Steuern:Deutsche Steuerberater bekommen Konkurrenz aus dem Ausland

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  • Ausländische Steuerberater können bislang in Deutschland nur tätig werden, wenn sie sich selbst im Land befinden - das verstößt laut EuGH gegen die EU-Dienstleistungsfreiheit.
  • Bei einer Änderung des Gesetzes dürften die Beratungen aus dem Ausland künftig zunehmen.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Kurz sah es so aus, als drohe den deutschen Steuerberatern schon bald der grenzenlose Wettbewerb aus dem Ausland - und als könne jeder europäische Steuerberater künftig auch hierzulande tätig werden. Am Ende ist es für die 94 000 deutschen Steuerberater nicht ganz so schlimm gekommen, wie sie nach dem Plädoyer des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs befürchten mussten. Und doch wird sich ihr Markt in Zukunft verändern: Denn mit einem wegweisenden Urteil lockerte der Europäische Gerichtshof den Zugang zu diesem in Deutschland stark reglementierten Berufszweig. Unter bestimmten Bedingungen dürfen sich deutsche Steuerzahler künftig auch Hilfe im Ausland suchen.

Anlass des Urteils war die Klage einer Steuerberatergesellschaft, die in den Niederlanden sitzt und einer britischen Muttergesellschaft gehört. Diese berät auch Mandanten in Deutschland - im konkreten Fall ging es um die Umsatzsteuererklärung für ein Unternehmen. Das Finanzamt akzeptierte die Steuererklärung nicht, weil die Gesellschaft dazu nicht befugt sei. Das Verfahren ging durch die Instanzen, schließlich rief der Bundesfinanzhof den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an.

Eine physische Grenzübertretung ist bislang Voraussetzung

Der EuGH hat nun anerkannt, dass es hier ein Problem mit der EU-Dienstleistungsfreiheit gibt. Zwar sind nach deutschem Recht ausländische Steuerberater zur "vorübergehenden und gelegentlichen Hilfeleistung" in Deutschland befugt. Die Öffnungsklausel greift freilich nur, wenn sich der Berater physisch über die Grenze begibt. Wer deutsche Mandanten vom ausländischen Büro aus via Telefon und Mail berät, kann sich nicht darauf berufen. Das ist aus Sicht des EuGH zu eng und verstößt damit gegen die EU-Dienstleistungsfreiheit. Der deutsche Gesetzgeber wird dies korrigieren müssen.

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Das bedeutet allerdings nicht, dass ausländische Dienstleister, die nicht die deutsche Steuerberaterprüfung vorweisen können, nun freie Bahn hätten. Der EuGH betont nämlich zugleich, dass es legitim ist, die Verbraucher schützen zu wollen - oder Steuerhinterziehung verhindern zu wollen. Dies könne auch eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen. Die deutschen Behörden müssten freilich die im Ausland erworbene Qualifikation des Beraters "ihrem Wert entsprechend" anerkennen und angemessen berücksichtigen. "Ihrem Wert entsprechend" heißt indes nicht, dass jeder, der sich Steuerberater nennt, als solcher akzeptiert werden muss: Die Steuerberaterkammern dürfen sicherstellen, dass der Berater etwas vom Steuerrecht versteht. Dazu genügt es, dass der entsprechende Sachbearbeiter entsprechend qualifiziert ist. Dass die Gesellschaft von einem Steuerberater geleitet wird, ist nicht erforderlich.

Steuerberatung aus dem Ausland dürfte künftig zunehmen

In der Praxis sieht das so aus: Der Dienstleister aus dem EU-Ausland und der Schweiz meldet jeden Beratungsfall an die zuständige Steuerberaterkammer. Bisher ist das kein Massengeschäft, im Jahr 2014 gab es nur 218 solcher Meldungen, vornehmlich aus Österreich, der Schweiz oder den Niederlanden. Die Kammer prüft die berufliche Qualifikation. In Ländern, die keine gesonderte Steuerberaterprüfung kennen (Niederlande, Schweiz), muss der Berater mindestens zwei Jahre Berufserfahrung mitbringen. Ist das in Ordnung, erhält er die Befugnis für eine "Hilfeleistung in Steuersachen" - was nicht ausschließt, Meldungen für neue Aufträge routinemäßig zu wiederholen.

Die Steuerberatung vom Ausland aus ist also im kleinen Rahmen bereits Praxis und dürfte noch zunehmen, wenn sie künftig auch vom Büro in Eindhoven, Zürich oder Salzburg aus erledigt werden kann. Aus Sicht von Raoul Riedlinger, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, ist ohnehin allein der Schutz der Mandanten vor unqualifizierter Beratung wichtig. Hier müssten nun Gerichte und Gesetzgeber rasch Klarheit schafften.

© SZ vom 18.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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