Steuern auf virtuelle Währungen:Zahltag in China

Ganz reale Steuern für virtuelles Geld: China will am Geschäft mit Spielen in der Cyber-Welt verdienen. Noch können Spieler in Deutschland allerdings beruhigt sein.

Lena Deutsch

Glitzernde Rüstungen, reichverzierte Schwerter und furchterregende Drachen: Wer will, dass sein Avatar gut ausgestattet ist, braucht Geld - viel Geld. Und so werden in der virtuellen Welt gewaltige virtuelle Werte geschaffen, die jeder Spieler ansammeln muss, will er es zu Erfolg, Reichtum und Ansehen bringen.

Steuern auf virtuelle Währungen: China will auf Online-Rollenspiele wie World of Warcraft Steuern erheben - und so den Handel mit virtuellem Geld eindämmen.

China will auf Online-Rollenspiele wie World of Warcraft Steuern erheben - und so den Handel mit virtuellem Geld eindämmen.

(Foto: Foto: ddp)

Genau aus dem Grund will die chinesische Regierung jetzt auf virtuelles Geld Steuern erheben und zwar ganze 20 Prozent. Doch ganz so erstaunlich wie es auf den ersten Blick erscheint, ist die Besteuerung von virtuellem Geld nicht. Schließlich ist die Cyber-Welt mit der realen Welt eng verzahnt.

Weil weniger erfolgreiche Online-Spieler weder Zeit noch Lust haben, sprichwörtlich Tag und Nacht vor dem PC zu verbringen, um die hohen Levels zu erreichen oder die Spielfiguren mit neuen Waffen oder Kräften aufzurüsten, kaufen sie sich diese ganz einfach auf Internetplattformen - mit echtem Geld versteht sich. Und das kann ganz schön teuer werden. Marcus Herhut, Projektmanager beim deutschen Spieleportal ingame.de schätzt, dass ein Level-80-Charakter in der World of Warcraft (WOW) etwa 500 Euro kostet.

Der Handel mit virtuellem Geld boomt

Aus der Faulheit der westlichen Welt schlagen die chinesischen Game-Spezialisten Profit, denn die Chinesen sind absolute Spiele-Profis. "Für ein Schwert muss man eigentlich in etwa 100 Stunden spielen", sagt Michael Terhaag, Fachanwalt für Online-Recht. "Die Chinesen schaffen das jedoch schon in 15 bis 20 Stunden." So ist aus dem Geschäft mit virtuellem Geld in China längst ein eigener Handelszweig entstanden. Schätzungen zufolge gibt es mehr als 100.000 junge, computerbegeisterte Chinesen, die mit Online-Spielen Geld machen, indem sie fast rund um die Uhr spielen und anschließend das virtuelle Geld weiterverkaufen.

Diese sogenannten Goldfarmer arbeiten teils privat, zumeist jedoch straff organisiert. "Es gibt mittlerweile zahlreiche Unternehmen, in denen ein Betreiber um die 30 bis 40 Angestellte hat, die für ihn rund um die Uhr virtuelles Geld eintreiben", sagt Terhaag. Der New York Times zufolge erhält beispielsweise ein Goldfarmer, der sieben Tage die Woche zwölf Stunden täglich spielt, ein Monatsgehalt von rund 250 Dollar. Für Chinesen ist das viel Geld.

Die chinesische Website GameUSD ist die größte WOW-Gold-Bieter-Website. Tausende Chinesen beobachten und beurteilen die Preise, die von den Verkäufern von virtuellem Geld aufgestellt werden. Und auch in Deutschland wächst der Markt mit dem virtuellen Geld: So wirbt etwa der Webshop VirtualGameWorlds mit dem Slogan "We equip players: Keine Zeit Gold zu farmen? Hier ist Ihre Lösung". Wer Eve Online spielt, zahlt für "1000 ISK" - die dortige "Währung" - 25 Euro, Mitglieder von WOW bekommen für 9,20 Euro "500 Gold". Wer seinen Avater gut ausstatten will, der ist schnell ein paar hundert Euro los. Überwiesen wird das Geld ganz bequem via Online-Banking.

Das Unternehmen MindArk geht sogar einen Schritt weiter. Für das Online-Game Entropia Universe gibt es eine Geldkarte, mit der die Spieler das Geld, welches sie in der virtuellen Welt verdient haben, ganz normal an Geldautomaten abheben können. "Wir sind gerade dabei, die Kluft zwischen der virtuellen Welt und der realen Welt zu überbrücken," sagte Jan Welter, der Gründer von Entropia, bei der Einführung der Geldautomaten.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wieso eine Steuer auf virtuelles Geld sinnvoll ist.

Zahltag in China

Nach Angaben der Marktforschungsagentur iResearch wächst der Markt für virtuelles Geld in China jährlich um 15 bis 20 Prozent. So sollen jährlich virtuelle Beträge im Wert von mehreren Milliarden chinesischen Yuan (ein Yuan entspricht circa elf Euro-Cent) gehandelt werden. In einigen Online-Spielen liegt der Anteil von professionellen Goldfarmern bereits bei 40 bis 50 Prozent. Kein Wunder also, dass sich die Regierung diese Steuereinnahmen nicht entgehen lassen will.

Zwar ist noch unklar, wie der chinesische Fiskus die Online-Währungen eintreiben will, doch die Verfolgung von Steuerbetrügern ist Terhaag zufolge einfacher als viele denken: "Der Fiskus surft mit, kauft zum Teil sogar selber ein und überprüft dann, ob die Güter versteuert wurden."

Spieler in Deutschland oder in den USA können jedoch beruhigt sein. Dass auch in den westlichen Staaten künftig virtuelles Geld versteuert werden soll, hält Terhaag eher für unwahrscheinlich: "Der Lebensstandard in China ist ganz anders. Dort kann es interessant sein, Goldmünzen in Dollar und dann in Yuan umzutauschen. Für westliche Spieler würde sich das kaum lohnen." Herhut, Projektmanager bei ingame.de ist hingegen nicht so optimistisch: "Ich gehe davon aus, dass es irgendwann in Deutschland auch so eine Steuer geben wird."

Gefahr einer Inflation wächst

Die Steuer auf virtuelles Geld hält Herhut für sinnvoll: "Es gibt Leute die nur in das Spiel reingehen, um zu handeln und Geld zu verdienen." Das sei dann ein ganz normaler Verdienst, der versteuert werden müsse, wie jede andere Arbeit auch. Es müsse jedoch Ausnahmen geben. "Wer nach vielen Jahren seinen Avatar verkaufen will und für die vielen Level und die gute Ausrüstung Geld verlangt, der will nicht das große Geschäft machen, sondern lediglich eine einmalige Entlohnung für sein Mühe bekommen."

Die Spieleentwickler würden die Einführung einer solchen Steuer begrüßen. "Schließlich verfälschen die Goldseller- und Power-Leveling-Dienste das Spielerlebnis", erklärt Marco Neubert, Chefredakteur beim Onlineportal OnlineWelten. "Außerdem kann dadurch ein Ungleichgewicht in der Spielwelt entstehen." Blizzard, der Entwickler von WOW, verbietet aus diesem Grund den Handel mit virtuellem Geld. Denn durch die Goldfarmer wird eine große Menge an virtuellem Geld geschaffen und somit die Gefahr einer Inflation verstärkt.

Dies könnte sogar Auswirkungen auf die echte Finanzwelt haben. Schon vor einiger Zeit befürchtete man in China eine Inflation, da in dem populären Chat-Service QQ virtuelle Q-Geldstücke en Masse verdient und so in Umlauf gebracht wurden.

In der Tat hat bereits die Finanzkrise gezeigt, wie eng die beiden Welten verzahnt sind. Denn der Zusammenbruch der Banken hatte Anfang des Jahres zu langen Schlangen an den Geldautomaten von Second Life geführt. Und genau wie im echten Leben bangten dort die Kunden um ihre Einlagen.

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