Steuern auf Wertpapiergeschäfte:FDP sagt Nein zu EU-Finanzsteuer

Merkels Projekt steht auf der Kippe: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung lehnt die FDP die Pläne der EU-Kommission für eine Finanztransaktionssteuer ab. Eine solche Abgabe würde die Firmen zu stark belasten. Merkel selbst hatte das Vorhaben maßgeblich vorangetrieben - und Finanzminister Schäuble die Einnahmen bereits eingeplant.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Die Einführung einer Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte in elf europäischen Ländern steht wieder auf der Kippe. Die FDP erklärte, sie könne das Konzept der EU-Kommission für eine Finanztransaktionsteuer so nicht mittragen. Die Brüsseler Behörde spreche davon, Banken, Versicherungen und Investmentfonds mit bis zu 35 Milliarden Euro pro Jahr an den Kosten der Finanzkrise zu beteiligen. "Tatsächlich wären es aber vor allem Kleinsparer und mittelständische Betriebe, die diese 35 Milliarden Euro zahlen müssten", sagte FDP-Vizefraktionschef Volker Wissing der Süddeutschen Zeitung. "Das kann ja wohl nicht wahr sein." Dagegen hatte das Bundesfinanzministerium die Pläne der Kommission als "wichtige Wegmarke" bezeichnet.

Damit könnte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in erhebliche Schwierigkeiten geraten. Sie hatte die Einführung der neuen Abgabe in Europa maßgeblich vorangetrieben - auch, um SPD und Grünen im Wahlkampf ein Thema zu nehmen. Zudem hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für die Haushalte kommender Jahre schon Milliardeneinnahmen aus der Steuer eingeplant. Sollte sich nun der Koalitionspartner querstellen, müsste Merkel entweder einen Rückzieher machen, das Konzept der EU-Kommission aufweichen oder der FDP eine teure Kompensation anbieten.

Nach den Brüsseler Plänen soll der Handel mit Aktien, Anleihen und Fondsanteilen mit einer Steuer von 0,1 Prozent des Verkaufspreises belastet werden. Bei Termingeschäften würden 0,01 Prozent fällig. Normale Finanzgeschäfte wie Sparanlagen, Kredite, Kreditkartenumsätze oder Versicherungsleistungen blieben hingegen unbehelligt. Dennoch geht Wissing nach eigenem Bekunden davon aus, dass die Banken die ihnen entstehenden Steuerkosten auf die Kunden abwälzen werden. Ein Ergebnis der Finanzkrise sei ja, dass die Institute kaum noch auf eigene Rechnung Wertpapiere handelten. Handelten sie aber im Auftrag der Kunden, müssten diese auch die Steuer zahlen, sagte der Freidemokrat.

Die FDP hatte im vergangenen Jahr nach langem Widerstand gemeinsam mit CDU/CSU, SPD und Grünen eine Entschließung zur Einführung der Transaktionsteuer unterzeichnet. Allerdings betonte sie seinerzeit, die Zustimmung gelte nur für den Fall, dass nicht am Ende die Bürger die Zeche zahlten und sich die Finanzierungsbedingungen vor allem für die mittelständische Wirtschaft verschlechterten. "Ich habe schon damals gesagt, dass ich nicht sehe, wie das realisiert werden kann", erklärte Wissing jetzt. "Mir wurde jedoch bedeutet, die Kommission werde schon eine Lösung finden. Nun zeigt sich: Sie hat keine."

Als möglichen Ausweg deutete der Vizefraktionschef eine deutliche Erhöhung des Sparerfreibetrags von derzeit 801 Euro im Jahr an. Das dürfte jedoch auf heftigen Widerstand Schäubles treffen: In der Finanzplanung des Ministers für 2014 klafft ohnehin bereits ein Loch von mehr als vier Milliarden Euro.

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