Streit zwischen Moskau und Minsk eskaliert:Bangen in Deutschland um Öl-Versorgung

Nach einem Streit mit Weißrussland hat Russland Öl-Lieferungen durch das Nachbarland gestoppt. Als Folge versiegte der Nachschub in deutschen Raffinerien.

Daniel Brössler und Karl-Heinz Büschemann

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) zeigte sich besorgt über die Entwicklung: Die russische Pipeline-Gesellschaft Transneft schloss am Montag wegen eines Streits mit Weißrussland eine wichtige Öl-Leitung durch das Nachbarland und beschnitt damit auch die Versorgung Deutschlands.

Streit zwischen Moskau und Minsk eskaliert: Die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt verarbeitet Rohöl aus Russland, das über die Pipeline "Druschba" (Freundschaft) angeliefert wird.

Die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt verarbeitet Rohöl aus Russland, das über die Pipeline "Druschba" (Freundschaft) angeliefert wird.

(Foto: Foto: dpa)

Transneft begründete dies am Montag damit, dass Weißrussland sich illegal mit Öl aus der Pipeline ,,Druschba'' (Freundschaft) versorge.

,,Weißrussland hat am 6. Januar einseitig und ohne Vorankündigung mit der unerlaubten Entnahme von Öl aus der Druschba-Pipeline begonnen, die ausschließlich für den Transport zu den Verbrauchern in Westeuropa bestimmt ist'', sagte am Montag der Chef der Transneft, Semjon Wainstok.

Minsk wehrt sich gegen Vorwürfe

Minsk wies die Vorwürfe zurück. ,,Die Republik Weißrussland hat die Öl-Durchleitung über sein Territorium in dritte Länder nicht unterbrochen'', versicherte der Sprecher des Außenministeriums in Minsk, Andrej Popow.

Es sei ,,nicht die Schuld Weißrusslands'', dass der Druck in der ,,Druschba''-Pipeline reduziert worden sei.

Am Montag wurde die Versorgung Deutschlands mit Öl aus der Leitung unterbrochen. Betroffen waren zwei Raffinerien. Eine steht in Schwedt an der polnischen Grenze, die andere in Leuna.

Genügend Reserven

Sprecher der Betreiberfirmen bestätigten den Ausfall. Es gebe aber genügend Ölreserven, um die Anlagen weiterzubetreiben. Vertreter der Industrie reagierten überrascht vom russischen Vorgehen.

Wirtschaftsminister Glos sagte: ,,Ich fordere die russischen und weißrussischen Stellen auf, ihren Liefer- und Transitverpflichtungen nachzukommen.''

Die Auswirkungen des Lieferstopps seien momentan jedoch nicht dramatisch. Die deutschen Erdölvorräte reichten für 90 Tage.

Allerdings ist Russland der größte Öllieferant Deutschlands. Die 1963 fertiggestellte Leitung lieferte im vergangenen Jahr etwa 23 Millionen Tonnen Rohöl. Das sind 20 Prozent des deutschen Bedarfs.

Bangen in Deutschland um Öl-Versorgung

Der Sprecher des weißrussischen Außenministeriums bekräftigte indessen die Forderung an Russland, es solle einen Transportzoll für die Durchleitung von Öl entrichten.

Streit zwischen Moskau und Minsk eskaliert: Die wichtigsten Pipelines aus Russland nach Westeuropa.

Die wichtigsten Pipelines aus Russland nach Westeuropa.

(Foto: Karte: SZ)

Die Regierung in Moskau reagierte umgehend in scharfer Form. Der stellvertretende Minister für Wirtschaftsentwicklung, Andrej Scharonow, warnte das Nachbarland vor einem Handelskrieg. ,,Man sollte nicht vergessen, dass Russland der größte Absatzmarkt und Wirtschaftspartner Nummer eins Weißrusslands ist'', sagte er dem russischen Radiosender Echo Moskwy.

Moskau lehnt Zölle kategorisch ab

Russland sei daher in der Lage, ,,adäquate Gegenmaßnahmen'' zu ergreifen. Er machte klar, dass Moskau zur Zahlung von Transportzöllen auf Öl nicht bereit sei. ,,Unsere Position ist es, dass jedwede Gespräche erst beginnen können, nachdem die ungesetzlichen Transportzölle auf russisches Öl aufgehoben sind'', sagte er.

Als Vergeltungsmaßnahme für die Verdoppelung des Gastarifs durch Russland hatte Weißrussland zu Jahresbeginn die Einführung einer Transitgebühr von 45 Dollar pro Tonne auf russisches Öl verkündet.

Das Öl wird zum Teil durch Weißrussland in den Westen exportiert. Begründet wurde dies unter anderem mit der Einführung einer Abgabe von 180 Dollar pro Tonne auf russische Ölexporte nach Weißrussland. Mit der Abgabe will Russland verhindern, dass Weißrussland das Öl verarbeitet und mit Gewinn weiterverkauft.

Ölpreis steigt kräftig

Der Ölpreis stieg kräftig, nachdem die Nachricht von der Liefersperre bekannt geworden war. Die Nordsee-Ölsorte Brent verteuerte sich um über einen Dollar je Fass (159 Liter) auf fast 57 Dollar.

Der Vize-Präsident von Transneft, Sergej Grigorjew, sagte der Agentur Reuters, man hoffe, am Dienstag mit Weißrussland reden zu können. Grigorjew sagte, die Weißrussen hätten die neuen Transitgebühren in Form des entnommenen Öls kassieren wollen.

Bereits vor einem Jahr hatte ein Streit Russlands mit dem Nachbarn Ukraine zu einem kurzzeitigen Stopp von Gaslieferungen an Westeuropa geführt.

Leidiges Thema Gaspreise

Ein Zwist über Gaspreise hatte auch das Verhältnis von Weißrussland und Russland belastet. Durch Weißrussland laufen etwa 20 Prozent der russischen Gasexporte nach Europa.

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