Start-ups:Der Milliardär, der Präsident und die Gründerin

Lesezeit: 3 min

Freya Oehle hat für einen Start-up-Wettbewerb drei Tage in der Karibik verbracht - eingeladen hatte sie der Eigentümer der Insel: der Unternehmer Richard Branson. Auch Barack Obama tauchte auf.

Von Sophie Burfeind, München

Als Freya Oehle am Strand steht und sich gerade an den Anblick des glasklaren Wassers, die Palmen und die Scharen von Flamingos um sie herum gewöhnt hat, sieht sie ein paar Meter entfernt auf einmal Barack Obama - also unter Wasser. Obama übt Kitesurfen. Über Wasser surft sein Lehrer, Richard Branson, Multimilliardär und Eigentümer der Insel. Die 26-Jährige tut etwas, was sie sonst nie tut (zumindest behauptet sie das): Sie bestellt sich am Morgen ein Bier.

Freya Oehle, die normalerweise in Hamburg arbeitet und nicht in der Karibik, hat 2013 das Start-up Spottster gegründet. Das Konzept dieser Plattform sieht so aus: Die Nutzer können online beobachten, wie sich die Preise von Produkten entwickeln, die sie gern kaufen würden. Dazu legen sie eine Liste mit Wunschobjekten an - wenn der Preis eines dieser Objekte sinkt, informiert Spottster den Nutzer. Die Idee von Freya Oehle kommt bei den Leuten gut an - Spottster hat mittlerweile 200 000 Nutzer in fünf europäischen Ländern und verkauft Waren im Millionenwert.

Der Ausflug auf die Insel war der Hauptpreis beim Start-up-Treffen Bits & Pretzels

Dass sie sich im Februar 72 Stunden lang auf der Insel Necker aufhält, liegt nicht daran, dass sie ihren Urlaub auf den Britischen Jungferninseln verbringt, sondern weil sie diesen Abstecher ins Paradies vergangenen September bei einem Pitch-Wettbewerb der Start-up-Konferenz "Bits & Pretzels" in München gewonnen hat. Der Hauptpreis war die Teilnahme am Finale des "Xtreme Tech Challenge"-Wettbewerbs auf Necker Island - er ging an Oehle. Das Besondere an diesem Gründerwettbewerb ist, dass Richard Branson in der Jury sitzt und das Finale auf seiner 29 Hektar großen Privatinsel stattfindet. Branson, 66, hat in den Siebzigerjahren "Virgin" gegründet, heute eine riesige Unternehmensgruppe, die im Musikgeschäft, Mobilfunk und in der Luftfahrt mitmischt. Das Vermögen des britischen Unternehmers schätzt Forbes auf fünf Milliarden US-Dollar.

Nun hat Oehle also mit 69 Gründern, Unternehmern und Investoren aus aller Welt eine Zeit auf dieser paradiesischer Insel verbracht und man möchte wissen: Was bringt so eine Veranstaltung Gründern aus Deutschland? Abgesehen von ein paar Tagen mit angenehmeren Temperaturen.

Oehle sagt: "Inhaltlich, finanziell und von der Vernetzung her waren dort viel einflussreichere Kontakte als bei deutschen oder europäischen Veranstaltungen." Und die habe man noch dazu in einer deutlich entspannteren Atmosphäre kennengelernt - nämlich barfuß durch den weißen Sand spazierend. Menschen etwa wie den Software-Milliardär Mark Cuban, den Eigentümer des Basketball-Teams "Dallas Mavericks".

Neben Nicholas Chibac, dem Gründer des Drohnen-Start-ups "Spice VR" aus Hamburg, einigen Gründern aus Russland, der Ukraine oder Spanien seien vor allem Gründer aus den USA dort gewesen. War das Verhalten der deutschen Gründer auf der Insel anders als das der Amerikaner? "Mir ist aufgefallen, dass die Gründer aus den USA 24 Stunden am Tag im Deal-Modus waren und ihre Karten loswerden wollten." Aber auch Oehle, die das etwas zurückhaltender anging, konnte viele Kontakte knüpfen. Zum Beispiel zu zwei amerikanischen Start-ups mit einem ähnlichen Geschäftsmodell. "Wir überlegen, ob wir künftig zusammenarbeiten können." Demnächst treffen sich die Jungunternehmer dazu in Berlin, haben sie ausgemacht.

Gefreut hat Oehle am Abend des Finales aber noch etwas anderes. Da stellten die drei Finalisten ihre Ideen vor: "Cresilon" ein Wundheilgel, "ReDeTec" ein 3-D-Druckverfahren für recycelte Produkte und "VantageRobotics" eine Drohne, die den Gefilmten verfolgt. "Die Ideen waren super, aber der Pitch lebte durch die Idee. Die Präsentation war nicht so besonders." Oehles Fazit: Deutsche und europäische Gründer können mittlerweile genauso gut pitchen wie die aus dem Silicon Valley. "Uns wird ja immer gesagt, wir sollen uns an denen ein Beispiel nehmen."

Woran junge Unternehmer aus Deutschland sich durchaus ein Beispiel nehmen könnten, glaubt Oehle, das sei die Einstellung der amerikanischen Gründer: "Die denken in anderen Größenordnungen. Wir denken an den deutschen Markt, sie denken an den Weltmarkt." Und über den Umgang mit dem Scheitern: "Fast jeder hat mir erzählt, wie er schon mal gescheitert ist - auch wenn er 300 Millionen auf dem Konto hat. Das bringt einen ganz anderen Blick auf die eigene Perspektive ab."

Der Ausgang des Finales hat Freya Oehle dann ein wenig an die große Überraschung bei der US-Präsidentschaftwahl erinnert. Das Publikum votierte für das Start-up mit dem Wundheilkleber als Sieger, die Jury prämierte aber das Drohnen-Start-up. Barack Obama nahm nicht an dem Finale teil, er reiste kurz vorher ab.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: