Start-ups:"Das Team ist entscheidend"

Siraj Khaliq

„Europa ist bei künstlicher Intelligenz führend“, sagt Siraj Khaliq.

(Foto: Atomico)

Worauf Siraj Khaliq, Gründer und Risikokapitalgeber, bei Firmen achtet und warum er Europa gute Chancen gibt.

Von Helmut Martin-Jung

"Das Team", sagt Siraj Khaliq, "die Menschen sind entscheidend". Wenn er, Partner bei der Risikokapital-Firma Atomico, sich ein Start-up ansehe, komme es ihm vor allem auf das Team an. "In der Gründungsphase sind das ja nur fünf, sechs Leute und eine Idee, da muss man aufs Team setzen." Aber auch später, wenn die junge Firma schon ein fertiges Produkt habe, "muss man sein Team inspirieren können". Und, fügt er hinzu, "die Firmenchefs sollten zuhören können, eine gewisse Bescheidenheit mitbringen".

Khaliq spricht aus eigener Erfahrung. Er hat schon hinter sich, wovon Start-up-Gründer träumen: Eine Firma erfolgreich aufzubauen und sie dann für gutes Geld zu verkaufen. Die Sache war nicht ohne Risiko gewesen, und der Informatiker hatte dafür etwas getan, was damals, 2006 nur wenige in vergleichbarer Situation wagten. Obwohl er einen guten Job bei Google hatte, verließ er die enorm wachsende und aufstrebende Firma. Der Experte für Big Data wollte sein Wissen im eigenen Unternehmen einsetzen, wollte selbst etwas bewegen.

Zusammen mit einem anderen Googler hatte sich Khaliq ein Gebiet gesucht, in dem es Daten im Überfluss gibt, das Wetter. Schließlich stellte sich heraus: Die vernünftigste Anwendung von Wetterdaten ergab sich im Zusammenhang mit der Landwirtschaft. Also entwickelte Khaliqs Firma The Climate Corporation ein System, das mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen Landwirten dabei half, ihre Ressourcen effektiver einzusetzen. Welche Ernte ist zu erwarten? Wie viel Düngemittel sollte man wo genau ausbringen - Fragen wie diese seien für Menschen kaum zu beantworten, weil die Zusammenhänge sehr komplex seien. Doch für Computer und lernende Algorithmen ist das nicht schwer.

Ein Unternehmen groß und immer größer zu machen, darauf wollte Khaliq sich auf lange Sicht auch nicht fokussieren. Daher schied er aus der Firma aus, als der Agrar-Konzern Monsanto sie übernahm. Heute ist er Partner bei dem Risikokapitalgeber Atomico und ist nach 13 Jahren im Valley nach Europa zurückgekehrt. Zuvor hatte er an der Stanford University studiert. Den Bachelor hatte Khalid, der sich mit 13 die anspruchsvolle Programmiersprache C selbst beibrachte, dagegen noch im britischen Cambridge absolviert. Mit seinem technischen Hintergrund kümmert er sich vor allem um Start-ups, die stark IT-technisch orientiert sind, Gründungen aus den Bereichen künstliche Intelligenz und maschinellem Lernen sowie dem Internet der Dinge. Aber Europa? Warum Europa? "Hier gibt es 4,6 Millionen Programmierer", sagt Khalid, "in den USA nur 4,1 Millionen. Man kann hier gut eine Firma gründen." Für die erste Phase der Unternehmensgründung sei es inzwischen auch in Europa kein Problem mehr, Geld zu bekommen. Nur wenn die Firma dann wachsen soll und Geld braucht, falle es jungen europäischen Firmen schwerer als solchen in den USA, die nötigen Mittel für die Folgefinanzierungen zu bekommen. Die Mitarbeiter seien hier sowohl günstiger als auch loyaler zum Unternehmen. Und in einigen Bereichen sei Europa auch technologisch führend, zum Beispiel bei künstlicher Intelligenz und beim maschinellem Lernen.

Europa müsse aber zusehen, diese Führungsposition auch zu behalten, die zum Beispiel durch Firmen wie Deep Mind, die spezialisiert ist auf künstliche Intelligenz, erreicht wurde. "Wenn wir das nicht tun, dann tun es die USA oder China." Deshalb, sagt er, müsse man sich überlegen, wie man einen guten Kompromiss aus Datenschutz und Datennutzung hinbekommt. Denn bei den vielversprechenden Zukunftsthemen seien praktisch immer große Datenmengen gefragt. Zu restriktive Regelungen könnten den Fortschritt behindern.

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