Stromerzeugung:Brüssel ringt um die Kohle

Auch Kohlekraftwerke könnten demnächst in den Genuss von Förderungen der Europäischen Union kommen. Der Streit darüber spitzt sich nun innerhalb der Kommission zu.

Eine Woche vor der Veröffentlichung eines "Winterpakets" zur Zukunft des europäischen Strommarktes spitzt sich der Streit innerhalb der EU-Kommission zu. Im Zentrum stehen mehrere Papiere, die kommende Woche veröffentlicht werden sollen, darunter eine Sektoruntersuchung zu sogenannten "Kapazitätsmechanismen". Das sind Eingriffe in den Strommarkt, mit denen konventionelle Kraftwerke am Leben gehalten werden sollen - ungeachtet der wachsenden Konkurrenz durch Ökostrom. Zwischen den EU-Mitgliedern ist das Instrument umstritten. Deutschland etwa will dem Markt überlassen, welche Kraftwerke überleben und welche nicht.

In einem Entwurf für die Sektoruntersuchung aber kommt die Kommission zu einem anderen Ergebnis, das Papier liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Demnach seien Kapazitätsmechanismen, wie sie etwa in Großbritannien verwandt werden, die "angemessenste Lösung" des Problems. Vorgaben für die Brennstoffe lehnt die Kommission ab - womit auch Kohlekraftwerke in den Genuss der Zahlungen kommen könnten. Langfristige Risiken müssten minimiert werden, um auch Investitionen in Großkraftwerke zu erlauben. Die aber laufen meist mit Kohle oder Atom.

Längst ist innerhalb der Kommission ein Streit entbrannt, welche Rolle im Winterpaket erneuerbare Energien spielen sollen - und welche fossile. Dem Vernehmen nach hatten sich die drei beteiligten EU-Kommissare Miguel Arias Cañete (Energie und Klimaschutz), Maroš Šefčovič (Energieunion) und Margrethe Vestager (Wettbewerb) im Grundsatz darauf verständigt, die künftige Rolle von Kohlekraftwerken zu begrenzen. Doch auf der Ebene der für die Ausarbeitung der Papiere zuständigen Generaldirektionen wird erbittert gerungen. So berufen sich etwa Vestagers Beamte auf den juristischen Dienst der EU-Kommission, der zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Förderung fossiler Energien nicht beschränkt werden dürfe, schließlich hätten erneuerbare Energien in der Vergangenheit sehr viel finanzielle Unterstützung unterhalten.

Der Europaabgeordnete Jo Leinen (SPD) monierte die innerhalb der Brüsseler Behörde errichteten Blockaden. "Es gibt Leute in der Kommission, die den erneuerbaren Energien das Leben schwer machen. Das ist aufs Heftigste zu kritisieren", sagte der Sozialdemokrat.

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