Streik bei der Bahn:Die GDL besiegt sich selbst

Was für eine Taktik! Während der Bahnchef mit der GDL wieder verhandelt, wollten die Gewerkschafter ihren Streik verkünden.

Detlef Esslinger

Einerseits konnte es keine Überraschung sein, dass die Lokführer-Gewerkschaft GDL für diesen Freitag zum Streik aufrief: Seit Anfang der Woche schon hatte sie angekündigt, unter anderem an diesem Tag könne es zur Arbeitsniederlegung kommen. Und dass der Tarifkonflikt bis dahin beendet sein würde, war ohnehin ausgeschlossen. Bei dem Spitzentreffen, zu dem der Aufsichtsratschef der Bahn für Donnerstag nach Berlin eingeladen hatte, sollten schließlich keine Tarifverhandlungen geführt werden. Nach der Eskalation der zurückliegenden Tage ging es lediglich darum, die Gemüter zu beruhigen.

Aparte Idee

Andererseits ist es schon besonders apart, was sich die GDL da ausgedacht hatte: Um 17 Uhr sollte ihr Vorsitzender Schell zu Friedensgesprächen den Bahntower betreten - und um 18 Uhr, also während er da oben saß, wollte sie den Streiktag ausrufen; durch eine Indiskretion sickerte das Vorhaben dann schon ein paar Stunden früher durch. Was für ein Treffen: Die einen denken, es gehe ums Löschen, der andere rückt mit dem Brandbeschleuniger an.

Dieses Vorgehen ist auch ein Bruch mit der bisherigen Linie der Gewerkschaft. Schell hatte es immer als "selbstverständlich" bezeichnet, nicht zu streiken, während verhandelt wird. Der Mann steht sowieso im Verdacht, als Verhandlungspartner nicht zuverlässig zu sein. Es war am Donnerstag nicht das erste Mal in diesem Tarifkonflikt, dass er abrupt die Linie wechselte. Wenn nun die Züge stillstehen sollen, ohne dass die Gewerkschaft das Gespräch vom Abend abwartet, dann werden die Kunden dafür kaum das Unternehmen Bahn verantwortlich machen. Die GDL ist dabei, sich selbst zu besiegen.

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