Splitter aus Davos:Verschnupft und durchgeplant

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos treffen sich jedes Jahr die Wichtigen und Mächtigen. Dabei geht es alles andere als bierernst zu. Die SZ-Korrespondenten berichten darüber, wie sich die Elite vergnügt.

Eckhard Cordes ist Stammgast in Davos. Und sein Tag ist durchgeplant: Besprechungen, Sitzungen, dazwischen ein Fernseh-Interview. Der Chef des Handelskonzerns Metro ist noch verschnupft, aber er hält durch. Die Probleme aus Deutschland begleiten ihn auch in die Schweiz. Noch ist nicht klar, ob die Konjunktur in Deutschland wirklich aus dem Gröbsten heraus ist. Gerade sind die Arbeitslosenzahlen deutlich gestiegen. Bricht jetzt der Konsum ein? Die Großhandelssparte Cash & Carry muss saniert werden. Und es gibt Ärger mit dem Bundeskartellamt: Die Wettbewerbshüter haben im deutschen Einzelhandel die Ermittlungen aufgenommen - Verdacht auf Preisabsprachen.

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Stammgast in Davos: Metro-Chef Eckhard Cordes auf dem Weltwirtschaftsforum

(Foto: Foto: AP)

Da ist es gut, wenn man einen Partner an der Seite hat. Jürgen Kluge, lange Chef von McKinsey Deutschland und inzwischen Chef des Familienkonzerns Haniel, ist auch in Davos. Haniel ist Großaktionär bei Metro, Kluge wird wohl bald den Vorsitz im Aufsichtsrat des Handelskonzerns übernehmen. Zum Abendessen in Davos stößt Kluge schon mal überraschend dazu - kurz vor der Nachspeise.

(jab)

Es ist fast elf Uhr abends: Die Schlange der Wartenden im Schneetreiben vor dem Belvedere-Hotel in Davos ist trotzdem lang. Stephen Schwarzmann, milliardenschwerer amerikanischer Investor und Gründer der Finanzfirma Blackstone, drängelt sich genervt an den Leuten vorbei. Commerzbank-Chef Martin Blessing, die Mütze so tief ins Gesicht gezogen, dass man ihn kaum erkennt, stellt sich dagegen brav an, ins Gespräch mit dem Henkel-Boss Kasper Rorsted vertieft.

Drinnen im Hotel lädt die Unternehmensberatung Mc Kinsey zu ihrer traditionellen Davos-Party. Der Raum ist eng und voll. Auf einer kleinen Bühne heizt ein Band den Besuchern ein, die zehn Musiker spielen Soul- und Pop-Klassiker von Michael Jackson und James Brown. Gereicht werden Hamburger und Pommes Frites. Das Publikum ist begeistert: Die Tanzfläche ist voll.

Zu später Stunde vergnügen sich unter anderem Jürgen Kluge, früher McKinsey-Chef Deutschland und heute Boss des Familienkonzerns Haniel, und Jürgen Grossmann, der Vorstandsvorsitzende von RWE. Tanzen geht, Gespräche sind wegen der Lautstärke sowieso nicht möglich.

(sueddeutsche.de/tob)

Auf vier Rädern

Es schneit in Davos - und viele der Forums-Teilnehmer sind genervt. Denn sie stolpern mit dünnen Lederschuhen durch das dichte Schneetreiben und über eisige Straßen.

Einer aber freut sich über das schlechte Wetter: Rupert Stadler. Der smarte Audi-Chef stellt einen Großteil der Autoflotte, die in Davos herumkurvt - auch wenn er viele Fahrzeuge von Sixt ausleihen musste, da die eigene Flotte nicht groß genug ist. Und gerade im Schnee zeige sich doch der Vorteil des Vierrad-Antriebs der Audi-Fahrzeuge, meint Stadler.

In der Tat: Die schweren Mercedes- und BMW-Limousinen rattern mit Schneeketten durch die Stadt, die Audifahrzeuge kommen auch ohne voran. Der Ingolstädter Autokonzern nutzt das Weltwirtschaftsforum auch zur Werbung für den neuen Audi A 8. Stadler veranstaltete einen kleinen Empfang, direkt am Ufer des zugefrorenen Sees. Dort dürften die Gäste mal die neue Nobellimousine ausprobieren - auf dem Eis. Auch Lang Lang ist zu Gast, der Starpianist nimmt öffentlichkeitswirksam in einen neuen A 8 Platz und bestaunt das Navigationssystem. Ans Klavier setzt er sich aber nicht - im Audi-Showroom gibt es kein Piano.

(sueddeutsche.de/tob)

Gedränge am Krisen-Podium

Michael Dell fand keinen Einlass mehr. Die Podiumsdiskussion auf dem Weltwirtschaftsforum mit dem Titel: "Wann kommt die nächste Krise" ist überfüllt. Das Thema lockt die Besucher an. Viele Interessenten werden abgewiesen.

Zeit für ein kurzes Gespräch mit dem Computerunternehmer aus Texas, der ganz gegen die lässige Kleiderordnung von Davos mit dunklem Anzug und Krawatte unterwegs ist. Der 44-Jährige hatte mit seiner Firma, die seit Mitte der achtziger Jahre Computer baut, eine Zeitlang große Schwierigkeiten. Es gab sogar Verlustquartale. Jetzt ist er wieder optimistisch. "Das Wachstum kehrt zurück", sagt der Unternehmer, der in Davos Stammgast ist. Die Kunden versuchten in der Krise, die Produktivität ihrer Unternehmen zu steigern. Dazu brauchen sie Computer.

Aber der Unternehmer zeigt auch Bedenken. Es gebe noch viele Unsicherheiten in der Konjunkturentwicklung. Wo ist das Problem? Seine Antwort: "Die Politik". Das Verhalten der Regierungen, die verstärkt die Finanzmärkte kontrollieren wollen, sei "gar nicht gut für die Erholung", sagt Dell. Die Menschen sehnten sich nach Verlässlichkeit.

(sueddeutsche.de/tob)

Der Clou bei Burda

Es ist immer einer der Höhepunkte, zumindest für die angereisten Deutschen in Davos: Die abendliche Party von Hubert Burda. Der Münchner Verleger lädt ins Hotel Belvedere ein - und fast alle kommen, trotz des nicht gerade bescheidenden Angebots von Abendveranstaltungen.

Um 22 Uhr öffneten sich die Türen zur Burda-Nightcap, und es dauerte nicht lange, und der Raum war brechend voll. "Wir bieten hier alles, außer Sauerstoff", scherzte Paul-Bernhard Kallen, der neue starke Mann im Münchner Medienkonzern. Hubert Burda zerrte Schlagersänger Udo Jürgens, der wie immer auffällig jugendlich wirkte, durch die Menge und machte ihn mit ausgewählten Gästen bekannt.

Am Rande parlierten die deutschen Unternehmensführer. Gesehen wurden im Getümmel unter anderem: Josef Ackermann (Deutsche Bank), Unternehmensberater Roland Berger, Martin Blessing (Commerzbank), Wulf Bernotat (Eon), Klaus Kleinfeld (Alcoa), Hartmut Ostrowski (Bertelsmann), Nikolaus von Bomhard (Munich Re), Eckhard Cordes (Metro), Paul Achleitner (Allianz) und Jürgen Geissinger (Schaeffler).

(sueddeutsche.de/tob/pak)

Grünes Davos im Schnee

Es schneit in Davos, und alles ist weiß. Und doch will Davos grün sein. "Greener Davos" heißt eine der vielen Initiativen anlässlich des 40. Weltwirtschaftsforums in den Bergen von Graubünden. Umweltfreundlich soll das Treffen von 2500 Menschen aus der Wirtschaft und der Politik sein.

Auf der Promenade, die Hauptstraße in Davos, die direkt am gut gesicherten Kongresszentrum vorbei führt, herrscht zwar fast die ganze Zeit dichter Verkehr, doch grün soll es wenigstens sein.

Und das ist gut geplant: Schon 25 Kilometer vor Davos werden alle Fahrzeuge angehalten. Junge Damen fordern den Fahrzeugschein. Fahrzeuge der Marke Skoda beispielsweise gelten alle als umweltfreundlich. Deshalb bekommt man zur Weiterfahrt einen großen grünen Aufkleber an die Windschutzscheibe geklebt - auch wenn das dann in dem Wintersportort selbst gar nicht mehr kontrolliert wird, das Gewissen ist zumindest entlastet.

(sueddeutsche.de/tob/pak)

Fieber messen

Jürgen Großmann, 57, ist nach Davos gekommen, um Fieber zu messen. Das World Economic Forum sei so etwas wie "das Fieberthermometer der Weltwirtschaft", sagt der RWE-Chef, der vor seiner Zeit bei dem Stromversorger ein erfolgreicher Stahlunternehmer war.

Großmann, der seit Jahrzehnten Stammgast in Davos ist und an diesem sonnigen Wintervormittag gerade in der Lobby seines Hotels einen Tee trinkt, zögert noch bei der Frage, ob die Weltwirtschaft wieder anziehe und die Krise vorbei sei.

Die Regierungen, so sagt er, hätten mit ihren Konjunkturprogrammen die Weltwirtschaft ordentlich erwärmt. Es sei aber die Frage, "ob sich eine Glut entwickelt" und die Weltwirtschaft wieder genügend Dampf erzeugen könne. Die Stimmung sei nicht schlecht, sagt er am ersten Tag in den Schweizer Bergen. "Der Aufschwung ist aber noch kein Selbstläufer", fügte er an.

Um Näheres herauszufinden will sich der 57-Jährige in Davos verstärkt mit seinen asiatischen und amerikanischen Freunden unterhalten. Einige davon trifft der am Sonntag bei einem Skirennen, das der Essener Energiekonzern erstmals für die Davoser Teilnehmer organisiert. Mit dabei voraussichtlich: Verteidigungsminister Guttenberg.

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