Strategiewechsel:Planspiele bei der Deutschen Bank

Post und Deutsche Bank

Ein Geschäft, das keine Freude mehr macht: der damalige Deutschbanker Josef Ackermann (links) und Post-Chef Frank Appel.

(Foto: Jörg Carstensen/dpa)
  • Die Deutsche Bank denkt darüber nach, sich fundamental umzustrukturieren.
  • Möglich ist, dass dabei auch die Postbank eine Rolle spielt. Offenbar ist ihr Verkauf eine Option.

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Fabrizio Campelli ist ein Mann, der einer breiteren Öffentlichkeit noch nicht bekannt ist. Dabei spielt der Italiener in der Deutschen Bank eine wichtige Rolle: Er ist Strategiechef. Und als solcher arbeitet er seit Wochen unter Hochdruck an einer Neuausrichtung der Bank. "Wir stehen vor fundamentalen Änderungen", heißt es in hochrangigen Kreisen der Bank. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung werden derzeit sämtliche Varianten durchgerechnet. "Es gibt keine Denkverbote", heißt es. Sogar ein Verkauf der Konzerntochter Postbank oder gar des gesamten Privatkundengeschäfts seien bei den Planspielen kein Tabu mehr . Dennoch: Die Überlegungen seien in einem frühen Stadium, keine der vielen Optionen sei bereits detailliert ausgearbeitet.

Dass die Deutsche Bank an ihrer Strategie arbeitet, ist keine Überraschung. Die beiden Vorstandschefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain haben im Herbst 2012, wenige Monate nach ihrem Amtsantritt, eine Dreijahresstrategie vorgestellt. "2015+" lautete die Überschrift. Dass just 2015 dann auch eine neue Strategie fällig wird, ist da nur logisch. "Wir haben stets deutlich gemacht, dass die Bank ihre Strategie im Laufe des kommenden Jahres überprüfen und weiterentwickeln wird. Es ist unverantwortlich, über eine Veräußerung irgendwelcher Geschäftsbereiche, inklusive Postbank, zu spekulieren. Wir konzentrieren uns voll auf die Umsetzung der Strategie 2015+", sagte eine Bank-Sprecherin.

"Die Integration hat nie richtig geklappt", sagen die Kritiker

Dass ausgerechnet die Postbank zur Disposition stehen könnte, verwundert manche innerhalb der Bank nicht. Seit dem Kauf im Jahr 2009 sorgt die Bank mit dem gelben Logo intern für Streit. "Vor allem für die Investmentbanker war die Postbank von Anfang an ein Kulturschock", heißt es im Betriebsrat. Dass viele der Postbanker in einer Gewerkschaft organisiert sind, können die angelsächsisch geprägten Investmentbanker nicht verstehen. Und die Vertreter von Verdi haben ihre Interessen auch immer knallhart durchgesetzt - ob es um geringere Wochenarbeitszeit oder mehr Urlaubsanspruch ging. Das sorgte auch in den Reihen der Privatkunden-Mitarbeiter der Deutschen Bank für Unruhe. "Die Integration hat nie richtig geklappt", sagen die einen. Die anderen hingegen verweisen darauf, dass die Postbank immerhin ordentliche und stabile Gewinne abwirft.

Doch die stabilen Ergebnisbeiträge waren nur ein Grund, warum der damalige Vorstandschef Josef Ackermann die Postbank mit ihren 14 Millionen Privatkunden in Deutschland gekauft hat. Der andere: Liquidität. Nach der Finanzkrise wusste Ackermann, dass die hohen Kundeneinlagen eine verlässliche Liquiditätsquelle für die Gesamtbank sind. Doch dieses Problem hat mittlerweile die Europäische Zentralbank (EZB) für die Deutsche Bank gelöst: Sie hat den Markt mit Geld überschwemmt, inzwischen gibt es sogar Strafzinsen auf manche Einlagen.

Konkurrenten stehen viel besser da

Die Regulierung macht die Postbank noch aus einem anderen Grund unattraktiv für die Deutsche Bank: Sie hat eine ziemlich große Bilanzsumme. Und das wird bei der neuen Kennzahl der Schuldenobergrenze, im Fachjargon "leverage ratio" genannt, bestraft. Denn dabei wird die gesamte Bilanz im Verhältnis zum Eigenkapital gesetzt. Die Deutsche Bank hat hier zwar in diesem Jahr Boden gewinnen können, aber einige Konkurrenten stehen viel besser da.

Die Kennzahl wird in den kommenden Jahren noch wichtiger, als sie jetzt schon ist - im Stresstest der EZB etwa hat sie noch keine Rolle gespielt, doch von 2015 an muss sie publiziert werden, von 2018 an darf sie drei Prozent nicht unterschreiten. Auch die vagen Überlegungen, das gesamte Privatkundengeschäft abzustoßen, fußen auf der neuen Regulierung. "Das wäre eine konkrete Antwort auf das Trennbankensystem", heißt es im Aufsichtsrat. Dagegen spricht jedoch, dass sich Jain und Fitschen in ihrer Strategie "2015+" klar und deutlich für das Universalbankenmodell ausgesprochen haben. Eine Abkehr davon wäre eine harte Kehrtwende.

Noch sind die Pläne nicht weit gediehen. Spekuliert wird bereits seit Langem darüber, ob es bei der Doppelspitze Jain und Fitschen über das nächste Jahr hinaus bleiben wird. Deren Verträge laufen noch bis März 2017. Aufsichtsratschef Paul Achleitner hat im Herbst den Vorstand bereits so umgebaut, dass es nun auch potenzielle Nachfolger gibt.

"Und die haben ihre eigene Agenda", glaubt ein Aufsichtsratsmitglied.

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