Streit mit Sal Oppenheim:Richter macht Schickedanz wenig Hoffnung

Madeleine Schickedanz

War nicht im Gericht: Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz

(Foto: dpa)

Es ist einer der größten Schadenersatzprozesse seit langem: Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz fordert von ihren früheren Vermögensberatern insgesamt 1,9 Milliarden Euro, weil sie sich schlecht beraten fühlt. Schon zum Prozessauftakt äußert der Richter aber Zweifel an ihrer Darstellung.

Ein Sitz ist leer geblieben im Gerichtssaal. Die Ex-Milliardärin Madeleine Schickedanz erscheint nicht persönlich zum Prozessauftakt. Dabei geht es für sie um sehr viel Geld: Die Quelle-Erbin fordert von der ehemaligen Führungsmannschaft der einst größten europäischen Privatbank Sal. Oppenheim und dem einflussreichen Unternehmer Josef Esch insgesamt 1,9 Milliarden Euro zurück. Diese hätten sie falsch beraten, seien mit ihrem Vermögen zu risikoreich vorgegangen und damit Schuld an ihrer nun misslichen finanziellen Lage (hier der SZ-Report "Geld, Gier, Größenwahn").

Schickedanz lässt ihre Anwälte für sich sprechen. "Frau Schickedanz hat das gemacht, was man ihr vorgelegt hat", sagt ihr Anwalt Stefan Homann im Kölner Landgericht. Sie habe den Angeklagten vertraut, selbst nicht groß über die Geschäftsdetails nachgedacht, gibt er zu Protokoll. Er kritisiert, dass man Schickedanz nie die Risiken eines Aktienkaufs auf Kredit erklärt, nie ein Worst-Case-Szenario vor Augen geführt habe. Deshalb stehe Schickedanz heute so schlecht da.

Der Vorsitzende Richter Stefan Singbartl gibt sich im Gerichtssaal wenig Mühe, sein Staunen über die angeblich so unbedarfte Milliardärin zu verbergen. Dass eine Großanlegerin wie Schickedanz von all den Risiken nichts gewusst haben wolle, das leuchte ihm nicht ein. Wenig glaubhaft erscheint Singbartl auch, dass ihr dritter Ehemann Leo Herl sie nicht auf dem Laufenden gehalten habe. "Dass da überhaupt keine Informationen geflossen sein sollen, ist ein bisschen schwer nachzuvollziehen." Die Richter machten deutlich, dass sie von Schickedanz weitergehende Belege für den Vorwurf der Falschberatung gegen das Bankhaus Sal. Oppenheim und andere Beteiligte erwarten.

Die Anwälte der namhaften Gegnerschaft - auch aus ihren Reihen lässt sich niemand blicken - müssen kaum noch etwas vorbringen nach den deutlichen Worten des Richters. Zugleich bestätigten die Prozessbeteiligten, dass sie außerhalb des Gerichtssaals weiter Gespräche über eine mögliche gütliche Einigung in dem Milliardenstreit führen. Das Kölner Landgericht will am 4. Juni 2013 eine Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens verkünden, dessen Dauer dem Vorsitzenden Richter zufolge nicht vorhersehbar ist.

"Wir leben heute von 500 bis 600 Euro im Monat"

Es ist noch gar nicht lange her, da stand Schickedanz auf den Reichen-Listen ganz oben. Sie hatte Quelle geerbt, 1999 mit Karstadt fusioniert. 2007 wurde KarstadtQuelle in Arcandor umfirmiert, doch der Handelskonzern ging trotz aller Rettungsversuche pleite. Großaktionärin Schickedanz, die immer wieder Geld hineingepumpt hatte - auch mittels Darlehen von Sal. Oppenheim - steht seitdem vor dem Ruin. 2009 beklagte sie in einem Interview: "Wir leben heute von 500 bis 600 Euro im Monat. Wir kaufen auch beim Discounter. Gemüse, Obst und Kräuter haben wir im Garten."

In dem komplexen Fall steht jedoch nicht nur Schickedanz als Verliererin da. Das über 200 Jahre alte Bankhaus Sal. Oppenheim brach 2009 unter einem Milliardenverlust fast zusammen - auch weil es ein riesiges Arcandor-Aktienpaket von Schickedanz übernommen hatte.

Seit 2010 gehören die Kölner in stark verkleinerter Form zur Deutschen Bank. Aus dem noblen Institut für reiche und superreiche Privatkunden ist eine abhängige Tochter geworden, die personell immer weiter schrumpft. Die ehemaligen Chefs der Bank hatten persönlich für die Kreditnehmerin Schickedanz gebürgt - und später für sie dreistellige Millionensummen zurückzahlen müssen. Sie fordern nun im selben Zivilverfahren via Gegenklage ihr Geld zurück.

Strafprozess gegen Banker

Vor allem aber stehen die Ex-Privatbankiers kurz vor einem spektakulären Strafprozess. Im kommenden Frühjahr müssen sich die ehemals vier persönlich haftenden Gesellschafter Matthias Graf von Krockow, Friedrich Carl Janssen, Christopher Freiherr von Oppenheim und Dieter Pfundt in Köln wegen des Verdachts der schweren Untreue verantworten. Es geht um Immobiliengeschäfte, mit denen sie die Bank um Millionensummen geprellt haben sollen.

Angeklagt ist auch Immobilienentwickler Josef Esch aus Troisdorf, der eine schwer durchschaubare, weit verzweigte Holding steuert und mit der damaligen Bank-Führungscrew eng zusammengearbeitet hatte. Alle fünf bestreiten die Vorwürfe. Ist der Streitfall Schickedanz mit mehreren Widerklagen schon kompliziert, so dürfte der anstehende Strafprozess noch komplexer werden.

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