Streaming-Anbieter:Netflix setzt TV-Sender unter Druck

Streaming-Anbieter: Milliarden für Marketing: Werbung für die amerikanische Netflix-Serie "Disjointed" in Kalifornien.

Milliarden für Marketing: Werbung für die amerikanische Netflix-Serie "Disjointed" in Kalifornien.

(Foto: mauritius images)

Der Online-Dienst Netflix hat jetzt weltweit 118 Millionen Abonnenten und ist an der Börse hundert Milliarden Dollar wert. Klassischen TV-Sendern schafft die neue Konkurrenz immer größere Probleme.

Von Caspar Busse

"Wir hatten ein wunderschönes Quartal", beginnt der Brief von Netflix-Gründer und -Chef Reed Hastings, 57, an seine Mitaktionäre. Die Zahlen, die der Online-Videodienst im Anschluss für das vergangene Geschäftsjahr ausbreitet, sind in der Tat überraschend erfreulich. 2017 kamen 24 Millionen neue zahlende Abonnenten hinzu, damit sind es jetzt 118 Millionen. Der Umsatz liegt bei fast zwölf Milliarden Dollar. Und im Weihnachtsquartal 2017 verdreifachte sich der Gewinn.

Netflix überflügelt mit seinem Wachstum alle Konkurrenten und wird mehr und mehr zu einer Bedrohung für die etablierten Fernsehsender und Unterhaltungskonzerne. Auf Abruf können die Kunden bei Netflix jederzeit Filme und Serien sehen, auf dem Fernsehgerät, per Computer, Tablet oder Smartphone, und zahlen dafür eine monatliche Gebühr, in Deutschland von acht Euro an. Die Netflix-Aktie legte nach den guten Zahlen, die besser ausfielen als erwartet, am Dienstag deutlich zu. Netflix ist nun an der Börse rund hundert Milliarden Dollar wert, und damit etwa so viel wie der Autobauer Daimler - und zehnmal mehr als Pro Sieben Sat 1.

Im Kampf um die Zuschauer werden eigene Inhalten immer wichtiger

Kein Wunder, gilt Netflix doch als das Fernsehen der Zukunft. Hastings hatte das Unternehmen 1997 in Los Gatos in Kalifornien als Online-Videothek gegründet. Heute ist Netflix in 190 Ländern aktiv (allerdings nicht in China). In Deutschland ist der Dienst seit 2014 verfügbar. Das Wachstum ist hoch, für das laufende Quartal stellt das Unternehmen, trotz der angekündigten Preiserhöhungen im wichtigen US-Markt, einen weiteren deutlichen Zuwachs um knapp 6,4 Millionen Nutzer in Aussicht, davon 1,45 Millionen in den USA.

Netflix nimmt der Konkurrenz damit weiter wichtige Zuschauer weg. Die frei empfangbaren und werbefinanzierten Sender, in Deutschland beispielsweise die Konkurrenten Pro Sieben Sat 1 und RTL Deutschland, haben zu kämpfen, auch Bezahlsender wie Sky spüren die Konkurrenz. Andere Online-Dienste wie Amazon Prime oder Hulu können mit Netflix ebenfalls nicht mithalten. Die großen Unterhaltungskonzerne sind alarmiert.

Disney etwa hat Ende 2017 den Kauf großer Teil von 21st Century Fox angekündigt und will dafür 50 Milliarden Dollar zahlen. Damit erhält Disney nicht nur die Kontrolle über den Netflix-Konkurrenten Hulu, sondern auch neue Film- und Fernsehinhalte. Der Konzern hat zudem die Zusammenarbeit mit Netflix aufgekündigt und will von 2019 an einen eigenen Streamingdienst neu starten. Ob dieser gegen das bereits etablierte Geschäft von Netflix ankommen wird, ist offen. Gleichzeitig versuchen andere Onlineanbieter, ihr Videoangebot aufzustocken, vor allem Google mit der Plattform Youtube, aber auch Apple, Facebook oder Twitter. Der Mobilfunkanbieter AT & T will Time Warner mit dem Bezahlsender HBO und dem Nachrichtenkanal CNN gegen kartellrechtliche Bedenken übernehmen.

Netflix will 2018 acht Milliarden Dollar in das eigene Programm investieren

Fest steht aber, dass im Ringen um die Vorherrschaft auf dem Video- und Streamingmarkt in den USA und auf der Welt Inhalte immer wichtiger werden. Hier ist gerade Netflix besonders aggressiv unterwegs. Das Unternehmen steckt viel Geld in Eigenproduktionen von Serien, angefangen mit "House of Cards" und "Orange Is the New Black", die Comedy-Serie "Disjointed" bis "Stranger Things" oder "The Crown", als auch Spielfilme wie "Bright". Am Dienstag hat sich Netflix auch die Rechte an der Serie "The Alienist" mit Daniel Brühl gesichert, die Serie spielt im Jahr 1896 in New York und handelt von einer reihe brutaler Morde, die nur schwer aufzuklären sind. Dazu kommen spezielle Inhalte, etwa für den deutschen Markt. Dieselbe Strategie verfolgt der Online-Händler Amazon mit seinem Streaming-Dienst, der hatte etwa Filmemacher Woody Allen engagiert und lässt auch eine deutsche Serie von und mit Matthias Schweighöfer produzieren. Hulu finanzierte die preisgekrönte Serie "Der Report der Magd".

"Wir glauben, dass sich unsere großen Investitionen in Inhalte auszahlen", schreibt Netflix-Chef Hastings. Allein im laufenden Jahr will Netflix bis zu acht Milliarden Dollar in den Ausbau seines Programms stecken, um die Konkurrenz auf Abstand zu halten. Gleichzeitig muss aber auch viel in Marketing und Abonnenten-Akquise investiert werden. Das alleine soll 2018 zwei Milliarden Dollar kosten. Trotzdem ist Netflix bereits profitabel: Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017 verdiente das Unternehmen 559 Millionen Dollar und damit fast dreimal so viel wie im Vorjahr.

Hastings versicherte, das Unternehmen werde seine Gewinne weiter in die internationale Expansion stecken. Mit Blick auf die wachsende Konkurrenz gibt sich Netflix betont gelassen. "Wir glauben, der Markt ist groß", heißt es - so groß, dass auch mehrere Streaming-Anbieter Erfolg haben könnten.

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