Strommarkt:RWE für Übernahme frei

Die kommunalen Anteilseigner am Energiekonzern RWE können ihre Sperrminorität offenbar nicht länger halten. Die Bundesregierung hat Hilfe im Fall eines Angriffes ausgeschlossen.

Der Industriekonzern Evonik hat offenbar seine Anteile an dem Energiekonzern verkauft. Das berichtet die Financial Times Deutschland. Die kommunalen Aktionäre bei dem Stromkonzern hatten ursprünglich geplant, die Anteile im März zu übernehmen. So wollten sie sich langfristig eine Sperrminorität sichern, um den Konzern vor feindlichen Übernahmen schützen zu können.

Strommarkt: Bald schon Spekulationsobjekt? Die Sperrminorität der Gemeinden bei RWE bröckelt.

Bald schon Spekulationsobjekt? Die Sperrminorität der Gemeinden bei RWE bröckelt.

(Foto: Foto: ddp)

Evonik hatte im September von der WestLB 0,6 Prozent der RWE-Anteile für rund 250 Millionen Euro erworben. Die kommunalen Aktionäre, deren Anteil an RWE seit Monaten stetig schrumpft, galten bisher als Schutzwall gegen feindliche Übernahmen. Von seinem Ziel, den Gesamtanteil stets über 25 Prozent zu halten und damit eine Sperrminorität zu sichern, sind die kommunalen Eigner inzwischen abgerückt.

Gemeinden wollen Aktienpakete loswerden

Nach Informationen der Zeitung teilte die Bundesregierung RWE-Chef Jürgen Großmann jetzt mit, dass sie "im Falle eines Angriffs nicht helfen kann". Wegen ihres hohen Eigenkapitals und ihrer starken Marktposition gelten die deutschen Energieunternehmen Eon und RWE grundsätzlich als attraktive Kaufziele. Lange Jahre war der Essener Konzern jedoch durch seine kommunalen Aktionäre geschützt.

"Wir haben immer noch mehr als 25 Prozent", teilte der Verband der Kommunalaktionäre mit. Das Problem: Viele Gemeinden planen den Verkauf ihrer wertvollen Aktienpakete. Mittelfristig wollen die Kommunen nun mindestens noch jene gut 15 Prozent halten, die sie aus steuerlichen Gründen gebündelt haben.

Evonik verliert durch die Transaktion mehrere Millionen Euro - das RWE-Papier hat seit dem Kauf rund zwölf Prozent an Wert eingebüßt.

Suche nach Übernahmeobjekten

RWE-Chef Großmann hatte nach seinem Amtsantritt im vergangenen Oktober angekündigt, für die Eigenständigkeit des Konzerns zu kämpfen. Auch wenn niemand den Versuch einer feindlichen Übernahme ausschließen könne, träfe "jeder Angreifer auf harten Widerstand von uns allen, ganz besonders von mir persönlich", sagte Großmann damals.

Mit vollen Kassen und dem Ziel, neue Märkte zu erobern, sucht RWE daher verstärkt nach Übernahmeobjekten. Außerdem werden eigene Aktien zurückgekauft. Der Einstieg in den russischen Strommarkt ist gerade gelungen, im Kampf um den Kernkraftkonzern British Energy sieht sich RWE im Kreis der Favoriten. Auch in Osteuropa will sich der Konzern an Kernkraftprojekten beteiligen. Bei einem Kernkraftprojekt in Bulgarien gilt RWE inzwischen als aussichtsreichster Kandidat.

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