Streit um die Erbschaftsteuer:"Eine untragbare Last"

Noch ist sie nicht entschieden: die Reform der Erbschaftsteuer. Und bei dem Streit zwischen Union und SPD könnte sich auch noch einiges daran ändern. Die Zeit drängt.

Daniela Kuhr

Es gibt momentan kaum ein Thema, das Familienunternehmer mehr bewegt als die geplante Reform der Erbschaftsteuer. "Eine untragbare Last" werde den Firmen auferlegt, sagt Ludwig Georg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. So mancher Unternehmer erwägt angeblich bereits den Wegzug - schließlich kann es schnell um viele Millionen Euro gehen. Roland Mack etwa, der Inhaber des Europa-Parks Rust, erzählte dem Magazin Focus, dass seinen Kindern 300 Millionen Euro Erbschaftsteuer drohen, wenn er den Park mit den 3000 Mitarbeitern an sie übergibt.

Streit um die Erbschaftsteuer: Noch ist die geplante Reform nicht entschieden - und die neue Erbschaftsteuer könnte auch noch abgeändert werden.

Noch ist die geplante Reform nicht entschieden - und die neue Erbschaftsteuer könnte auch noch abgeändert werden.

(Foto: Foto: dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ein Einsehen. Am Montag sagte sie vor rund 1000 Unternehmern: "Der Gesetzentwurf, so wie er jetzt auf dem Tisch liegt, muss gravierende Änderungen erfahren. Ein Deutschland ohne Familienunternehmen ist nicht mein Deutschland." Die Zeit drängt: Wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts muss die Reform bis zum Jahresende beschlossen sein, andernfalls fällt die Erbschaftsteuer von Januar an komplett weg.

Massive Korrekturen gefordert

Vor allem die wahlkämpfende CSU läuft in diesen Tagen Sturm gegen den Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Auch CDU-Politiker fordern mittlerweile massive Korrekturen. Ihre Kritik richtet sich im Wesentlichen gegen zwei Punkte: die Bedingungen, unter denen Betriebsvermögen von der Steuer weitgehend verschont werden soll, und die angebliche Diskriminierung von Verwaltungsvermögen.

Bislang sieht der Vorschlag der Regierung so aus: Wenn Betriebsvermögen vererbt wird, sollen 85 Prozent der Erbschaftsteuerschuld erlassen werden, sofern zehn Jahre lang die Summe aller Löhne im geerbten Betrieb nicht stärker gesenkt wird als auf 70 Prozent der Ausgangssumme und wenn das Betriebsvermögen 15 Jahre erhalten bleibt.

Verstößt der Erbe dagegen, wird die komplette Erbschaftsteuer fällig. Die SPD hat bei diesem Punkt bereits Einlenken signalisiert - es gilt als sicher, dass die "Haltefrist" von 15 auf zehn Jahre verkürzt wird. Auch soll die sogenannte Fallbeilregelung weg: Verkauft der Erbe nach ein paar Jahren, würde die Steuer dann nicht mehr in voller Höhe fällig, sondern nur anteilig nach der Zahl der Jahre, in denen der Betrieb weitergeführt wurde.

Die Kritik reicht jedoch weiter. Besteht das Betriebsvermögen zu mehr als 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen, soll es von der Erbschaftsteuer nicht verschont werden: Verwaltungsvermögen gilt in den Augen der Regierung als unproduktiv und soll daher nicht begünstigt werden. "Das ist ein Unding", sagt Christian von Stetten, der zuständige Berichterstatter der Unionsfraktion zur Erbschaftsteuer. Brauereien oder Immobilienunternehmen, die oft einen großen Anteil an Verwaltungsvermögen hätten, würden damit diskriminiert. "Und hier zeigt die SPD bislang auch keinerlei Kompromissbereitschaft", sagt Stetten.

Entscheidung im Oktober

Es stehen also noch harte Verhandlungen an. Die Kritiker können sich auf namhafte Experten stützen: So kritisiert etwa der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof den hohen Aufwand, der auf Verwaltung und Unternehmen zukäme. Die Steuer verfehle ihren Zweck, "wenn die Kosten des Verwaltungsaufwands das Steueraufkommen fast zu verzehren drohen", schreibt Kirchhof in einem Thesenpapier. "Die Steuer ist dann ungeeignet, also unverhältnismäßig." Durch die Vorgaben zur Lohnsumme und zu den Haltefristen werde "die Eigentümerfreiheit unerträglich verengt, insbesondere wenn der Erbe den Betrieb von Handarbeit auf maschinelle Produktion umstellen muss oder wenn ein gefährdeter Betrieb nur durch Verringerung der Lohnkosten gerettet werden kann".

Trotz der Differenzen gehen die Koalitionspartner davon aus, dass sie sich am 6. Oktober - also nach der Bayernwahl - einigen. Am 17. Oktober soll das Gesetz vom Bundestag beschlossen werden und am 7. November vom Bundesrat.

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