Steuern:Der Frust mit dem Arbeitszimmer

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Frau am Schreibtisch: Eine Arbeitsecke im Wohnzimmer reicht nicht.

(Foto: imago stock&people)

Damit das Finanzamt das Büro daheim anerkennt, gelten strenge Regeln. Experten halten das für unplausibel und auch sozial ungerecht.

Von Harald Freiberger

Die Hoffnung vieler Steuerzahler war groß, entsprechend groß war am Tag danach auch die Enttäuschung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bleibt bei seinen strengen Vorgaben, wenn es darum geht, die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer beim Finanzamt geltend zu machen. Das geht aus dem Urteil hervor, das er am Mittwoch veröffentlichte (Az: GrS 1/14). Nur in Ausnahmefällen lassen sich die Ausgaben damit von der Steuer absetzen. Die Mehrheit der Bundesbürger, die zu Hause arbeiten, geht weiter leer aus. Steuerexperten halten den Richterspruch für unplausibel - und auch sozial ungerecht.

Wie sieht die gesetzliche Lage aus?

Das häusliche Arbeitszimmer wird nur unter strikten Voraussetzungen steuerlich anerkannt. Erste Bedingung: Der Steuerzahler muss nachweisen, dass ihm für seine Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall kann er im Jahr bis zu 1250 Euro steuerlich geltend machen. Typischerweise sind das Lehrer oder Außendienst-Mitarbeiter. Unbegrenzt absetzbar sind die Kosten für ein Arbeitszimmer nur, wenn es den "Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit bildet". Typisch dafür sind Freiberufler oder Arbeitnehmer, die für ein Unternehmen zu Hause am Computer arbeiten und nur gelegentlich für Absprachen in die Firma kommen. In allen Fällen aber muss das Arbeitszimmer abgetrennt und "büromäßig eingerichtet" sein.

Worum ging es im vorliegenden Fall?

Darum, ob ein Arbeitszimmer auch steuerlich anerkannt werden kann, wenn es teils privat und teils beruflich genutzt wird. Der Kläger gab an, dass er darin zu 60 Prozent Verwaltungsarbeiten für zwei Einfamilienhäuser erledigt, die er vermietet hat. Die Kosten wollte er zu 60 Prozent auch steuerlich geltend machen.

Warum hat der Fall eine so grundsätzliche Bedeutung?

Es gibt viele Bundesbürger, die einen Teil ihrer Arbeit von zu Hause aus erledigen, aber in Sachen Arbeitszimmer nicht die strengen Auflagen des Gesetzes erfüllen. Hätte der BFH die teilweise private Nutzung anerkannt, hätten auch sie künftig Steuern sparen können. Sie machten sich deshalb Hoffnungen, weil der BFH in den vergangenen Jahren in ähnlichen Fällen gemischte berufliche und private Nutzungen zugelassen hatte: Ein Mann verlängerte eine Dienstreise nach Las Vegas über das Wochenende, ein anderer verknüpfte seine Geburtstagsfeier mit dem Bestehen der Steuerberaterprüfung und lud auch Kollegen ein; beide konnten die beruflich veranlassten Kosten anteilig von der Steuer absetzen. Deshalb erwarteten manche Experten, dass der BFH auch beim Arbeitszimmer ähnlich entscheiden würde - was er nun aber nicht tat.

Wie begründet das Gericht die Entscheidung?

Die Richter berufen sich zum einen auf das "allgemeine Wortverständnis": Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setze voraus, dass der Raum "wie ein Büro eingerichtet ist und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einnahmen genutzt wird". Zum anderen lasse sich die Trennung von beruflicher und privater Nutzung "nicht objektiv überprüfen". Ein "Nutzungszeitenbuch" habe keinen Beweiswert, da es nicht über eine bloße Behauptung des Steuerpflichtigen hinausgehe. Der BFH spricht davon, dass er mit seiner Entscheidung "Gestaltungsmöglichkeiten unterbinden und den Verwaltungsvollzug erleichtern" will.

Was sagen Experten dazu?

"Es ist nicht plausibel, warum eine gemischte Nutzung bei Reise- und Bewirtungskosten anerkannt wird, beim Arbeitszimmer aber nicht", sagt Michael Seifert, Steuerberater aus Troisdorf bei Bonn und wissenschaftlicher Mitarbeiter des bayerischen Steuerberaterverbands LSWB. Er spricht von einer "politisch-fiskalischen Entscheidung", die sachlich schwer nachzuvollziehen sei. Das Argument, dass sich Berufliches und Privates schwer trennen ließen, sei "ein Fass ohne Boden". Denke man es zu Ende, müsse das Finanzamt jeden Bewirtungsbeleg und jede Dienstreise noch stärker kontrollieren als bisher.

Wie muss ein Arbeitszimmer aussehen?

Das Finanzamt erkennt ein Büro daheim nur an, wenn es ein abgeschlossener Raum ist, der "nahezu ausschließlich" beruflich genutzt wird. Praktisch bedeutet das eine Nutzung von mindestens 90 Prozent. Was der BFH auch klarstellte: Eine Arbeitsecke in einem sonst privat genutzten Raum wird nicht anerkannt. "Am Ende hängt es vom Schnitt der Wohnung ab", sagt Uwe Rauhöft vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine. Finanzämter ließen sich zumindest beim ersten Antrag Skizzen vom Grundriss schicken. In einer Drei-Zimmer-Wohnung, in der drei Personen wohnen, sei ein eigenes Arbeitszimmer zum Beispiel nicht plausibel. Für Rauhöft ist die BFH-Entscheidung auch deshalb problematisch, weil sie soziale Ungleichheit zementiere: "Finanziell Bessergestellte können sich größere Wohnungen leisten, in der sich ein eigenes Arbeitszimmer leichter abtrennen lässt", sagt er. Sie würden steuerlich erleichtert. Bei anderen reiche es dagegen gerade zur Arbeitsecke - deren steuerlicher Anerkennung der BFH nun einen Riegel vorschob. Übrigens: Bei Arbeitsmitteln, etwa einem Computer oder einem Schreibtisch, ist das Finanzamt nicht so streng. Sie können selbst dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn ein Steuerzahler sie nur teilweise beruflich nutzt, zum Teil aber auch privat.

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