Stada:Kontrollversagen

Pharmaceutical Production At Stada Arzneimittel AG

Die Produkte von Stada waren am Freitag Nebensache.

(Foto: Bloomberg)

Stada-Aktionäre kritisieren bei der Hauptversammmlung den Aufsichtsratschef heftig. Der Investor AOC will sogar alle Vertreter der Kapitalseite im Aufsichtsrat austauschen.

Von Elisabeth Dostert, Frankfurt

Der Investor Active Ownership Capital (AOC) ist mit seiner Kritik am Pharma-Unternehmen Stada nicht allein. "Sie müssen weg, Herr Dr. Abend. Sie haben den ganzen Zirkus Jahre lang mitgemacht", schimpfte ein Aktionär bei der Hauptversammlung in Frankfurt über Aufsichtsratschef Martin Abend. Der Rechtsanwalt stand im Zentrum der Kritik. "13 Jahre sind genug", sagte Winfried Mathes vom Fondsanbieter Deka.

"Warum hat niemand Herrn Retzlaff auf die Finger geklopft habe, als der immer mehr forderte?", polterte ein anderer Aktionär. Hartmut Retzlaff hatte die Firma mehr als zwei Jahrzehnte geführt, seit Juni hatte er sein Amt wegen Krankheit zunächst ruhen lassen, Mitte August legte er es dann nieder. "Ich hatte immer den Eindruck gehabt, Sie sind der Wasserträger von Herrn Retzlaff. Herr Retzlaff hat das Unternehmen geführt wie Piëch VW." Noch 2015 war der Vertrag von Retzlaff um fünf Jahre verlängert worden. Er bekommt laut Abend eine Abfindung von "weniger als zwei Jahresgehältern".

"Die Forderungen von AOC waren und sind im wesentlichen berechtigt", sagte Peter Barth von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz: "Aus unserer Sicht kann man AOC dankbar sein, sonst wäre bei Stada alles beim Alten geblieben." Barth wünschte sich allerdings auch vom Investor mehr Transparenz. Seit Monaten setzt AOC Stada unter Druck und sät Zweifel an Vorstand und Aufsichtsrat - untermauert durch zahlreiche Ergänzung- und Gegenanträge zum Aktionärstreffen. Über einen Fonds hält AOC 5,37 Prozent an Stada. AOC wollte alle Vertreter der Kapitalseite im Aufsichtsrat austauschen, der Konzern selbst nur vier Posten neu besetzen. "Wir halten Herrn Abend und Herrn Oetker nicht für geeignet", sagte Florian Schuhbauer, Mitgründer von AOC. Carl Ferdinand Oetker, ein Mitglied des Pudding-Clans, ist der Stellvertreter von Abend.

Schuhbauer warf Abend und Oetker "Kontrollversagen" vor und dem Gremium "Vetternwirtschaft". Der Sohn von Hartmut Retzlaff arbeite ebenfalls für Stada. Vorsitzender des Beirats ist Thomas Meyer, Sohn des Aufsichtsrats Constantin Meyer, der sich nicht mehr zur Wahl stellte. Abend könne nicht Teil des Neuanfangs sein, sagten mehrere Aktionäre und Aktionärsvertreter. Einige zweifeln auch an Vorstandschef Matthias Wiedenfels, der seit 2009 für Stada arbeitet und seit 2013 im Vorstand sitzt. Warum er sich Retzlaff nicht widersetzt habe?, lautete einer der Fragen aus dem Aktionärskreis.

In der Abstimmung erteilten die Aktionäre Aufsichtrats-Chef Abend einen Denkzettel: Nur 73,5 Prozent entlasteten ihn für das abgelaufene Geschäftsjahr. Über die von AOC beantragte Abwahl wird später abgestimmt. Ex-Vorstandschef Retzlaff wurde mit 83,1 Prozent entlastet. Die beiden von AOC nominierten Kandidaten für den Aufsichtsrat, Klaus-Joachim Krauth und Hans-Helmut Fabry, fielen bei den Aktionären durch. Dagegen wurden mit jeweils 99 Prozent der Stimmen die Opel-Marketingchefin Tina Müller und der Amgen-Manager Rolf Hoffmann gewählt. Hinter die beiden Kandidaten hatten sich der Stada-Aufsichtsrat und AOC gestellt.

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