Streaming:Im Strom der Zeit

A visitor wearing noise-cancelling headphones as she tours the latest project by performance artist Marina Abramovic titled 'Marina Abramovic: In Residence' on display as part of a public art project in Sydney

Musik als Datenstrom aus dem Netz zu hören wird immer beliebter.

(Foto: David Gray/Reuters)

Soundcloud, das Musik-Streaming-Angebot und einstige Berliner Vorzeige-Start-up, steckt in Schwierigkeiten. Trotz seiner Beliebtheit hat es mit dem Geldverdienen nie geklappt.

Von Sophie Burfeind und Helmut Martin-Jung

Soundcloud, das war lange Zeit das Vorzeige-Start-up aus Berlin. Es war einer der Pioniere auf dem Streaming-Markt und der virtuelle Treffpunkt für DJs, Independent-Bands und Musikfans auf der ganzen Welt. Soundcloud ist bei seinen 175 Millionen Nutzern sehr beliebt, nur mit dem Geldverdienen klappte es nie so gut. Und nun steht das Unternehmen möglicherweise vor dem Verkauf.

Einem Bericht des amerikanischen Online-Magazins Recode zufolge denken die beiden Gründer Alexander Ljung und Eric Wahlforss über Kaufangebote nach, die deutlich unter den bisherigen Bewertungen des Streaming-Dienstes liegen würden. Die Rede ist von 200 Millionen Euro - 2014 war Soundcloud noch mit 700 Millionen Dollar bewertet worden.

Doch das 2007 von den beiden schwedischen Elektromusikern gegründete Unternehmen kommt offenbar nicht so in Gang wie geplant. Darauf deuten bereits die Zahlen des Jahres 2015 hin: In diesem Jahr verdiente Soundcloud laut britischem Handelsregister 21,1 Millionen Euro mit Werbung, die Verluste stiegen gleichzeitig auf 51,2 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr investierte der Kurznachrichtendienst Twitter dann zwar 70 Millionen Dollar in das Unternehmen, und im Dezember führte Soundcloud einen kostenpflichtigen Abo-Dienst ein. Auf den setzt Soundcloud nun die Hoffnungen. Der Umsatz soll dadurch ums Zweieinhalbfache wachsen. Der Trend ist auch da: In der deutschen Musikindustrie steigen dank Streaming: die Umsätze. 2016 wuchs der Markt dem Bundesverband Musikindustrie zufolge um drei Prozent, fast ein Viertel der Umsätze entfiel dabei auf Musik-Streaming. Oder anders gesagt: 2012 wurden in der Spitze 99 Millionen Songs pro Woche abgerufen, 2016 waren es 906 Millionen.

Musikstreaming ist damit in den vergangenen Jahren zu einem immer wichtigeren Faktor für die Musikbranche geworden. In Deutschland lassen sich Zahlen des Digital-Verbandes Bitkom zufolge 44 Prozent der Internetnutzer mit Musikstreams berieseln. Gut ein Viertel davon zahlt für werbefreie Streams, die übrigen hören werbefinanzierte Angebote. Unter den jüngeren Internetnutzern (14 bis 29 Jahre) streamen demnach sogar mehr als 60 Prozent Musik aus dem Netz.

Taylor Swift ließ alle ihre Songs auf der Plattform Spotify löschen

So gern die Menschen diese Angebote nutzen, die Anbieter verdienen damit kaum. 80 Prozent der aufgezeichneten Musik gehören den großen Musiklabels Universal, Warner Musik und Sony, und die Streaming-Dienste müssen bis zu 70 Prozent ihrer Einnahmen an sie abgeben. Für die Künstler ist dieses Geschäftsmodell auch nicht lukrativ. Taylor Swift etwa ließ sämtliche Songs von der Streaming-Plattform löschen, auch die Sängerin Adele ließ ihr jüngstes Album "27" nicht auf Spotify abrufbar machen. Die Promis sind aber nicht das Problem. Die können trotz der geringen Margen mehrere Hunderttausend Dollar pro Jahr verdienen. Gelackmeiert sind eher die unbekannten Künstler, bei denen fast gar nichts ankommt.

Spotify hat weltweit etwa 100 Millionen Nutzer, nach Angaben von Spotify haben 50 Millionen ein kostenpflichtiges Abo abgeschlossen. Auf Rang zwei mit 20 Millionen Nutzern folgt schon der Elektronikkonzern Apple, dessen Streaming-Angebot Apple Music seit Mitte 2015 verfügbar ist. Apple bietet zwar wie andere Anbieter mittlerweile auch eine Familien-Ermäßigung, man kann aber Musik nur hören, wenn man auch zahlt. Weitere große Anbieter sind Deezer (16 Millionen Nutzer, davon sechs Millionen zahlende) und Napster (3,5 Millionen Nutzer, nur kostenpflichtige Abos). Auch Amazon bietet nun einen solchen Musikdienst an.

Soundcloud versuchte es vergangenen Dezember mit dem kostenpflichtigen Angebot "Soundcloud Go", was von Musikfans aber bisher nicht so gut angenommen wurde. Ein Grund dafür ist, dass Soundcloud in der Öffentlichkeit nie so sehr als klassischer Streamingdienst wahrgenommen wurde. Sondern eher als Werbeplattform, Kooperations- und Austauschmöglichkeit für Musiker und Bands ohne Studioverträge. Sie können dort nicht nur ihre eigenen Remixes hochladen und sie in ihre Websites einbauen, sondern auch Lieder bewerten und Playlists austauschen. Die Audio-Dateien werden bei Soundcloud grafisch in Waveform angezeigt. Soundcloud hoffte, eine breitere Masse durch eine Übernahme durch Spotify zu erreichen - doch das scheiterte.

Auch wenn in Deutschland nach wie vor noch mehr mit CDs verdient wird - gut die Hälfte des Umsatzes geht aufs Konto der Silberscheiben - der Trend weist zum Streaming. Das zeigt sich an der Verbreitung von vernetzten Lautsprechern. Diese Gerätekategorie ist eine der am stärksten wachsenden der Unterhaltungselektronik.

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