Streit um Mietpreisbremse:Abkühlung für den überhitzten Immobilienmarkt

Steigende Mieten betreffen mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Und so hat nicht nur die Opposition, sondern auch die Kanzlerin die Mietpreisbremse als lohnendes Wahlkampfthema erkannt. Schade ist nur, dass jetzt darüber diskutiert wird, wer zuerst die Idee hatte - statt darüber, ob es sich überhaupt um eine gute Idee handelt.

Ein Kommentar von Daniela Kuhr, Berlin

Vor etwa fünf Jahren war eine Drei-Zimmer-Altbauwohnung in Berlin in einem guten Viertel noch für 720 Euro zu mieten. Kündigt dieser Mieter nun, ist das die größte Freude, die er seinem Vermieter machen kann. Denn damit kann der auf einen Schlag deutlich mehr Geld verlangen: etwa 1000 Euro kalt. Das ist ein Plus von 40 Prozent - und leider kein fiktives Beispiel.

Solche drastischen Erhöhungen bei einer Wiedervermietung sind mittlerweile üblich, in Berlin, aber auch in anderen Ballungsgebieten Deutschlands - mit allen Folgen, die dazu gehören. Menschen, die warum auch immer gezwungen sind, aus ihrer alten Wohnung auszuziehen, müssen ihr vertrautes Viertel verlassen, weil die Mieten dort so stark angezogen haben, ihr Gehalt aber leider nicht. Selbst für Gutverdiener ist es in einigen Städten schwer geworden, eine schöne Wohnung in einer guten Gegend zu finden.

Diese Entwicklung zu ignorieren, kann sich die Politik nicht erlauben; erst recht nicht in einem Wahljahr. Von den etwa 40 Millionen Wohnungen, die es zurzeit in Deutschland gibt, sind knapp 24 Millionen vermietet. Die Frage, wie stark Mieten steigen dürfen, betrifft also mehr als die Hälfte der Bevölkerung.

Und so hat nach Grünen, Linken und SPD inzwischen auch die Bundeskanzlerin erkannt, dass sich das Thema für den Wahlkampf eignet. Mietpreisbremse, so heißt das Zauberwort, auf das auf einmal alle setzen. Sie würde bedeuten, dass Mieten bei einer Wiedervermietung nicht mehr frei erhöht werden können, sondern nur noch einen gewissen Prozentsatz über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Bedauerlich ist nur, dass im Moment mehr darüber diskutiert wird, wer zuerst die Idee hatte - statt darüber, ob es sich bei der Mietpreisbremse denn überhaupt um eine gute Idee handelt.

Die Logik der FDP

Die FDP ist überzeugt, dass das nicht der Fall ist. Ihr Haupteinwand lautet, dass keine Wohnungen mehr gebaut werden, wenn eine solche Bremse existiert. Natürlich investieren Menschen nur dann in einen Neubau, wenn es sich für sie lohnt. Sie müssen eine gewisse Rendite erwirtschaften, sonst stecken sie ihr Geld lieber in eine andere Finanzanlage. Wenn aber nicht mehr gebaut wird, würde sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt nur verschärfen, sodass Mieter es noch schwerer hätten, meint die FDP - und mit ihr die Wohnungswirtschaft.

Nun wollen zwar SPD, Grüne und Union Neubauten von der Bremse ausnehmen, mittelbar wären sie allerdings in der Tat betroffen. Denn wenn ältere Wohnungen deutlich billiger zu haben wären, müssten auch Vermieter von Neubauwohnungen mit dem Preis heruntergehen. Insofern klingt der FDP-Einwand zunächst logisch.

Allerdings nur dann, wenn eine Mietpreisbremse zwangsläufig jede Rendite zunichte machen würde. Doch das fordert ja niemand. Um bei dem Beispiel der Drei-Zimmer-Wohnung in Berlin zu bleiben: Es ist ja nicht etwa so, dass der Vermieter vorher nur Verluste erwirtschaftet hat. Auch sind seine Kosten mit Beendigung des Mietverhältnisses nicht über Nacht um 280 Euro gestiegen. Nein, nur sein Vorsteuergewinn steigt künftig um diesen Betrag. Gäbe es eine Mietpreisbremse, würde er vielleicht nur 100 Euro monatlich mehr einnehmen. Würde er wirklich nur deshalb den Kauf der Wohnung bereuen?

Gute Wohnungspolitik, damit Reich und Arm nicht auseinanderdriften

Natürlich müssen Mieten Kosten decken. Natürlich dürfen sie auch weiter steigen. Die Frage ist nur, wie schnell und wie stark sie steigen dürfen. Wenn in Ballungsräumen eine Mietpreisbremse klug und moderat eingeführt würde, dann wären sehr wohl Gewinne weiterhin möglich - nur eben nicht in unbegrenzter Höhe.

Es wird in diesem Wahlkampf viel über Umverteilung gesprochen; meist geht es dabei um Vermögensteuern. Doch auch gute Wohnungspolitik kann dazu beitragen, dass Reich und Arm nicht immer weiter auseinanderdriften. Wichtig ist zum Beispiel eine steuerliche Förderung, die es ermöglicht, dass auch Menschen mit kleineren Einkommen leichter Wohneigentum bilden können.

Dass Immobilien zuletzt so teuer geworden sind, liegt auch daran, dass viele Wohlhabende in der Finanzkrise ihr Geld in Wohnungen angelegt haben - in der Hoffnung, mit hohen Mieten mehr Rendite als auf dem Sparbuch zu erzielen. Wenn nun aber diese Mieten wegen einer Preisbremse nicht ganz so ins Unermessliche steigen wie erhofft, würde sich der überhitzte Immobilienmarkt ein bisschen abkühlen. Dann würden sich endlich mehr Menschen eine Wohnung kaufen können, um selbst darin zu wohnen, und nicht nur, um damit Geld zu verdienen. Auch das spricht für eine moderate Mietpreisbremse. Die Bremse fördert die Anschaffung von Wohnungseigentum.

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