Stromkonzerne:Was in der Energiepolitik falsch läuft

Die großen Energiekonzerne bieten ein Bild des Jammers. Das ist nicht nur ihre Schuld. Es hat mit der unbegreiflichen Eile zu tun, mit der die Bundesregierung nach der Katastrophe von Fukushima reagierte.

Ein Kommentar von Karl-Heinz Büschemann

Die großen Energiekonzerne bieten ein Bild des Jammers. Eon legte am Mittwoch die Bilanz für 2014 vor und präsentierte 3,2 Milliarden Euro Verlust. RWE hat am Tag zuvor schlechte Zahlen geliefert, und der Vorstandschef jammert, das Tal der Tränen sei noch nicht durchschritten. Bei EnBW und Vattenfall ist die Lage angespannt. Die früheren Giganten der Energieversorgung müssen rigoros sparen und Arbeitsplätze streichen. Die Zukunft dieser einstigen Gelddruckmaschinen ist unsicher wie nie zuvor.

Das hat mit dem schon seit den Neunzigerjahren geplanten Ausstieg der Bundesrepublik aus der Atomkraft zu tun, der die Betreiber von Kernkraftwerken treffen musste. Es hat vor allem mit der unbegreiflichen Eile zu tun, mit der die Bundesregierung nach der Katastrophe von Fukushima 2011 reagierte und an einem Wochenende den sofortigen Ausstieg verfügte. Die Konzerne erlitten Milliardenverluste.

Richtig ist: Ein Teil der Probleme der Stromkonzerne geht auf deren eigene Fehler zurück. Eon hat Milliarden in ausländischen Investitionen versenkt. Und alle Konzernchefs haben lange nicht begriffen, dass neue Zeiten gekommen sind, dass die erneuerbaren Energien auf dem Vormarsch sind und die Ära der Großkraftwerke von Eon oder RWE zu Ende geht.

Ein Teil der Malaise aber ist der Energiepolitik in Deutschland anzulasten, die kaum noch zu verstehen ist. Diese Energiepolitik ist richtig, weil sie den Ausstieg aus der Atomenergie betreibt und alternative Energie fördert. Und sie ist falsch, weil sie hektisch und für die Unternehmen nicht mehr berechenbar ist. Es fehlt ein Konzept; das aber braucht die größte Industrienation Europas in Zeiten zunehmender Globalisierung. Früher beherrschte die Politik die deutsche Energiewirtschaft. Stromkonzerne waren zum Teil in staatlicher Hand. Selbst nach der Privatisierung hielt sich der Staat nicht raus. Konzerne wie Eon sind das Resultat von Industriepolitik. Für die Fusion von Eon und dem Ruhrgas-Konzern hat die Bundesregierung sogar mit einer Ministererlaubnis die Bedenken des Bundeskartellamts ausgehebelt. In diesen Zeiten stimmten die Strompreise, die Versorgung war sicher.

Es fehlt Planungssicherheit, es fehlt Verlässlichkeit

Heute bekommt die Politik nicht einmal mehr den Bau einer Stromtrasse hin, die den Windstrom aus dem Norden in den Süden der Republik bringt. Horst Seehofer, der störrische Ministerpräsident Bayerns, sperrt sich gegen die Energiewende der Kanzlerin. Die heutige Energiepolitik erinnert in ihrer Kleinteiligkeit an die alten Zeiten, in denen es noch ein Bayernwerk, eine Preussag oder eine Veba gab. Die Preise für die Verbraucher sind hoch, und die Versorgungssicherheit ist gesunken.

Die Bundesregierung gibt erneuerbaren Energien den Vorrang, doch sie sagt nicht, was geschehen soll, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Sie erwartet, dass die Versorger dann ihre Gaskraftwerke anwerfen. Doch das Vorhalten dieser Reservekapazitäten will sie den Konzernen nicht bezahlen. Das kann nicht funktionieren. Solche Sturheit lässt das Risiko für Stromausfälle wachsen.

Die Bundesregierung muss zu einer pragmatischen Energiepolitik finden. Sie darf die Stromversorgung weder der partei- und landespolitischen Zankerei überlassen, noch darf sie dieses wichtige Gebiet den ideologischen Kämpfern ausliefern, für die alles gut ist, was von der Sonne kommt. Bei der Energiepolitik gilt wie bei allen Eingriffen des Staates in die Wirtschaft: Sie kann nicht nur Ziele verfolgen, die den großen Konzernen gefallen. Sie muss aber verlässlich sein und den Konzernen eine gewisse Planungssicherheit geben; die gibt es im Moment nicht. Das macht aus Eingriffen gefährliche Operationen.

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