das Quartett. Der Initiative zufolge liegt die Bezahlung meist bei 300 Euro pro Beratertag. Damit bewegen sich die Münchner am oberen Rand der Empfehlungen des Bundesverbandes Deutscher Studentischer Unternehmensberatungen (BDSU): Die Organisation schlägt Sätze von 150 bis 300 Euro vor.

Beliebt bei Mittelständlern

Bei professionellen Beratungsgesellschaften werden Firmen schnell das Zehnfache los. Daher seien die studentischen Helfer insbesondere unter Mittelständlern sehr beliebt, erklärt BDSU-Vorstandschef Martin Gülck. Ein Kunde von Academy Consult ist Bilfinger Berger Industrial Services, eine Tochter des Baukonzerns, deren mehr als 21000 Beschäftigte sich vor allem um Instandhaltungsprojekte kümmern. Michael Schmitz, der Leiter der Personalentwicklung, hat mehrmals Aufträge an den Nachwuchs vergeben, zum Beispiel Untersuchungen darüber, wie Konkurrenten um Bewerber buhlen. "Bei überschaubaren Projekten sind die Studenten eine preiswerte Alternative zu den großen Beratungen", sagt der Manager: "Ich war mit der Qualität immer sehr zufrieden."

Doch auch die Studenten profitieren - und das nicht nur wegen des Honorars. "Ich habe viel Wichtiges gelernt: wie man ein Team leitet, wie man Kunden überzeugt, wie man Ergebnisse präsentiert", sagt Schwenk. Später will sie sich bei professionellen Beratungsfirmen bewerben. Dort trifft sie vielleicht Ex-Kollegen von Academy Consult wieder. Ein Drittel der Mitglieder landet hinterher bei McKinsey & Co., hat der Verein ermittelt. Früh übt sich, wer hoch hinaus will.

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