Spitzelgate bei der Telekom:"Zu viel Schluderei"

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Der Skandal um den Datenklau ist brisant, doch Informationen gibt die Telekom offenbar nur häppchenweise heraus. Im Aufsichtsrat regt sich Widerstand.

Der Datenskandal lässt die Oberen der Deutschen Telekom nicht los - und jetzt wird einmal mehr Kritik an der Kommunikationspolitik des Unternehmens laut. 17 Millionen Kundendaten wurden dem Konzern gestohlen - doch gegenüber den Aufsichtsräten hat die Unternehmensführung geschwiegen.

17 Millionen Kundendaten wurden geklaut - die CD liegt offenbar noch immer bei einem Mainzer Erotik-Unternehmer. (Foto: Foto: AP)

Das Kontrollgremium ist offenbar erst vor wenigen Tagen über den Datenklau informiert worden. "Uns wird vieles erst mitgeteilt, wenn Medien berichten", sagte T-Mobile-Aufsichtsrat Ado Wilhelm der Frankfurter Rundschau (FR). "Auch die Öffentlichkeit hätte informiert werden müssen." Er habe seine Anwälte beauftragt, sich der Sache anzunehmen.

Auch das Bundesinnenministerium ist dem Bericht zufolge erst vor wenigen Tagen informiert worden. Noch im Juni hatte in den Räumen des Ministeriums ein Krisentreffen zu diesem Thema stattgefunden - doch die Telekom-Führung um Konzernchef Obermann schwieg. "Wir hatten bis vergangenen Donnerstag keine Kenntnis von den Vorgängen", sagte eine Ministeriumssprecherin der Zeitung.

"Pure Verharmlosung"

Selbst heute, zwei Jahre nach Bekanntwerden des Diebstahls, liegt die Daten-CD noch immer bei dem Erotik-Unternehmer Tobias Huch in Mainz. Dabei hatte sich der Mann bereits im Jahr 2006 bei der Telekom gemeldet. "Ich habe immer noch alle 17 Millionen Kundendaten", sagte Huch der Zeitung. "Es hat mich sehr verwundert, dass Telekom-Chef Obermann gesagt hat, die Daten seien nicht mehr im Umlauf. Das ist Quatsch. Sie liegen bei mir. Aber ich will sie nicht haben. Für mich sind sie ein Risiko."

Die Telekom habe ihn vor zwei Jahren gebeten, die Daten aufzubewahren. Seitdem habe sich niemand mehr bei ihm gemeldet, sagte Huch.

Weiter wurde bekannt, dass der Konzern Einzelverbindungsnachweise aller Gespräche von Aufsichtsräten in Ordnern sammelte. Nach FR-Informationen waren die aufgelisteten Nummern der Gesprächsteilnehmer nicht unkenntlich gemacht, sondern durchgängig voll lesbar. Dies sei normal, teilt Telekom-Sprecher Stephan Broszio mit. Die Auflistung sei gewünscht gewesen. "Die Aufsichtsräte wussten nichts davon", heißt es dagegen aus Konzernkreisen, "da ist der Teufel los." Die Rechtfertigung des Konzerns sei "pure Verharmlosung".

Auch der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum ist entsetzt: Die Gesprächslisten hätten "niemals archiviert werden dürfen", sagte Baum, der einige Aufsichtsräte rechtlich vertritt. "Das ist eine neue Dimension, weil jetzt sichtbar in Aktenordnern die Beweise vorliegen." Laut Baum hatten die Gremiumsmitglieder "keine Ahnung davon", dass ihre Gespräche einsehbar waren. "Es ist zu viel Schluderei bei der Telekom", so Baum.

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