Sportsponsoring:Milliardengrab Bundesliga

Telekom, Volkswagen, Kik: Konzerne investieren viel Geld in Fußballsponsoring. Häufig jedoch nehmen Fans die Werbung gar nicht wahr. Eine Studie zeigt nun die Gewinner und Verlierer.

Hans-Jürgen Jakobs

Unter Firmenchefs ist es seit einiger Zeit Mode, Kunden und verdiente Mitarbeiter in eigene Logen im Fußballstadion einzuladen. Da können sie alle auf Banden mit dem jeweiligen Firmennamen schauen, und manchmal ziert die eigene Marke auch die Brust der Spieler. Doch der Effekt der teuren Sponsorenausgaben ist höchst ungewiss - offenbar wird mancher Euro zum Fenster herausgeworfen. Viele Firmen, die viel Geld in den Fußball stecken, werden von den Fans überhaupt nicht richtig wahrgenommen.

In einer Umfrage des Karlsruher Sportmarketing-Spezialisten IFM bei 1000 Fußball-Interessierten kam nun heraus, dass die meisten Sponsoren nicht mal von jedem Zehnten der Tausend genannt wurde. "Eine jährliche Investition von geschätzten 315 Millionen Euro bleibt unter der Wahrnehmungsschwelle von einem Prozent", resümieren die IFM-Forscher in einer Studie, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt - und das bei 600 Millionen Gesamtausgaben im Fußball.

Innerhalb von vier Jahren würden sich die Fehlausgaben somit leicht auf bis zu 1,2 Milliarden Euro addieren. Milliardengrab Bundesliga, und das bei einer großen TV-Präsenz? Die ökonomische Wirklichkeit spielt - wenn man die IFM-Zahlen nimmt - offenbar kaum eine Rolle, wenn es den Klubs um das Verkaufen teurer "Pakete" geht, die von Plätzen in der Lounge bis zum Stadionnamen viele Posten enthalten. Sponsoring sei "eine letzte Black Box im Marketing der Unternehmen", sagt Alexander Fetzer, Leiter Researchberatung der IFM Medienanalysen GmbH: "Das gilt auch für Fußball. Manche geben einfach Geld aus, ohne zu wissen, was dabei herauskommt. Sie verhalten sich wie Lemminge."

Erfolgreich im Fußball ist gemäß der IFM-Studie die Allianz. Als eines der ersten Unternehmen entdeckte der Münchner Versicherer das sogenannte naming right bei Fußballstadien - und ließ die zur Weltmeisterschaft 2006 gebaute Münchner Spielstätte "Allianz Arena" nennen. Zehn Millionen Euro kostet das den Konzern im Jahr, und damit ist die Allianz unter den wenigen Sponsoren, die von mehr als zehn Prozent des Publikums als Fußball-Investoren erinnert werden. Neben der Allianz überspringen gemäß IFM-Studie nur vier andere Firmen diese Schwelle. Spitzenreiter ist die Deutsche Telekom - die 30 Millionen Euro jährlich ausgibt und von 31,4 Prozent als Sponsor erinnert wird, vor Gazprom, Audi, VW und eben Allianz.

Leverkusen flop, Rostock top

Dabei können allein in jeder ARD-Sportschau-Sendung die Zuschauer theoretisch insgesamt 125 Sponsoren bemerken - wenn es ihnen in den Sekunden-Schnipseln, in denen die Namen auftauchen, gelingt. "Ohne eine intelligente Aktivierungsstrategie ist es ein reines Vabanquespiel, ob die Investitionen der Sponsoren auch wirken", glaubt IFM-Miteigentümer Oliver Kaiser, der den weltgrößten Spezialisten für Sportmarketing geschaffen hat.

Es gebe beispielsweise eine bekannte Outdoor-Marke, die in der Saison 2008/09 über eine Zeit von immerhin 4:42 Stunden im Free-TV sichtbar war, aber von nur 0,3 Prozent als Sponsor genannt wurde. Zu den Minusmarken gehörten gemäß der Studie auch die Flughafengesellschaft Fraport, die der Frankfurter Eintracht fünf Millionen jährlich für Trikotwerbung zahlt und nur von 0,8 Prozent erinnert wird, sowie Teldafax bei Bayer Leverkusen (für sechs Millionen Euro nur 0,2 Prozent) und die Springer-Zeitschrift TV Digital bei der TSG Hoffenheim (für 2,4 Millionen gerade mal ein Prozent). Ernüchternd auch die Werte für den Einzelhändler Bauhaus, der bei zehn Klubs für 2,5 Millionen Euro Banden aufstellt und gerade mal von 0,2 Prozent erinnert wird.

Entscheidend ist offenbar, dass der Sponsor in der Öffentlichkeit mit weiteren Geschichten vorkommt; so wie der Energieriese Gazprom, dessen Engagement bei Schalke 04 viel Wirbel machte. Mit investierten zwölf Millionen Euro bringen es die Russen auf 17,1 Prozent Markenbekanntheit. Auch der Textildiscounter KiK schaffte mit 2,5 Millionen Euro für die Klubs in Rostock und Bochum gute Werte, dank einiger Gewinnspiele in den eigenen Filialen rund um die Bundesliga.

Im Umfeld der Deutschen Fußball-Liga (DFL) schlägt der Alarm der IFM-Experten nicht an. Hier wird darauf verwiesen, dass es nun mal mehrere Methoden gebe, Werbeerfolg zu messen. Auch hätten die meisten Firmen ein professionelles Controlling, das solche angeblichen Fehlausgaben nicht erlauben würde. Zudem hält beispielsweise das Institut Sport + Markt optimistischer stimmende Umfrageergebnisse parat. Bei einer aktuellen Befragung von allerdings nur 603 Interessierten nannten 70 Prozent VW als Sponsor des VfL Wolfsburg und 48 Prozent die Telekom als Finanzier bei Bayern München. Ungestützt erinnerten freilich auch nur jeweils ein Prozent, dass Signal Iduna und Nutella Fußballsponsoren sind.

Für die IFM ist die Bilanz klar: Es gebe eine "Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung" in der Branche und eine "unkritische Buchung teurer Pakete". Den wenigen Gewinnern stünden "viele Verlierer" gegenüber.

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