Stephan Weil:SPD-Ministerpräsident Weil will Steuern für Geringverdiener senken

1. Mai in Hameln - Stephan Weil

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil.

(Foto: dpa)
  • Mit welcher Steuerpolitik geht die SPD in den Bundestagswahlkampf? Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil legt nun ein Konzept vor.
  • Der Entwurf entlastet niedrige und mittlere Einkommen. Höhere Einkommen sollen dagegen stärker besteuert werden.

Von Cerstin Gammelin und Jan Schmidbauer

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat ein Steuerkonzept vorgestellt. Es soll Bürger mit kleinen und mittleren Einkommen entlasten. Der sogenannte Niedersachsen-Tarif, der von der Landesregierung entwickelt wurde, sieht deutliche Änderungen bei der Einkommensteuer vor. Bei vergleichsweise niedrigen Einkommen sollen die Steuersätze langsamer ansteigen. Bürger mit höheren Einkommen will Weil dagegen stärker belasten. Dazu soll der Spitzensteuersatz auf 49 Prozent steigen.

Grundlage für den Vorstoß sind Berechnungen des Ifo-Instituts. Weil ist der erste SPD-Landeschef, der sich im Bundestagswahlkampf mit einem eigenen Steuerkonzept zu Wort meldet. Sein Konzept könnte auch Einfluss auf die Bundespartei haben, die ihr Steuerkonzept im Juni präsentieren will. Ende des Monats findet der entscheidende Bundesparteitag statt.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte am Montagabend in der ARD, Weil habe ihn informiert, dass er ein "Denkmodell" ausgearbeitet habe: "Das werden wir sicher in unsere Debatten einbeziehen." Die Ideen des niedersächsischen Regierungschefs gehen deutlich weiter als die bisherigen Ankündigungen von Schulz. Dieser hat wiederholt vor "Steuergeschenken mit der Gießkanne" gewarnt und sich stattdessen für Investitionen in Bildung und Infrastruktur ausgesprochen.

Der Vorstoß aus Niedersachsen umfasst von 2020 an Steuersenkungen in Höhe von zehn Milliarden Euro pro Jahr. Bisher wird bei einem Einkommen von 14 000 Euro ein Steuersatz von 24 Prozent fällig - künftig soll der erst ab einem Einkommen von 25 000 Euro greifen. Anschließend sollen die Steuersätze langsamer steigen. "Eine Krankenschwester mit einem Bruttoeinkommen von 30 000 Euro würde um knapp 500 Euro jährlich entlastet", heißt es in dem Papier.

Auch Facharbeiter mit einem Einkommen von etwa 50 000 Euro würden weniger Steuern zahlen. Laut Weil würden 75 Prozent der Steuerzahler von dem Modell profitieren. Der Niedersachsen-Tarif entlaste Einkommen bis 112 000 Euro für Alleinstehende, beziehungsweise 210 000 Euro für Verheiratete.

Teilweise werden die Steuersätze zwar erhöht, dafür soll jedoch der Solidaritätszuschlag wegfallen. Ab einem Einkommen von 58 000 Euro soll künftig ein Steuersatz von 45 Prozent gelten. Aktuell sind es 42 Prozent zuzüglich Soli, der im Weil-Konzept entfällt.

Spitzenverdiener fallen derzeit in die Kategorie mit 42 Prozent, ab rund 260 000 Euro sind es 45 Prozent. Der Niedersachsen-Tarif sieht stattdessen einen Spitzensteuersatz von 49 Prozent vor, der ab 150 000 Euro greift.

Frank Hechtner, Steuerprofessor an der FU Berlin, bezeichnet das Konzept als "gute Idee, die zu diskutieren ist". Er bezweifelt allerdings, ob die Entlastungen der Bürger tatsächlich so hoch ausfallen könnten wie von Weil behauptet, weil bis 2020 ohnehin noch einige automatische Steuerkorrekturen zu erwarten wären. Der Niedersachsen-Tarif laufe vor allem auf eine weitere Umverteilung von Einnahmen des Bundeshaushaltes auf Länderhaushalte hinaus, betont Hechtner: Der Soli-Zuschlag sei komplett in den Bundeshaushalt geflossen, die Einkommensteuer gehe teilweise auch an die Länder.

CDU-Mann Schäuble spricht von 15 Milliarden Euro für Steuersenkungen

Die Einkommensteuer könnte im bevorstehenden Bundestagswahlkampf ein beherrschendes Thema werden. Seit ihrer letzten tiefgreifenden Reform sind viele Jahre vergangen. Keine Koalition seit 2005 hat das Steuersystem umgebaut. Seitdem sind die Einkommen in Deutschland allerdings erheblich gestiegen. Deshalb gelten inzwischen auch für viele Normalverdiener hohe Steuersätze, die früher nur für Spitzenverdiener fällig wurden. Laut Berechnungen des IW zahlten zuletzt etwa 2,4 Millionen Arbeitnehmer den Spitzensteuersatz - doppelt so viele wie 2005.

Die CDU wirbt ebenfalls mit Entlastungen nach der Bundestagswahl. Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte niedrigere Steuern für niedrige und mittlere Einkommen in Aussicht gestellt. Der Bund soll dafür auf 15 Milliarden Euro verzichten.

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