Starbucks: Kampf gegen die Absatzflaute:Mission "Kartoffelkopf"

Schneller, besser, billiger: Mit neuen Konzepten trimmt die Kaffee-Kette Starbucks ihr US-Geschäft auf mehr Effizienz - eine wichtige Rolle dabei spielt eine Figur für Vorschulkinder.

Wenn "Mister Potato Head" in Erscheinung tritt, ist er zunächst in viele Einzelteile zerbrochen. Dann besteht die Aufgabe darin, aus den Bestandteilen einen grinsenden Kartoffelkopf zusammenzusetzen. An welche Zielgruppe sich dieses amerikanische Spielzeug richtet, ist deutlich auf der Verpackung zu lesen: "Preschool" - also Kinder im Vorschulalter.

Starbucks, Foto: AFP

Die Kaffee-Kette Starbucks spürt die Sparwut der US-Bürger - und wird bedrängt von der Konkurrenz, die ihre Drinks günstiger anbietet.

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Kürzlich durfte auch Tara Jordan ihre Erfahrungen mit "Mr. Potato Head" machen. Die Chefin einer Starbucks-Filiale in Oregon City bekam Besuch von Kim Landreth, einer Abgesandten der Konzernführung. Sie sollte mit Hilfe der Kartoffelfigur aus Tara Jordan eine bessere Barista machen. Beim ersten Mal brauchte Jordan mehr als eine Minute, um die Einzelteile zusammenzusetzen. Zwei Stunden später, nach mehreren Versuchen, schaffte es die Kaffeehaus-Chefin in 16 Sekunden.

Flaute im Kaffee-Geschäft

In diesen Tagen schickt die Konzernzentrale von Starbucks ein sogenanntes "Lean Team" durch die Vereinigten Staaten, um die 11.000 amerikanischen Starbucks-Filialen abzuklappern. Die Mission: Die Zubereitung der Kaffeespezialitäten soll zügiger vonstatten gehen. Scott Heydon, der Kopf des zehnköpfigen "Lean Teams", hat sich zum Ziel gesetzt, die Arbeitsabläufe in den Kaffeehäusern so zu ändern, dass die Kunden nicht mehr so lange warten müssen. Angenehmer Nebeneffekt: Starbucks könne dann mehr Drinks mit der selben Anzahl von Mitarbeitern zubereiten - oder dieselbe Anzahl von Kaffeespezialitäten mit weniger Angestellten.

Nach der Therapie mit "Mr. Potato Head" stehen nun die Sirups näher an den Kaffeemaschinen, die am häufigsten geordert werden, Gebäck wird nicht mehr quer durch den gesamten Store getragen, sondern mit einem rollenden Wagen direkt an die Ablage transportiert und die Milch und Kaffeebohnen sind mit verschiedenen Farben gekennzeichnet, damit sie schnell in die entsprechenden Behältnisse gefüllt werden können. In der Starbucks-Filiale von Tara Jordan haben die Maßnahmen gewirkt. Die Zubereitung eines Drinks, die früher 25 Sekunden dauerte, läuft jetzt zwei Sekunden schneller.

Das "Lean Team" um Konzernvorstand Scott Heydon ist nur eine Maßnahme, das stockende US-Geschäft mit neuen Impulsen zu beleben. Im zweiten Quartal ging das US-Geschäft von Starbucks um vier Prozent zurück. Sorgen bereitet den Konzernstrategen nicht nur die neue Sparwut der Amerikaner - 28 Prozent der US-Bürger sagten kürzlich in einer Umfrage, sie würden mehr Geld auf die hohe Kante legen. Vor allem jedoch muss sich die erfolgsverwöhnte Kaffeehauskette gegen aggressive Mitbewerber zur Wehr setzen. Der Fastfood-Konzern Mc Donald's und die Kette Dunkin' Donuts bieten ebenfalls Kaffeespezialitätten an - allerdings zu einem deutlich niedrigeren Preis als Starbucks.

Alkohol in Starbucks-Filialen

Die Absatzflaute hat Starbucks erfinderisch gemacht. In Seattle, der Heimat des Unternehmens, werden in Kürze drei Shops eröffnen, die nicht mehr das grüne Logo mit der Seejungfrau tragen, sondern die schlicht "15th Avenue Coffee and Tea" heißen werden. Erstmals sollen in diesen Filialen auch alkoholische Getränke verkauft werden. Mit Autorenlesungen und Auftritten von Bands sollen zudem Kunden angelockt werden, die bislang um die Starbucks-Filialen einen großen Bogen gemacht haben. Hat das Konzept Erfolg, soll es auch auf andere Standorte ausgeweitet werden. Selbst die vergleichsweise hohen Preise bei Starbucks sind nicht mehr sakrosankt. Inzwischen bietet die Kaffee-Kette in den USA schon Frühstücks-Menüs aus Kaffee-Drink und Sandwich für 3,95 Dollar an.

Dass die Verschlankung der Arbeitsprozesse Früchte trägt, bezweifeln jedoch etliche Beobachter. Jeffry Bernstein, Analyst von Barclays Capital, sagt, Starbucks müsse erst einmal dafür sorgen, dass mehr Kunden in die Filialen kommen. Und auch von der Arbeitnehmerseite regt sich Widerstand gegen das Heydon-Konzept. Es gehe dem Konzern darum, Mitarbeiter in Roboter umzuwandeln, sagte Erik Forman, einer von weltweit 176.000 Starbucks-Mitarbeitern, dem Wall Street Journal. "Die Konzernführung macht aus dem Café eine Fabrik."

Scott Heydon, der bei Starbucks den Titel "Vice President of Lean Thinking" trägt, weist derartige Intentionen weit von sich. Die Konkurrenz lässt sich von der neuen Prozessoptimierungs-Welle bei Starbucks jedoch nicht einschüchtern. Dunkin' Donuts wende solche Methoden bereits "überall von der Herstellung der Produkte bis zum Aufbau der Stores und den Arbeitsabläufen" an, sagte ein Konzernvorstand.

Und was der Kartoffelkopf zu seinem neuen Einsatzort sagt, ist nicht überliefert.

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