Steuerreformen:Acht Monate Zeit

Die Erbschaftsteuer ist derzeit die schwierigste fiskalpolitische Reform. Daneben stehen noch einige andere auf der Agenda.

Von Cerstin Gammelin

Zur Halbzeitbilanz der Bundesregierung gehört, dass die von vielen erwartete große Reform der Steuergesetzgebung ausgeblieben ist. Auf der Agenda des Bundesfinanzministeriums stehen derzeit die bereits angeschobene Reform der Erbschaftsteuer, die Modernisierung der Investmentsteuer sowie das Gesetz zur Modernisierung der Besteuerungsverfahren. In Aussicht gestellt hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble darüber hinaus die Abschaffung der pauschalen Abgeltungsteuer auf Erträge aus Kapitalanlagen wie Zinsen oder Dividenden - allerdings erst in der kommenden Legislatur, also nach der Bundestagswahl 2017.

Die zeitliche Verzögerung liegt einerseits daran, dass zunächst der zwischen mehr als 90 Staaten vereinbarte automatische Informationsaustausch eingeführt werden muss, was im Januar 2016 beginnt und sich über zwei Jahre hinziehen wird. Andererseits hat die Union versprochen, in dieser Legislaturperiode auf Steuererhöhungen zu verzichten, ein Versprechen, das mit Glaubwürdigkeit wie kein anderes verknüpft ist. Schließlich reicht es nicht, nur die Abgeltungsteuer abzuschaffen und durch die Besteuerung nach dem persönlichen Steuersatz zu ersetzen. Unternehmen fordern dabei auch eine Prüfung der Körperschaftsteuer und anderer Unternehmenssteuern, da sie insgesamt eine steuerliche Mehrbelastung fürchten.

Die Reform der Investmentsteuer ist für die zweite Hälfte der Legislatur vorgesehen. Investments werden nach dem Transparenzprinzip besteuert, das bedeutet, dass Anleger in Investmentanteilen und Direktanleger grundsätzlich gleich behandelt werden. Soweit die Transparenz nicht ausdrücklich angeordnet ist, erfolgt eine steuerliche Zuweisung von Ergebnissen ähnlich wie bei einer Kapitalgesellschaft nur bei Ausschüttung oder Veräußerung der Anteile. Es werden also nicht die Investmentfonds besteuert, sondern die Anteilshalter. Künftig sollen jedoch die Fonds vorab besteuert werden.

Das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens soll zur digitalen Steuererklärung führen. Über den weitgehend digitalen Datenaustausch sollen die Kommunikationswege zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörden vereinfacht und steuerliche Erleichterungen durchgesetzt werden. Bis Mitte 2016 hat die Bundesregierung noch Zeit, die Erbschaftsteuer verfassungskonform zu regeln. Nach Meinung des Bundesverfassungsgerichtes verstößt das geltende Recht gegen das Grundgesetz, weil es eine unverhältnismäßig große Zahl von Unternehmen von der Erbschaftsteuer befreit. Bundesfinanzminister Schäuble hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der seit Monaten zwischen Bund und Ländern feststeckt. Der Streit um die Erbschaftsteuer ist der größte fiskalpolitische in der großen Koalition. Die Gegner des vorliegenden Gesetzentwurfes befürchten, dass es bei Firmen mit einem Betriebsvermögen von mehr als 26 Millionen Euro zu einem sprunghaften Anstieg der Belastung für die Erben kommen könnte. Die Finanzexperten der Bundestagsfraktionen von SPD und Union suchen nach einem völlig neuen Ansatz. Von einem Durchbruch, so heißt es, sei man allerdings weit entfernt. Noch sind acht Monate Zeit.

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