Streit um Dumping:EU und China einigen sich auf Mindestpreise für Solarimporte

Es geht um den Marktwert von 21 Milliarden Euro pro Jahr: Der Streit um angeblich spottbillige chinesische Solarimporte belastete über Monate die Beziehungen zwischen der EU und der asiatischen Großmacht. Nun haben die Konfliktparteien sich auf Mindestpreise für die Produkte aus China geeinigt. Doch es gibt weitere Konfliktfelder.

Streit um Dumping: EU und China einigen sich im Streit um angeblich künstlich verbilligte Solarimporte.

EU und China einigen sich im Streit um angeblich künstlich verbilligte Solarimporte.

(Foto: AFP)

China und die Europäische Union haben ihren Handelsstreit über chinesische Solarimporte beigelegt. Nach einem langen Tauziehen einigten sich beide Seiten auf Mindestpreise für Importe chinesischer Solarprodukte in die EU, wie EU-Handelskommissar Karel De Gucht in Brüssel mitteilte. Auch eine Mengenbegrenzung soll es geben.

De Gucht sprach von einer "freundschaftlichen Lösung". Nach Angaben von Diplomaten soll ein Mindestpreis von 56 Cent pro Watt Leistung gelten. Die Gesamtmenge der chinesischen Importe an Solarpaneelen in die EU soll gedeckelt werden, und zwar umgerechnet in Leistung auf sieben Gigawatt pro Jahr. Chinesische Firmen, die sich auf diese Bedingungen einlassen, müssen keine Strafzölle fürchten.

Für alle anderen gelten ab dem 6. August Strafzölle in einer Spanne zwischen 37,2 und 67,9 Prozent, wie EU-Handelskommissar De Gucht am 6. Juni erklärt hatte. Etwa 90 Firmen dürften sich laut EU-Kommission auf die Bedingungen einlassen, das entspreche 60 Prozent der in der EU durch Solarpaneele erzeugten Leistung.

EU-Hersteller kündigen umgehend Klage an

Die EU-Kommission hatte die Strafzölle damit begründet, dass angesichts der Billig-Konkurrenz aus China 25.000 Arbeitsplätze in der kriselnden europäischen Solarbranche in akuter Gefahr seien. Als die EU Anfang Juni dann vorläufige Strafzölle von 11,8 Prozent verhängte, verschärfte auch Peking prompt die Gangart.

"Wir sind zuversichtlich, dass diese Preisverpflichtung den europäischen Solarpaneel-Markt stabilisieren und den Schaden beseitigen wird, der der europäischen Industrie durch die Dumping-Praktiken entstanden ist", erklärte De Gucht nun. Der Kompromiss werde "zu einem neuen Gleichgewicht auf dem europäischen Markt für Solarpaneele und zu einem stabilen Preisniveau führen".

Die EU-Kommission kündigte für Montag eine Pressekonferenz des Kommissars an. In den nächsten zehn Tagen will die Brüsseler Behörde den Kompromiss offiziell beschließen, nach Beratungen mit den EU-Staaten.

Der Kompromiss zeige die "pragmatische und flexible Haltung beider Seiten", sagte der Sprecher des Handelsministeriums, Shen Dayang, am Samstag in Peking. Die Einigung fördere "offene, kooperative, stabile und nachhaltige Wirtschafts- und Handelbeziehungen zwischen China und der EU", zitierte ihn die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.

Die EU-Hersteller-Initiative Pro Sun, die das Dumpingverfahren angestoßen hatte, kündigte umgehend Klage vor dem Europäischen Gerichtshof an: "Eine Einigung auf dem Level der heutigen Dumpingpreise verstößt gegen EU-Recht", sagte Pro-Sun-Präsident Milan Nitzschke.

Der Fall ist wegen des hohen Marktwertes der Einfuhren von geschätzt 21 Milliarden Euro pro Jahr beispiellos. Die EU kritisiert, dass chinesische Solarhersteller durch staatliche Unterstützung ihre Produkte in der EU unter Herstellungswert verkaufen könnten.

Strafzölle auch in der EU umstritten

Die vorläufigen Strafmaßnahmen waren unter den Mitgliedstaaten der EU äußerst umstritten. Trotz des Widerstandes Deutschlands und 17 weiterer Länder hatte die EU-Kommission die vorläufigen Strafzölle verhängt. Gegner der Strafzölle hatten vor einem Handelskrieg mit China gewarnt.

Mit der jetzt erreichten Einigung im Solarstreit wächst die Hoffnung, dass Peking auch in anderen Bereichen wieder auf die EU zugeht. So hatte China ein Anti-Dumping-Verfahren gegen europäischen Wein eingeleitet, das als Vergeltungsaktion gewertet worden war, um den Druck auf die Solar-Verhandlungen zu erhöhen. China verwies auf die europäischen Subventionen für Weinbauern und beklagte, dass mit dieser Hilfe europäischer Wein in China unter dem eigentlich angemessenen Preis angeboten werden könne.

Außerdem ermittelt China bei Importen legierter Stahlrohre und spezieller Chemieprodukte aus der EU. Gegen Dumping kann jedes Land nach Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) vorgehen, um die heimische Industrie vor unfairer Konkurrenz zu schützen.

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