Start des dreitägigen Streiks:"Das ist kein guter Tag für Lufthansa"

Es könnte der größte Streik in der Geschichte der Lufthansa werden: Hunderte Flüge fallen allein an diesem Mittwoch aus, insgesamt sind fast eine halbe Million Passagiere betroffen. Bisher bleibt ein größeres Chaos an den Flughäfen aus - die Lufthansa hat sich auf die Ausfälle eingestellt.

Die Entwicklungen im Newsblog

  • Der Streik hat begonnen: 5400 Piloten legen die Lufthansa lahm
  • Die Lufthansa streicht 3800 Flüge
  • Situation an den Flughäfen ruhig
  • Verkehrsminister Dobrindt fordert schnelle Lösung im Tarifstreit
  • Verhandeln werden die Parteien wohl erst nach dem Streik
  • Probleme für weitreisende Passagiere
  • Fernbusse profitieren

Die Situation am Mittwoch: Der erste Tag des Streiks beginnt ruhig, weil die Passagiere frühzeitig informiert wurden: In Frankfurt gibt es bisher "keine besonderen Vorkommnisse", Lufthansa habe sich gut vorbereitet, sagt ein Sprecher des Flughafenbetreibers. Ähnlich sieht es in München aus: "Es sind deutlich weniger Leute da", Chaos erwarte man nicht, sagt ein Sprecher des Flughafens. Manche Passagiere wie Ruth und Jürgen Kremer, die am Terminal 2 in München warten, haben sogar Glück: Sie haben eine Pauschalreise in der Türkei geplant, mit dem umgebuchten Flug kommen sie nun eine Stunde früher im Urlaubsort an. In Berlin seien von 22 geplanten Lufthansa-Flügen nur neun ausgefallen, sagt der Sprecher des Flughafens Berlin-Tegel und beteuert: "Es gibt kein Chaos." Eine Lufthansa-Sprecherin sagt: "Wir sind vorbereitet, aber das ist kein guter Tag für Lufthansa oder unsere Passagiere."

Feldbetten im Transitbereich aufgestellt: Reisende ohne Schengen-Visum könnte der Streik besonders treffen, sie können nicht einfach die Bahn nehmen: "Mit ein paar Gestrandeten wird man rechnen müssen", hieß es in München. In Frankfurt wurden im Transitbereich 450 Feldbetten aufgestellt. Zudem gebe es Snacks und Getränke. Es fehlen allerdings Hotels - zumindest in Frankfurt: "In der Stadt gibt es derzeit wenig Bettenkapazitäten wegen einer großen Messe", sagte ein Angestellter des Intercity Hotels Airport.

Bundesregierung verlangt "schnelle Lösung": Die Lufthansa und die Gewerkschaft Cockpit (VC), die die Piloten vertritt, sollten rasch eine Einigung in den Tarifverhandlungen finden, sagt CSU-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt: "Jeder Tag mit Streik schränkt die Mobilität Hunderttausender Menschen ein." Eine schnelle Einigung sei auch im Interesse der Tarifparteien.

Lufthansa will nach dem Streik erst Gespräche führen: "Wir warten den Streik erst mal ab. Über Gespräche machen wir uns danach Gedanken", sagt Werner Knorr, Chefpilot der Lufthansa.

Forderung der Piloten - Reaktion der Lufthansa: Streikanlass sind die von Lufthansa einseitig gekündigten Übergangsrenten, die den Piloten bislang ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf ermöglicht hatten. Dadurch sollen Piloten, wenn sie sich der Belastung im Alter nicht mehr gewachsen fühlen, ihre Arbeit früher aufgeben können. Offen ist zudem der Tarifvertrag zu den Gehältern, bei dem die VC ein Plus von knapp zehn Prozent verlangt. Am Montagabend bezifferte Sprecher Handwerg in der ZDF-Sendung Wiso den Streitwert zwischen Piloten und Lufthansa auf eine Milliarde Euro. Die Lufthansa hingegen sieht kein erhöhtes Sicherheitsrisiko durch ältere Piloten. Lufthansa-Chefpilot Knorr sagt: "Natürlich merken Menschen, wenn sie älter werden, dass manche Dinge einem nicht mehr so gut von der Hand gehen wie früher. Aber ist damit automatisch ein Sicherheitslevel berührt? Meine Antwort ist an der Stelle: Nein." Die Qualifikation der Piloten sei extrem hoch, ihre Leistung werde regelmäßig überprüft.

Die Lufthansa rüstet sich: Als Reaktion auf die Arbeitskampfdrohung von etwa 5400 Piloten hat das Unternehmen von Mittwoch bis Freitag insgesamt 3800 Verbindungen gestrichen. Der Ausstand beginnt an diesem Mittwoch (2. April.) um 0.00 Uhr und endet voraussichtlich am Freitag (4. April.) um 23.59 Uhr. Lediglich rund 500 Flüge können zwischen Mittwoch und Freitag mit Jets der Konzerngesellschaften Eurowings, Lufthansa CityLine und Air Dolomiti angeboten werden. Bei diesen Gesellschaften streiken die Piloten nicht. Die Absagen der Lufthansa-Flüge reichen bis zum Samstag. Auch 23 von 31 geplanten Frachtflügen der Lufthansa Cargo seien bereits abgesagt. Auf Streiks während der Osterferien wollen die Piloten verzichten. Allerdings gilt diese Aussage nicht überall: In Niedersachsen und Bremen starten die Ferien bereits an diesem Donnerstag.

Betroffen sind laut Lufthansa 425 000 Fluggäste, denen Umbuchungsmöglichkeiten angeboten werden sollen. Europas größte Fluggesellschaft rechnet mit einem Ergebnisschaden in zweistelliger Millionenhöhe. Das deckt sich einigermaßen mit Einschätzungen des Commerzbank-Analysten Frank Skodzik, der bei einem Vollstreik von einem täglichen Schaden zwischen 30 und 40 Millionen Euro ausgeht.

Lufthansa Pilotenstreik - Düsseldorf

Lufthansa-Maschinen am Mittwochmorgen auf dem Vorfeld des Düsseldorfer Flughafens

(Foto: dpa)

Fällt ihr Flug aus? Info-Links finden sich am Ende dieses Artikels.

Andrang auf Alternativen: Viele Fluggäste nutzen nun die Bahn, zu Chaos kommt es aber bisher nicht. "Bei uns ist alles ruhig, die Züge sind nicht überfüllt", sagt ein Service-Mitarbeiter der Bahn am Münchner Hauptbahnhof. Sollten die normalen Züge doch überlastet sein, stehen Sonderzüge bereit. Streikt die Lufthansa, können konkurrierende Fluggesellschaften wie Air Berlin profitieren, vor allem auf den stark gefragten Strecken zwischen den Wirtschaftszentren Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München. "Die anderen Airlines wittern die Nachfrage und können ihre Preise hochfahren", sagt Julia Eckert vom Geschäftsreiseverband VDR. Wenn die Verbindungen passen, bucht die Lufthansa ihre Passagiere auf die Maschinen der Konkurrenz um und muss die Kosten dafür übernehmen. Derzeit werden Mitfahr-Zentralen und Fernbus-Unternehmen bestürmt. Ein Sprecher von ADAC Postbus sagte: "Wir hatten am Montag die meisten Buchungen seit unserer Gründung."

Was Fluggäste tun können: Bei innerdeutschen Flügen, die aufgrund des Streiks ausfallen, dürfen Passagiere die Züge der Deutschen Bahn nutzen. Dafür müssen sie ihr Ticket im Internet oder an einem Check-in-Automaten der Lufthansa in eine Fahrkarte umwandeln.

Reicht dafür die Zeit nicht, können Kunden sich ein neues Bahnticket kaufen und es später mit dem bereits gezahlten Flugticket verrechnen lassen. Ein Lufthansa-Sprecher ergänzt, dass in diesem Fall die Passagiere das Bahnticket zusammen mit dem Flugticket oder der Buchungsnummer an die Lufthansa schicken sollen.

Bei allen anderen Flügen gilt: Wer sein Ticket online unter Lufthansa.com gekauft hat, kann den Flug kostenfrei stornieren. Wer ein Ticket für einen Flug im Zeitraum 2. bis 4. April besitzt, der nicht ausfällt, kann dieses einmalig kostenlos umbuchen. Wer keinen Zugang zum Internet hat, kann das Service-Center der Lufthansa anrufen: 0800/850 60 70.

Linktipps:

  • Diese Rechte haben Fluggäste während eines Streiks: Die wichtigsten Fragen und Antworten.
  • Ein Pilot erzählt, wie viel er verdient und warum das gerechtfertigt sei: Artikel bei welt.de
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