Streit über die Opel-Rettung:"Geprügelt wie die Kesselflicker"

Der Rettungsplan für Opel steht - und sorgt sofort für heftigen Streit in der Koalition und innerhalb der Union. Im Mittelpunkt: Wirtschaftsminister Guttenberg.

Das Opel-Rettungskonzept der Regierung ist am Sonntag bei einer Sondersitzung des Bundestags- Haushaltsausschusses trotz vieler Bedenken gebilligt worden. Jedoch wurden nach Angaben von Oppositionspolitikern erneut massive Differenzen in der Koalition sichtbar.

Streit über die Opel-Rettung: Trotz der Rettung werden bei Opel Arbeitsplätze wegfallen: Am stärksten betroffen ist nach bislang vorliegenden Informationen das Bochumer Werk.

Trotz der Rettung werden bei Opel Arbeitsplätze wegfallen: Am stärksten betroffen ist nach bislang vorliegenden Informationen das Bochumer Werk.

(Foto: Foto: dpa)

Im Mittelpunkt des Streits: Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der weiter Vorbehalte gegen das vereinbarte Rettungspaket rund um den Investor Magna äußerte.

Zuvor hatte das Milliarden-Rettungspaket die letzten Hürden genommen. Die Haushaltsausschüsse der Bundesländer Hessen und Nordrhein-Westfalen stimmten für eine Beteiligung ihrer Bundesländer an dem Opel-Rettungskonzept.

Damit können die Opel-Belegschaften erstmals seit vielen Wochen wieder Hoffnung schöpfen. Allerdings bleiben noch wichtige Fragen offen, zunächst vor allem zum Thema Arbeitsplatzabbau. Magna will alle vier deutschen Opel-Standorte erhalten und nach Angaben von Hessens Ministerpräsident Roland Koch innerhalb von fünf Jahren rund 500 Millionen Euro "ohne irgendeine Form von Sicherheit" bei Opel investieren. Im Gegenzug würden in den deutschen Werken "etwas mehr als 2000 Arbeitsplätze" gestrichen, sagte Koch der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Am stärksten betroffen ist nach bislang vorliegenden Informationen das Bochumer Werk. Nach Darstellung von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) würden dort statt wie bisher mehr als 5000 nur noch 3200 Stellen bleiben.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) distanzierte sich klar von den Vorstellungen Guttenbergs. Eine geplante Insolvenz für den Autohersteller hätte "den Steuerzahler in ziemlich gleicher Höhe beansprucht" wie die nun beschlossene Brückenfinanzierung rund um den Investor Magna, sagte Koch in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Er halte es für "schwierig bis unmöglich", aus Insolvenzverfahren in sechs europäischen Ländern eine neues Unternehmen Opel Europa zu schmieden. Die Hoffnung auf eine positive Entwicklung sei im Fall einer Brückenfinanzierung größer.

Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Jürgen Koppelin, sagte im Anschluss an die nicht-öffentliche Sitzung des Haushaltsausschusses, die Vertreter der großen Koalition hätten "sich geprügelt wie die Kesselflicker". Nach der Erläuterung durch die Regierung sehe er in dem vorgelegen Konzept zwar "eine Chance für Opel, allerdings auch erhebliche Risiken". Die FDP werde das Konzept "begleiten".

Koppelin zeigte Verständnis, dass Guttenberg - "völlig allein gelassen von der Kanzlerin" - sich letztlich der Kabinettsdisziplin unterworfen habe. Der Wirtschaftsminister hatte sich im Fall Opel für die Einleitung eines geordneten Insolvenzverfahrens ausgesprochen, konnte sich damit aber im Kabinett nicht durchsetzen. Er bekräftigte seine viel kritisierte Position ein weiteres Mal: "Der Staat läuft Gefahr, sich erpressbar zu machen, wenn er einmal großzügig hilft", sagte er der Welt am Sonntag.

Lob für die Staatsgarantie kam von Vizekanzler und SPD- Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. "Alle Konzepte sahen Abbau vor. Mit dem Magna- Konzept erhalten wir nicht nur die vier deutschen Standorte, sondern auch die größtmögliche Zahl an Arbeitsplätzen", sagte er der Bild am Sonntag.

Unterstützung bekam Guttenberg vom Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans-Heinrich Driftmann. "Eine geordnete Insolvenz wäre im Zweifel besser gewesen!, sagte er im Deutschlandfunk. Er äußerte Zweifel an einer sicheren Lösung: "Wer Erfahrungen hat in internationalen Verträgen, gerade in transatlantischen, der weiß, dass es noch Überraschungen in letzter Minute geben kann."

Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Otto Bernhardt (CDU), sagte der Deutschen Presse- Agentur dpa: "Mit diesem Konzept steht noch nicht fest, dass es Opel in drei Jahren noch geben wird." Der Zeitdruck sei nicht zuletzt wegen der Wahlen "verheerend" gewesen. Es sei gut, dass in der Unionsfraktion nicht über den Rettungsplan abgestimmt werde - eine Zustimmung wäre aus Bernhardts Sicht "nicht sicher".

Der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Steffen Kampeter (CDU), nannte die Treuhandlösung zur Rettung von Opel einen "Schutzschirm für den deutschen Steuerzahler". Das Konzept verhindere, "dass Steuergelder in die USA fließen", etwa zur Sanierung der Opel-Mutter General Motors (GM). Er sprach zugleich von der "Gefahr des Staatsinterventionismus" und stellte sich damit hinter Guttenberg.

Für die Abgeordnete der Linksfraktion, Gesine Lötzsch, hat die Sondersitzung des Haushaltsausschusses gezeigt, wie sehr die Koalition zerstritten sei. Es sei "unverantwortlich, dass der Koalitionsstreit auf dem Rücken der Opelianer ausgetragen wird".

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, nannte das Modell der Brückenfinanzierung "ein tragfähiges Konzept", dem auch die anderen Landtage zugestimmt hätten. Er erwarte nun von Wirtschaftsminister Guttenberg, dass er nicht länger von Insolvenz bei Opel rede und sich voll für das Rettungskonzept einsetze.

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