Staatsanwalt ermittelt:Präsident der Bundesbank vor dem Rücktritt

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Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat eine Ermittlungsverfahren gegen den Bundesbankpräsidenten Ernst Welteke eingeleitet. Der schließt seinen Rücktritt inzwischen nicht mehr aus.

Von Helga Einecke und Ulrich Schäfer

Bundesbankpräsident Ernst Welteke gerät wegen seines zunächst von der Dresdner Bank bezahlten Aufenthalts in einem Berliner Luxushotel mehr und mehr in Bedrängnis.

Das Luxushotel Adlon, in dem Bundesbankpräsident Welteke zum Jahreswechsel 2001/02 vier Tage mit seiner Familie auf Kosten der Dresdner Bank verbrachte. (Foto: Foto: dpa)

Am Dienstag wurde sein Rücktritt erwartet, weil er den Rückhalt in der Bundesregierung verloren hat. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vorteilsannahme ein.

Welteke selbst schloss die Aufgabe seines Amtes nicht mehr aus. Über seinen Verbleib entscheidet formell der Bundesbankvorstand, der am Dienstag mit der Untersuchung der Hotel-Affäre begann.

Welteke wird vorgeworfen, dass er sich und seiner Familie den Aufenthalt im Berliner Adlon-Hotel bei der Euro-Einführung Anfang 2002 von der Dresdner Bank hat bezahlen lassen.

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft teilte mit, dass sie deswegen ein Ermittlungsverfahren gegen Welteke und Vertreter der Dresdner Bank eingeleitet habe.

Zunächst keine Bereitschaft zur Zahlung

Welteke hatte zunächst keine Bereitschaft gezeigt, die Hotelrechnung über 7661 Euro zu begleichen. Erst nach massiver öffentlicher Kritik räumte er am Montag "Missverständnisse" ein. Die Rechnung wurde dann nachträglich teils von der Bundesbank und teils von ihm privat beglichen.

Am Dienstag schob Welteke eine weitere Erklärung nach, in der er den Eindruck "zutiefst bedauert, er würde den hohen Maßstäben nicht selbst Rechnung tragen, denen die Deutsche Bundesbank verpflichtet ist". Er habe den Bundesbankvorstand gebeten, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vorbehaltlos und ohne Ansehen seiner Person zu prüfen.

Auch die neuerliche Erklärung wurde, wie schon die Stellungnahme von Montag, in Berliner Koalitionskreisen massiv kritisiert.

Welteke wurde vorgeworfen, dass er nach und nach sein Fehlverhalten einräume: "Dies ist ein Krisenmanagement, wie es schlechter nicht sein kann." Um Schaden von der Bundesbank abzuwenden, müsse der Fall schnellstens aufgeklärt werden.

Selbstkontrolle

Die Bank ist von Weisungen der Regierung unabhängig und unterliegt bezüglich der Abberufung von Vorstandsmitgliedern nur der Selbstkontrolle durch den eigenen, achtköpfigen Vorstand. Dieser hat am Dienstag in Frankfurt mit und ohne Welteke getagt, ist aber noch nicht zu einem abschließenden Ergebnis gekommen.

Während Welteke mit einer Entscheidung zögert, werden die Rufe nach seinem Rücktritt zahlreicher. Auch im Haus der Bundesbank wurde mit Besorgnis wahrgenommen, dass die gesamte Regierung sowie SPD-Parteifreunde auf Distanz gegangen sind.

In Berlin hat bereits die Suche nach einem Nachfolger begonnen, die sich aber schwierig gestaltet. Der stellvertretende Bundesbank-Chef Jürgen Stark genießt wenig Sympathie, weil er über ein CDU-Parteibuch verfügt. Als "totaler Quatsch" wurde im Finanzministerium bezeichnet, dass Ressortchef Hans Eichel (SPD) nach Frankfurt wechseln könnte.

"Darin liegt der eigentliche Skandal"

Nach Ansicht des Bremer Wirtschaftswissenschaftlers Rudolf Hickel wäre ein Rücktritt von Welteke "die beste Lösung". Der Bundesbankpräsident habe durch seine Vorteilsannahme die Unabhängigkeit der Bundesbank als Organ der Europäischen Zentralbank (EZB) erschüttert. "Darin liegt der eigentliche Skandal", fügte der Professor hinzu.

Die EZB selbst wollte nicht dazu Stellung nehmen, ob Welteke gegen den Verhaltenskodex für die Mitglieder des EZB-Rates verstoßen hat. Sie verwies auf den Vorstand der Bundesbank, der sich mit dem Fall beschäftige. Im Verhaltenskodex der EZB heißt es, Vergünstigungen, Vergütungen oder Geschenke seien mit dem Prinzip der Unabhängigkeit der Ratsmitglieder unvereinbar.

Auch CSU-Generalsekretär Markus Söder forderte die Entlassung Weltekes. Der Bundesbank-Chef lege die Dreistigkeit an den Tag, sich "die Hälfte seines Luxusurlaubs von der Bundesbank bezahlen zu lassen".

© SZ vom 07.04.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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